Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
Handtasche nach einem Blatt Papier, um ihr die Telefonnummer aufzuschreiben. »Das wäre ja so nett von Ihnen!«
Kenny begab sich in die hinteren Räume. Joe nicht. Summer konnte den Blick einfach nicht von ihm abwenden.
»Und das würde Ihnen auch keine zu großen Umstände bereiten?«, fragte die Kundin und reichte Summer den Zettel.
»Überhaupt nicht.«
Die Kundin dankte ihr abermals, tätschelte Socks, die wie ein dickes, ausgestopftes Tier auf dem Tresen lag, und verließ das Geschäft.
Joe kam herüber. Er sah Summer forschend ins Gesicht, dabei wirkte seine Miene ein wenig angespannt. »Du bist hier.«
Hatte er denn geglaubt, sie würde abreisen, nur weil die Dinge etwas schwierig wurden? Natürlich hatte er das. Nur, jetzt war sie die Unnachgiebige, und das würde sie ihm beweisen. »Du sieht irgendwie müde aus«, sagte sie und klimperte unschuldig mit den Wimpern. »Lange Nacht gehabt?«
»War nicht so schlimm.«
»Lügner.«
Das ließ seine Grübchen erscheinen, und er lachte; sie musste zugeben, dass ihr der Klang ziemlich gut gefiel.
Ein weiterer Kunde betrat den Laden, die Glocken über der Tür klimperten fröhlich. »Hallo, ich bin’s«, sagte er, aber Summer und Joe rührten sich nicht. Denn während sie Joe ansah, wusste sie nicht, wie ihr, wie ihnen geschah, auch wenn es ihr vorkam, als stünde die Zeit still.
Doch Joe sagte kein Wort, und da ihr nichts anderes übrigblieb, senkte sie den Blick und ging weg.
Plötzlich packte er sie am Handgelenk.
Wieder hatte er sich nicht rasiert, und in seinen hellbraunen Augen blitzte ein Gefühl auf, das sie nicht benennen konnte. Auch Leidenschaftlichkeit lag darin, ein sorgsam gehütetes Feuer, das ihr eigenes entfachte. »Red«, sagte er. Tief. Grob.
Worauf ein merkwürdiges Gefühl sie durchzuckte. Sie hätte schwören können, dass es Hoffnung war.
»Hallo?«, rief der neue Kunde und winkte Summer zu. Ein älterer Herr, der ihr liebenswert-freundlich zulächelte. »Ich benötige ein wenig Hilfe bei der Auswahl eines Geburtstagsgeschenks für meine Frau.«
»Gern, natürlich.« Sie betrachtete Joe.
Er ließ ihr Handgelenk los und begab sich zum Ausgang. Er durchquerte den Laden, dann blieb er plötzlich stehen. Murmelte irgendetwas. Plötzlich schritt er zurück und stieß sie hinter einen Paravent. »Was …«, fing sie an, aber da fasste er schon ihre Arme, hob sie hoch und küsste sie.
Als er sie absetzte, atmete er schwer. »Unglaublich.« Er ließ sie los und rieb sich über die Augen. »Du bringst mich noch um den Verstand.«
Auch in Summers Kopf drehte sich alles, sie zitterte förmlich am ganzen Leib und bekam ganz weiche Knie. »Was war das denn?«
»Keine Ahnung, aber es ist deine Schuld.« Er fuhr sich durchs Haar, so dass es zum Teil aufrecht stand. »Du hast mir gestern Abend einen Vorgeschmack gegeben, und jetzt kann ich nicht mehr aufhören, daran zu denken.«
»Entschuldigen Sie?« Der Kunde hatte offenbar nach ihr gesucht. »Miss?«
Auch während des Verkaufsgesprächs hatte Summer noch wacklige Knie. Als der Kunde zahlte, hatte Joe schon damit begonnen, Braden und Chloe zu vernehmen, die beide im vergangenen Monat im Lagerhaus gewesen waren.
Summer zu verhören, das war nicht nötig, sie war zum Zeitpunkt des Brandes ja nicht in der Stadt und seit zwölf Jahren weder im Lagerhaus oder in dessen Nähe gewesen.
Nicht gebraucht. Nicht gewollt …
Als Joe und Kenny mit ihren Vernehmungen fertig waren, kam Joe in den Verkaufsraum zurück und warf Summer einen so intensiven Blick zu, dass sie sich erneut nach ihm sehnte und ihn begehrte.
»Miau«, ließ sich Socks vom Tresen her vernehmen.
Als Joe wortlos den Laden verließ, sagte Summer leise: »Das gibt’s doch nicht«, und brauchte einen Fächer, um sich das erhitzte Gesicht zu kühlen.
Oder einen Kuss.
9
Am Abend wartete Summer gespannt darauf, dass Joe sie in ihrem Häuschen besuchte. Was er aber nicht tat.
Daraufhin befand sie, dass es lächerlich wäre, auf ihn zu warten, und widmete sich deshalb in den folgenden Tagen der Aufgabe, wieder ein vollwertiges Mitglied ihrer Familie zu werden. Sie aß zu Abend mit ihrer Mutter. Zu Mittag mit Tina. Sie schleppte Chloe ein Viertel des Wegs den Berg hinauf, bis Chloe nicht mehr konnte und flehte, wieder runtergehen zu dürfen.
Was Diana und Madeline betraf, so schraubte Summer ihre Erwartungen herunter und begab sich mit ihnen in den Dschungel des örtlichen Einkaufzentrums, wo sie aus Spaß Schuhe zu
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