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Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Mittelpunkt ihrer üppig wuchernden Phantasie gestanden.
    Mein Gott, dachte Tomaschewski, was soll ich nun machen? Hilf mir doch… Ich kann sie doch nicht auch noch erschießen. Und ich kann sie auch nicht zu Feuerhahn stecken. Dann kommt ihr Mann und sucht sie – und dann habe ich bald ein halbes Regiment hier unten im Keller sitzen…
    Die Poschmann rüttelte immer heftiger an der Tür. Jetzt erinnerte er sich, daß er vorhin die Kette vorgelegt hatte.
    Sein Herz schlug unregelmäßig und schmerzhaft; durch seinen Kopf jagten die unsinnigsten Gedanken. Alle Impulse, die eine sinnvolle Handlung einleiten wollten, neutralisierten sich gegenseitig. Ich bin überfordert. Ich bin mal wieder überfordert …
    Schließlich gab er sich einen Ruck. Wenn er nicht öffnete, rannte die Poschmann zur Polizei, das war klar. Und das mußte verhindert werden… Langsam stieg er die Treppe hinauf. Er fühlte sich alt und ausgelaugt.
    «Ich dachte schon, Sie harn sich aufgehängt!» sagte die Poschmann und lachte schrill über ihren Witz.
    Tomaschewski bemühte sich um ein gelöstes Grinsen und versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen. Was wußte sie?
    Doch ihre Augen waren nur schwarzbraun und heimtückisch wie immer. «Wie geht’s denn?» fragte sie, während sie aus ihrer abgewetzten Einkaufstasche allerlei beim Putzen nützliche Dinge wie Staubtücher, Schwämme und Polituren zog. «Gibt’s was Neues?»
    «Nein. Und bei Ihnen?»
    «Ooch nischt. Sie sind ja schon aus dem Büro zurück?»
    «Ja.»
    «Dann lassen Sie sich man nicht bei der Arbeit stören…»
    Während die Poschmann daranging, das Geschirr der letzten Tage abzuwaschen, schlich Tomaschewski in sein Arbeitszimmer hinüber, um den Auftrag einer großen Wohnungsbaugenossenschaft durchzuarbeiten. Zweihundert Einbauschränke bestellten die – ein Bombengeschäft. Kaum war das Schiff wieder flott, da gingen auch schon die großen Fische ins Netz. Wo Mist ist, kommt Mist zu, dachte er.
    Aber sosehr er sich auch mühte, er konnte sich nicht konzentrieren. Feuerhahn und Wachholz, Wachholz und Feuerhahn – die Gesichter der beiden Männer schoben sich vor alles, was er sah und was er las. Ob er das Leben des einen retten konnte, wenn er dem anderen die Freiheit wiedergab?
    Unsinn!
    Wenn doch bloß ein Mensch da wäre, mit dem er sich aussprechen könnte! Ein guter Freund müßte ihm gegenübersitzen, dem er alles erzählen konnte und der ihm dann sagte, was zu tun war…
    Mein Gott, dachte er, wie soll das nur enden?
    Er sprang auf und lief in die Küche hinaus, um sich eine Flasche Bier zu holen. Bier sollte ja die Nerven beruhigen. Als er den Kühlschrank geöffnet hatte und die Flasche in der Hand hielt, drehte sich die Poschmann zu ihm herum.
    «Sagen Sie mal, wo ist denn der blaue Teller geblieben?»
    Tomaschewski zuckte zusammen, die Flasche glitt ihm aus der Hand und kollerte den Boden entlang, blieb aber ganz.
    «Der blaue… Welcher Teller denn?» stammelte er.
    «Na, der kobaltblaue Frühstücksteller! Gestern war er doch noch da!»
    «Ach, der! Ja, also, der ist mir kaputtgegangen.»
    Tomaschewski machte, daß er aus der Küche kam. Ob sie Verdacht geschöpft hatte? Ob sie jetzt dastand und kombinierte? Ob sie schon ahnte, daß der Teller unten bei Feuerhahn… Er lehnte sich gegen die Wand und lauschte. Durch den dämmrigen Korridor summte eine Mücke. Sie setzte sich auf seinen Arm, und er zerquetschte sie. Was um alles in der Welt sollte er jetzt tun? Alles jagte ihn. Jeder jagte ihn. Das große Kesseltreiben hatte begonnen… Oder? War es nicht so, daß er sich nur selber jagte? Mensch, Hajo – reiß dich zusammen! Wenn er die Nerven behielt, mußte alles gutgehen.
    Er öffnete die Hintertür und trat in den Garten hinaus. Hier konnte er sich sicher fühlen. Die Blumen blühten wie immer, rosa die Nelken, purpur der Gamander, gelb bis braun und herb duftend die Studentenblumen; alles war wie an jedem der Tage zuvor. Warum nur hatte es in seiner Existenz einen solchen Sprung geben müssen? Warum konnte nicht mehr alles so sein wie vorher? Zehn Jahre seines Lebens würde er geben, wenn er die Uhr um achtzig Stunden zurückdrehen könnte… Zu wieviel Jahren würden sie ihn verurteilen? Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil … Er spürte den Gerichtssaal, er roch die Ausdünstungen der Zuhörer, er sah die Gesichter des Vorsitzenden, der Schöffen, des Staatsanwalts, den Hinterkopf seines Verteidigers. Er duckte sich unter den Blitzen der

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