Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
stibitzt hatte.
Tina kam immer mal wieder in den Raum, um nach ihr zu sehen und ihr zu sagen, dass heute keiner von ihr eine Mitarbeit erwarte. Sie solle sich lieber ausruhen und es langsam angehen lassen.
Summer sagte ihr nicht, dass das Alleinsein ohne irgendeinen Zeitvertreib – beispielsweise einen nackten Fire Marshal in ihrem Bett – sie geradewegs in die Klapsmühle bringen würde.
Braden saß hinter ihr auf einer Eckbank und arbeitete am Computer, wobei er leise mit sich selbst sprach. Chloe fand immer wieder Gründe, mit Summer zu sprechen, und warf dann jedes Mal schräge – und nicht besonders diskrete – Blicke auf Braden.
Er arbeitete jedoch unbeirrt weiter, ohne vom Bildschirm aufzublicken oder irgendetwas anderes zu tun – außer zu atmen.
»Soso«, sagte Summer zu Braden, nachdem Chloe zum fünften, sechsten oder hundersten Mal den Raum verlassen hatte. »Da brennt also doch ein bisschen was in dir für Chloe.«
Braden blickte auf. »Brennt was? Das hört sich ja an wie eine Entzündung.«
Sie dachte an das, was sie für Joe empfand, und obwohl sie sich so sehr wünschte, dass es leicht und einfach sein möge, war alles so verdammt konfus und schwierig. »Das kann sich auch verdammt wie eine Entzündung anfühlen. «
Er gab einen leisen, grunzenden Ton von sich.
»Hast du etwa gerade gelacht? «, fragte sie schockiert.
»Bild dir ja nichts ein.«
»Gib’s zu. Bei der Lektion ›Wie finde ich Freunde?‹ hast du im Kindergarten gefehlt, stimmt’s?«
»Ich bin nun mal kein geselliger Mensch.« Er zuckte mit den schmalen Schultern. »Das ist doch nicht verboten.«
Nein, das war es nicht. Aber sein Abwehrverhalten war schon recht interessant. »Hat es damit zu tun, dass du nicht mehr trinkst?«
Sein nachgiebiges Lächeln verschwand.
»Ich will nicht neugierig sein oder so«, sagte sie.
»Nein, gar nicht.«
»Okay, ich bin neugierig.«
»Meine Vergangenheit spielt für diesen Job überhaupt keine Rolle.«
»Das stimmt.« Aber sie hatte das Gefühl, dass diese Vergangenheit schuld daran war, dass er so zynisch und so sarkastisch war. Und obwohl sie ihn instinktiv mochte, galt ihre größere Loyalität Chloe, ob die nun eine verzogene Göre war oder nicht. »Sag’s mir einfach! Magst du Chloe wirklich, oder spielst du nur mit ihr?«
»Magst du deinen Fire Marshal wirklich, oder spielst du nur mit ihm?«
Summer kniff die Augen zusammen.
Braden machte sich wieder an die Arbeit.
»Ich mag ihn«, sagte sie leise.
Braden sah erstaunt auf.
»Ich mag ihn sehr.«
»Okay. Gut für dich.«
»Und …?«
Er seufzte. »Und du bist eine Nervensäge.« Als Summer nicht antwortete, atmete er entnervt aus. »Mein Gott, und hartnäckig bist du auch. Also gut: Ich mag deine Cousine. Zufrieden?«
Sie grinste, und er stöhnte leise. »Geh wieder an deine Arbeit, Summer.«
Das tat sie. Aber die Katalogisierung des Inventars brachte ihren Blick fast zum Schielen, sie benötigte auch nicht allen Gehirnsaft dafür. Sie mochte Joe wirklich, schon immer. Ihn zu mögen, das war nie problematisch gewesen. Sie hatten einmal eine tiefe, beständige und gegenseitige Zuneigung füreinander empfunden. Ein bindendes und verbindliches Zusammengehörigkeitsgefühl. Aber nach dem Tod ihres Vaters hatte dieses Zusammengehörigkeitsgefühl ihr Angst gemacht.
Seitdem war jegliches Gefühl, das sie für einen Mann gehabt hatte, ohne Bedeutung gewesen. Leichthin. Und rein körperlich. Sex war so, wie er sein sollte – er erleichterte einfach nur. Er war so nötig wie die Luft zum Atmen, echte Bindungen waren nicht erforderlich.
»Du denkst so angestrengt nach, dass mir mein Kopf davon schmerzt«, schreckte Braden sie auf.
»Entschuldigung.«
»Außerdem machst du mich hungrig«, sagte er, klappte seinen Laptop zu und ging zum Mittagessen.
Camille kam mit Socks auf dem Arm herein, und einen Augenblick lang sah Summer ihre Mutter an wie eine Fremde. Groß, gertenschlank, die Haare zurückgebunden, nur sehr wenig Make-up im Gesicht, aber trotz der dunklen Ringe unter den Augen und des angespannten Gesichtsausdrucks immer noch schön. »Die Marshals sind schon unterwegs«, sagte sie zu Summer. »Sie müssen einige Vernehmungen durchführen.«
»Bei mir?«
»Bei einigen anderen, aber auch bei dir, ja. Sie wollten dich erreichen, bevor du abreist.«
»Oh. Hast du ihnen etwa nicht erzählt, dass ich nicht abreise?«
»Nein.« Camille beugte sich zu Socks und streichelte sie, ihre Blicke waren voller Sorge.
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