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Zu Hause in Almanya

Zu Hause in Almanya

Titel: Zu Hause in Almanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aysegül Acevit
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zurechtmachte. Den Passanten, die hinter uns auf dem Bürgersteig vorbeiliefen, wird es nicht anders ergangen sein. Man hörte sogar das eine oder andere Kichern. Ich dachte mir nichts dabei, als ich an diesem Mittag den Clown in voller Montur vor dem Schaufenster stehen sah. »Irgendwo wird ein deutsches Kind eine Geburtstagsparty geben«, dachte ich. Oder er war von einem Kaufhaus engagiert worden, um die Kunden zu unterhalten.
    Mit seinem bemalten Gesicht lachte er mich kurz an und wackelte neckisch mit dem Kopf, tat dann so, als würde er einen Ball in die Luft schießen und lief davon. Ich schaute ihm hinterher, bis er im Getümmel der Menschen unterging.
    In der Türkei gibt es ursprünglich keine Clowns. Es gibt andere witzige Figuren, die früher einmal den Sultan im Palast zum Lachen bringen mussten oder die in türkischen Märchen auftauchen. Heute treten Clowns in der Türkei auch in Zirkusshows auf oder im Fernsehen, auf Festen und Partys. Ursprünglich sind sie aber eine Erfindung aus Nordeuropa.
    Dieser Clown auf der Straße hatte etwas Ungewöhnliches an sich, das war mir aufgefallen, doch wusste ich nicht, was es war. Ich lief weiter, während ich noch grübelte, und dachte mir, dass es mir bestimmt noch einfallen würde.
    Es war ein schöner, warmer Herbsttag und ich wollte in die Moschee, wo es anlässlich eines Feiertages ein Fest gab. Die Moschee befand sich im Hinterhof einer kleinen Siedlung, direkt an der Hauptstraße, nicht weit von dem Schaufenster entfernt, vor dem der Clown gestanden hatte. Als ich der Moschee näher kam, sah ich schon von weitem die bunten Girlanden, mit denen sie geschmückt war. Sie sah überhaupt nicht so aus, wie man sich eine Moschee vorstellt und hatte auch kein Minarett, sondern es war ein ganz normales, einstöckiges, weißes Haus. Die Gemeindemitglieder hatten nicht so viel Geld und konnten deshalb keine richtige Moschee bauen lassen. Sie begnügten sich damit, dass sie von innen ordentlich eingerichtet war.
    Ein großer Gebetsraum für ein paar Hundert Leute, ausgelegt mit warmen Teppichen. Ornamente an den Wänden und ein dicker Kronleuchter an der Decke. Nebenan gab es den gleichen Raum etwas kleiner auch für Frauen, die seltener in die Moschee gehen und nicht fast täglich, so wie die Männer. Ursprünglich war das ganze Gebäude ein Lager oder ein Geschäftsraum gewesen, und die Gemeindemitglieder hatten Geld zusammengelegt, es gekauft und in monatelanger Arbeit umgebaut. Jetzt war es so etwas wie ein Vereinshaus, in dem sich alle treffen und beten und feiern konnten.
    Vor dem Gebäude standen lange Tische, auf denen eifrige Frauen immer noch mehr Teller und Platten abstellten. Sie waren gefüllt mit köstlichen Leckereien. Gemüsepuffer und Börek mit Hackfleisch oder Käse, Salate und Nudeln, gefüllte Weinblätter und Auberginen, Fleisch und Reis und Obst und viele zuckersüße Desserts. Die Frauen der Gemeinde hatten sich viel Mühe gegeben, denn das Geld, das beim Verkauf eingenommen wurde, sollte wie jedes Jahr für einen guten Zweck gespendet werden. Vielleicht für die Obdachlosen der Stadt oder für die Opfer einer Naturkatastrophe.
    Vor der Moschee gab es einen kleinen Spielplatz für die Kinder. Sie saßen auf der Schaukel, turnten an den Stangen oder alberten einfach nur herum. Einige Männer stellten noch ein paar Stühle draußen auf, und die ersten Gäste machten sich allmählich über das Buffet her, während ich in das Gebäude hineinging, um mich in den Aufenthaltsraum zu setzen. Im Eingang stand ein riesengroßes Schuhregal, in dem ich zuerst meine Schuhe ablegte, bevor ich weitergehen konnte. Dann kam ich in die Teestube. Es standen mehrere Tische mit Stühlen darin, in einer Ecke ein Fernseher und ein Billardtisch in der anderen. Außerdem ein paar Computer, eine Theke mit Getränken und einer kleinen Küche dahinter.
    An einem Tisch in der Ecke saßen ältere Männer und unterhielten sich, in einer anderen Ecke saßen ein paar junge Mädchen. Ich setzte mich zu ihnen an den Nachbartisch und begann, in meiner Tasche zu kramen, als ich plötzlich ein bekanntes Gesicht sah. Ich war so überrascht, dass ich den Mund gar nicht mehr zubekam.
    Diesen bunten Vogel kannte ich doch! Was hatte denn der hier zu suchen? Hatte er sich etwa verlaufen? Der Clown war tatsächlich in der Moschee. Er holte sich an der Theke eine Flasche Wasser und lief gelangweilt herum. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, und jetzt ging mir auch auf, was ich an

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