Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
fünfhundert Dollar anprobierten und eine Pizza auf die Hand aßen.
Summer aß erneut mit ihrer Mutter zu Abend und brachte Camille mit der Geschichte zum Lachen, dass Diana und Madeline sich wegen himmlisch samtiger High Heels von Manolo Blanik mit zwölf Zentimeter hohen Absätzen gestritten hatten, von denen beide sich nicht einmal die Riemchen leisten konnten.
Es war ein herrliches Gefühl.
Joe hielt sich fern, und Summer kannte auch den Grund dafür. Er wollte nicht in Versuchung geraten.
Zur Wochenmitte hatte sie diesbezüglich eine Eingebung. Sie fuhr in die Innenstadt zum Fire Department, in dem auch das MAST untergebracht war. »Es gibt heute zwar nicht das Lunch-Special«, begrüßte sie Joe ironisch, der mit erschöpfter, genervter Miene hinter dem Schreibtisch saß und trotz der zerzausten Haare und den bis zu den Ellbogen aufgekrempelten Ärmeln irrsinnig sexy aussah. »Aber es wird dir munden.«
Er fing die Riesentüte Kartoffelchips auf, drehte sie in den Händen, als handelte es sich um ein teures Weihnachtsgeschenk, und warf ihr die Tüte schließlich zurück. »Ich esse keine Chips mehr. Nicht mal diese dämliche Sorte, die wie Schmirgelpapier schmeckt.«
Weil er sich früher praktisch von Chips ernährt hatte, war sie darüber erstaunt. »Machst du Witze?«
»Nee.« Er betrachtete weiter die Tüte Chips in ihrer Hand. Sie hätte schwören können, dass ihm das Wasser im Munde zusammenlief, während er sich auf seinen inzwischen flachen Bauch klopfte. »Und glaube mir, das war ein Riesenopfer – verdammt, denk nicht einmal daran, die Tüte aufzumachen …«
Summer riss die Tüte auf, trat um den Schreibtisch herum und hielt sie ihm unter die Nase.
»Du bist verdorben«, sagte er, wobei er noch immer wie gebannt auf die Tüte starrte.
»Endlich ist mein Geheimnis heraus.«
»Moment mal.« Er ergriff Summer am Arm, damit die Tüte direkt unter seiner Nase blieb, und atmete tief ein. »Die hier riechen sogar so, als ob sie dick machen. Nimm die Tüte weg. Ich flehe dich an.«
»Na gut, du hast ja recht«, sagte sie leise. Sie hätte ihn küssen können für seine kummervolle, gequälte Miene. »Ich bin grausam.« Doch bevor sie sich ihm entziehen konnte, verstärkte er seinen Griff.
Er sah sie weiter an, zog sie langsam und unerbittlich zu sich heran, bis sie zwischen seinen gespreizten Beinen stand. »Gib. Mir. Die. Tüte.«
»Ich möchte dich nicht in Versuchung führen.«
»Zu spät.«
»Und ich übernehme auch nicht die Verantwortung, wenn …«
»Ich habe eine Kanone«, sagte Joe. »Und weiß, wie man sie benutzt.«
Summer lachte.
Er griff in die Tüte und zog eine Handvoll Chips heraus. Beim ersten Biss lehnte er sich zurück, schloss die Augen und stieß ein wohliges Seufzen aus. Dann schlug er die Augen wieder auf. »Du lässt die Dinger hier bei mir.«
Sie ließ die Tüte auf seinen Schoß fallen. »Kannst du behalten, großer Junge.«
Er kaute und lächelte. Es waren seine ersten Chips seit langem, er konnte nicht genug davon bekommen. »Danke. Dein Lunch-Special ist klasse.«
»Da solltest du mal mein Gute-Nacht-Special probieren.«
»O nein. Der wäre bestimmt viiiel zu nahrhaft.« Er zog Summer spielerisch am Haar. Eine Geste, die sie von früher her kannte.
Mit einer völlig neuen Bedeutung.
Er genoss ihre Gesellschaft. Ein Gefühl der Zuneigung – und der Erleichterung – durchflutete sie. Aber sie wollte ihn nicht bedrängen. Sie musste ihn häppchenweise füttern, darum nahm sie sich ein paar Chips und ging dann zur Tür. »Arbeite nicht zu viel.«
»Hey, Baby. Nicht so schnell.«
Langsam wandte sie sich um. Die Haare standen ihm nach wie vor zu Berge, die Ärmel waren immer noch aufgekrempelt, aber er wirkte nicht mehr so genervt.
Doch immer noch sexy. Sehr sexy.
»Das war’s?«, fragte er. »Du bist nur zu mir gekommen, um mich mit Chips zu verwöhnen?«
»Was hättest du denn sonst noch gern?«, fragte sie sehr leise.
Er stand auf, blieb ganz dicht vor ihr stehen und schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, ich habe nicht die geringste Ahnung.«
»Das macht nichts.« Sie lächelte, während ihr nur ein wenig bang ums Herz wurde. »Vielleicht fällt es dir ja noch ein.«
Er strich sich übers Kinn. »Vielleicht.«
Am liebsten hätte sie sich von ihm über die Wange streichen lassen. Oder sich an ihn gekuschelt. Aber sie blieb reglos stehen und erwiderte: »Also bis dann.«
Seine Mundwinkel zuckten leicht. Seine Grübchen waren wieder zu sehen.
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