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Zu Hause in Almanya

Zu Hause in Almanya

Titel: Zu Hause in Almanya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aysegül Acevit
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Jeansjacke bin, spielte ich brav mit und zog mich »seriös« an: Ein dunkler Anzug, eine schicke Bluse und feine Schuhe.
    Wir trafen uns vor der ersten Wohnung, die sie sich anschauen wollte. Neben uns standen noch mindestens sieben oder acht andere Interessierte. Der Makler, der sich um die Wohnung kümmerte, öffnete uns die Haustür, wir gingen alle zusammen hinein und schauten uns die leere Wohnung an. Ayla gefiel die Wohnung nicht, und so dauerte unsere Besichtigungstour nicht lange. Es ging weiter zur zweiten Wohnung, die ganz in der Nähe lag.
    Diesmal kam uns ein älterer Herr entgegen, der sich als Vermieter vorstellte. Er blieb ein Stück vor uns stehen, schaute uns von oben bis unten an, zögerte etwas und sagte dann: »Mit wem habe ich denn telefoniert?«
    »Mit mir, mit mir«, sagte Ayla, gab ihm die Hand und stellte sich vor.
    »Aha«, bemerkte der Mann, öffnete die Tür und ließ uns eintreten. Die Wohnung war nicht schlecht.
    »Wollen sie zusammen einziehen?«, fragte der Vermieter.
    »Nein, nur ich«, sagte Ayla.
    Wir gingen in der Wohnung umher, öffneten die Fenster, von denen eines zur Straße und das andere zum Hof hinausging, bestaunten die schönen Fliesen in der Küche und den geräumigen Eingang.
    »Doch, die könnte mir gefallen«, sagte Ayla und schaute zum Vermieter hinüber. Der hob und senkte langsam den Kopf, als müsse er über irgendetwas nachgrübeln.
    »Ist die Wohnung denn nicht zu groß für sie alleine?«, fragte er Ayla schließlich.
    »Nein, die ist genau richtig«, antwortete sie.
    »Ist sie denn nicht zu teuer für Sie?«, fragte er.
    »Nein, sonst würde ich sie mir ja nicht anschauen«, sagte Ayla lachend und fügte dann, um dem Vermieter die Sorge zu nehmen, sie könne vielleicht das Geld für die Miete nicht aufbringen, hinzu: »Ich bin Diplom-Betriebswirtin und arbeite als leitende Angestellte. Hier ist meine Visitenkarte.« Sie drückte ihm die Karte in die Hand.
    Er nahm sie und sagte dann: »Sind sie Türkin?«
    Ayla schaute zu mir rüber, als wollte sie sagen: »Ist der taub? Ich habe ihm doch gesagt, wer ich bin. Was spielt es für eine Rolle, ob ich Türkin bin?« Laut aber antwortete sie nur: »Ja, warum?«
    »Ich hab mir das schon gedacht«, sagte der Mann und kratzte sich am Kinn. »Ich habe mir das schon gedacht«, wiederholte er.
    »Was haben Sie sich gedacht?«, fragte Ayla.
    »Ach, ich meinte nur so«, sagte er und war sich offenbar bewusst, dass die Frage nicht ganz fein gewesen war.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Ayla, bemüht lächelnd. Die Wohnung gefiel ihr sehr gut, und sie begann, sich Sorgen zu machen, dass der Vermieter sie ihr womöglich nicht geben würde. »Sie sehen doch selbst, wer und wie ich bin«, fügte sie hinzu und versuchte in ihrer Verzweiflung offenbar, ihn mit ihrem Charme zu beeindrucken.
    »Ich möchte ja eigentlich nicht an türkische Familien vermieten«, sagte der Vermieter. Ayla sah ihn verständnislos an.
    »Wieso Familie? Ich will doch alleine einziehen. Habe ich doch gesagt.« Etwas fröhlicher fuhr sie fort: »Ich habe einen geregelten und guten Job, ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich mache keinen Lärm – aus dem Alter bin ich heraus.« Doch insgeheim wusste sie, dass sie wohl keine Chance mehr hatte.
    »Ja, ja«, wand sich der Mann. »Aber man hört ja so vieles. Also, ich möchte eigentlich nicht an türkische Familien vermieten.«
    Es war eine komische Situation. Ich konnte spüren, wie ratlos und ohnmächtig Ayla sich fühlte. Sie hatte die besten Voraussetzungen, die ein Vermieter sich wünschen konnte, und sie hatte sich extra fein gemacht und auch mich dazu genötigt und als Referenz mitgenommen, hatte sich die größte Mühe gegeben, einen guten Eindruck zu machen, und trotzdem gab dieser Mensch ihr offensichtlich nicht die geringste Chance.
    »Also, wenn Sie nicht wollen, kann ich sie ja nicht zwingen«, sagte Ayla und blickte den Vermieter ruhig an. »Aber Sie sollten nicht alles glauben, was man so von Türken erzählt, und lieber mal auf auf den Menschen schauen, der vor ihnen steht!«
    Dann warf sie trotzig ihre Tasche über die Schulter. »Sie haben ja meine Visitenkarte. Wenn Sie es sich anders überlegen, freue ich mich, wenn nicht, dann müssen Sie es eben selber wissen«, sagte sie, griff mich am Arm und zog mich hinaus. Vor der Tür brach es aus ihr heraus. »So ein Penner!«, fluchte sie. »So ein Idiot. Was glaubt der eigentlich, wer er ist. Was denkt der, was er da vermietet? Ein

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