Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
umfasste ihre Hand. »Du hast dir wirklich etwas aus ihm gemacht.«
»Ja, diese miese Ratte. Und ich hatte geglaubt, dass er sich auch etwas aus mir machte. Er hat’s mir gesagt. Wirklich.« Summer wirkte schockiert. »Bei der Arbeit hat er ja nie viel gesagt, aber wir haben viel geredet. Wir haben gelacht. Wir haben … na ja.« Sie stieß mit Summer an, sie tranken beide einen Schluck. Überrascht hörte Summer das schlürfende Geräusch des Strohhalms in ihrem leeren Glas. »Ich hab wohl großen Durst.«
»Kein Problem.« Chloe schenkte ihnen beiden aus dem Krug ein, dann stieß sie mit Summer an und kippte gut die Hälfte ihres Cocktails hinunter.
Summer tat dasselbe. Angenehm angesäuselt sahen die Dinge allmählich anders aus. Zum einen konnte sie die Eingangstür nicht mehr klar erkennen, was dazu führte, dass sie, obwohl die Bar sich inzwischen gefüllt hatte, nicht die übliche Panik verspürte. Das war nett. Sehr nett.
»Also.« Chloe grinste. »Willst du heute Abend dein Glück versuchen? Ich muss mich fürs Erste wohl allein vergnügen.«
»Ich hab’s dir doch gesagt. Joe und ich sind nur alte Freunde.«
»Das ist jammerschade.«
»Ja.« Summer hielt ihr Glas hoch; Chloe füllte ihnen wieder aus dem Krug nach.
»Wird er dir fehlen, wenn du abgereist bist?«, fragte Chloe.
»Joe?«
»Nein, der Mann im Mond. Natürlich Joe.«
»Ja«, gab Summer zu. »Er wird mir fehlen.«
»Vielleicht könnte er ja mit dir gehen und auch Flussführer werden. Ihr könntet da draußen in der Wildnis leben, bis ihr Kinder habt, und dann …«
»Chloe.« Summer lachte. Ganz aufrichtig. »Ich bitte dich. An solche Sachen denke ich nicht einmal.«
»Warum nicht?«
»Na ja, weil … Ich weiß nicht«, sagte sie ehrlich.
Chloe grinste. »Weißt du, du benimmst dich so tough, aber ich glaube, in Wirklichkeit bist du ein großer Angsthase. Und soll ich dir mal was verraten? Ich bin auch ein Angsthase. Mein Dad hat meine Mutter verlassen, und zugegeben, beim zweiten Mann hat sie Glück gehabt, aber ich habe nichts von dem Glück geerbt, glaube ich.«
»Wenn Braden dich verlassen hat, ist er deiner sowieso nicht würdig.«
»Nenn nicht seinen Namen«, sagte Chloe schmollend.
»Er hat dich nicht verdient.«
»Nein, hat er nicht.« Tränen füllten ihre Augen. »Verdammt. Ich hatte mich echt verknallt in den Arsch. Es war das Wahre. Die wahre Liebe.« Sie seufzte. »Zumindest für mich.«
»Es war in Ordnung, dass du dich verliebt hast.«
»Machst du Witze? Ja. Schau, ich weiß, wir beide wirken so tough und unabhängig, aber du bist es wirklich, im Gegensatz zu mir. Ich wünsche mir, mein Leben mit einem Mann zu teilen.«
Summer hatte erlebt, wie die Liebe funktionierte. Sie hatte gesehen, wie die Liebe zwischen ihren Eltern jeden Tag ihres Lebens wie eine Rose erblühte. Es war die »Kann nicht essen, kann nicht schlafen«-Version der Liebe, herzzerreißend echt, was so weit ging, dass für Camille und Tim kaum etwas anderes eine Rolle gespielt hatte.
Summer hatte damit gelebt in dem Wissen, dass sie nicht wirklich gewollt war, das Ergebnis der sexuellen Verbindung ihrer Eltern, aber nicht wirklich Teil ihres Lebens. Sie hatte fast Verständnis dafür, auch wenn sie selbst eine solch tiefe Bindung noch nicht erlebt hatte. Außerdem fand sie, dass die Welt zu groß war, die Möglichkeiten zu endlos, als dass sie sich an eine Person binden und alles andere ausschließen sollte.
Man hatte ihr mehr als einmal gesagt, dass ihre Herangehensweise an Beziehungen ziemlich männlich war. Ihr machte das nichts aus. Hatte es nie. Bis jetzt. Hier zu sein rief ihr in Erinnerung, wie schön es sein könnte, diese stets gemiedenen Bindungen zu haben. Hier erinnerte sie alles daran, dass die Liebe ein schönes, warmes, irgendwie flauschiges Gefühl sein konnte, das ihr vielleicht ganz gut gefallen könnte.
Bei diesem Gedanken stieg tief aus ihrem Inneren ein winziger Hoffnungsschimmer auf. Vielleicht könnte sie ja tatsächlich zu einem bestimmten Ort gehören, statt herumzureisen, Teil einer Gruppe sein, die sich nicht mit jeder Tour veränderte, Teil einer Beziehung sein, die zählte, die blieb. »Du bist definitiv die Starke von uns beiden«, sagte sie zu Chloe. »Zugeben zu können, was man will, fähig zu sein, es sich zu holen.«
»Wow, schau mal einer an«, sagte Chloe. »Wir werden noch dicke Freunde. Wer hätte das gedacht?« Sie hob ihr Glas und trank aus. Dann stellte sie es zurück auf den Tresen. »Das geht ja
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