Zu einem Mord gehoeren zwei
Hauptweg hinuntergegangen waren. «Fragen wir mal den Wirt, wo die Laube von Schwandt ist.»
«Wird das beste sein», stimmte Koch zu.
Sie überquerten die zementierte Tanzfläche und kamen zum Hinterausgang des flachen Holzbaus. Eine schmale Tür stand offen, und vorn im Schankraum sahen sie den Wirt hinter der Theke stehen.
«Hallo, Chef!» rief Mannhardt. «Können Sie uns vielleicht sagen, wo wir Herrn Schwandt finden?»
«Abasicha!»
«Na wo denn?»
«Der sitzt hier bei mir im Jarten!» Der Wirt, korpulent und vierschrötig, wandte sich wieder seinen Gästen zu und schrie erst nach zehn, fünfzehn Sekunden durch die weitgeöffnete Vordertür. «Tommy, komm doch mal ums Haus rum – zwei Herrn wolln dich sprechen!»
«Danke», sagte Mannhardt.
Sie wollten sich gerade umdrehen und Schwandt entgegengehen, da tauchte vorn in der Tür ein jüngerer athletisch gebauter Mann auf. Er hatte sehr lange Haare, wenn auch noch keine ausgesprochene Beatle-Frisur, und trug helle Jeans und ein Hemd aus tomatenrotem Frottee. Sein Gesicht erinnerte, zumal bei der schlechten Beleuchtung, an einen Totenkopf, denn bei sehr weit vorstehenden Backenknochen waren die Wangen ungewöhnlich eingefallen.
An den Gesten des Wirts – er machte eine schwungvolle Bewegung mit der rechten Hand und nickte kurz mit dem Kopf, so als wollte er ihnen seinen Gast vorstellen – erkannten die beiden Beamten, daß sie Schwandt vor sich hatten.
Doch kaum hatte er sie erblickt, da sprang er zur Seite, riß ein paar Gartenstühle um und floh in die Dunkelheit.
Mannhardt und Koch spurteten hinterher. Schwandts Verhalten ließ ja nur einen Schluß zu: das ist unser Mann! Doch sie hatten eine schlechte Ausgangsposition, denn sie mußten erst um das langgestreckte Lokal und den Festsaal herumlaufen.
Sie sahen im Schein einiger Reklameröhren, wie Schwandt mit einer Flanke über einen Bretterzaun sprang und dann durch einen dichten Obstgarten hastete. Offensichtlich hatte er die Absicht, den Buckower Damm zu erreichen. Vermutlich stand dort sein Wagen.
«Kriminalpolizei! Halt! Bleiben Sie stehen – oder ich schieße!» brüllte Mannhardt.
Im gleichen Augenblick schrie Koch auf und schlug lang hin. Er war über einen Rasenmäher gestolpert und hatte sich den linken Knöchel aufgeschlagen.
Mannhardt rannte weiter. Das Ganze kam ihm ziemlich lächerlich vor. Erwachsene Männer spielten Räuber und Gendarm. Warum blieb der Idiot da vorn nicht stehen? Widerwillig riß er seine Dienstwaffe heraus und feuerte zwei Warnschüsse in die Luft.
Schwandt ignorierte sie.
«Scheiße!» knurrte Mannhardt und machte einen Bogen um eine Brombeerhecke, die er noch rechtzeitig erkannt hatte. Überall Zäune, Rosengebüsch, Beete mit lockerer Erde, kleine Planschbecken, Bäume, Wasserschläuche und Liegestühle. Frauen und Kinder quirlten schreiend durcheinander, und die Männer brüllten: «Haltet ihn!»
Nachdem er sich das rechte Hosenbein aufgerissen hatte und aus mehreren Kratzwunden an Stirn und Kinn beträchtlich blutete, resignierte Mannhardt schließlich. Trotz aller Anstrengungen hatte sich Schwandts Vorsprung vergrößert. Er kannte offenbar jeden Fußbreit des Geländes.
Vom Lokal her drang Kochs Stimme zu ihm herüber. «Ich habe die Zentrale angerufen, sie riegeln das Gelände ab!»
«Bis dahin ist er über alle Berge», murmelte Mannhardt. Dann wandte er sich an eine junge Frau, die ihr Baby auf dem Arm trug. «Sagen Sie mal, wo hat denn Schwandt eigentlich gewohnt?»
«Hier, die rote Laube mit dem Eternitdach, gleich neben unsrer…»
Mannhardt bahnte sich den Weg durch eine dichte Fliederhecke, kletterte über einen Komposthaufen hinweg und sprang dann über einen niedrigen Drahtzaun. Einer der Kleingärtner hatte den Schirm von seiner Stehlampe geschraubt und leuchtete zu Schwandts Laube hinüber.
«Rechts am Pfosten ist der Lichtschalter!» rief ihm jemand zu.
Er erreichte das überhängende Vordach, fand den Schalter und ließ die nackte Glühlampe aufflammen.
Die Tür der Laube war nicht verschlossen, er riß sie kurzerhand auf und sprang gleichzeitig zur Seite. Die Waffe hielt er schußbereit…
Nichts.
Er trat in die Hütte und sah mit einem Blick, daß hier niemand versteckt war. Und eine Leiche konnte Schwandt hier schwerlich vergraben haben.
Mannhardt versorgte seine Pistole und empfand etwas wie Erleichterung, Freude, Schadenfreude. Es ließ sich nicht unterdrücken. Er gönnte es einfach diesem Feuerhahn, daß er noch
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