Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Feldlager der Moslems erreichten, wurde es gerade geräumt. Al-Manßur war schon mit den ersten Truppen vorausgeritten, der Tross sollte nachkommen.
Du fliehst vor deinem toten Sohn, al-Manßur b’illah! Aber er wird dich einholen. Denn er hat seine Beherztheit auf mich übertragen, er hat mir seine Unerschrockenheit eingeflößt, er hat mich mit seinem Todesmut angesteckt, und kein Teufel soll mich überlisten, dass ich dir ausweiche, statt mich dir zu stellen und dir die Wahrheit zu sagen, wie ich es meinem Milchbruder vor Jahren versprochen habe.
Es war dem Heimkehrenden aber nicht unlieb, dass ihm noch eine Frist blieb, während der er seine Empörung dämpfen, seine Gedanken ordnen, sein Herz zügeln und seinem Verstand zu Einsicht und Klarheit verhelfen konnte, damit der in dem bevorstehenden Kampf auf Leben und Tod sein Feldherr sei.
Welid suchte keine Gesellschaft auf dem Weg, der ihn nach Süden führte, doch der Hauptmann fühlte sich verantwortlich dafür, dass er verpflegt wurde, und schloss sich ihm an. Es war keine unterhaltsame Reise, denn der Hauptmann hatte Scheu vor diesem Gefährten, der da sehenden Auges in sein Verderben ritt und nicht zum Umkehren zu bewegen war. Und doch hielt es ihn wie durch Zauber in seiner Nähe.
Als sie auf der Höhe angelangt waren, von der aus man Cordoba übersah, machten sie zum letzten Mal miteinander Rast. Der Hauptmann streckte seine Hand nach Sonnenaufgang und sagte: »Wenn du zehn Jahre lang deine Sohlen auf den Wegen der Fremde gewetzt hast, kennst du diese Gebäude noch nicht. Sie gehören zu Zahira, der Stadt, die auf Befehl unseres Feldherrn errichtet wurde. Alle Regierungsämter sind dorthin verlegt worden. Alle einflussreichen Männer haben ihre Paläste in es-Sachra verlassen und sich in Zahira neue gebaut. Die Stadt des Kalifen ist verödet. Nur Hischam selbst wohnt noch dort mit seiner Mutter, hinter den hohen Mauern, die seinen Palast umgeben, und deren Tore sich selten genug in ihren Angeln drehn. Und in die Häuser der Vornehmen sind Eulen eingezogen und Fledermäuse.
Siehst du dort auf halber Höhe des Berges, umgeben von blühenden Gärten, das weit ausgedehnte Gebäude? Das ist al-Manßurs eigenes Schloss. Es steht dem des Kalifen an Prachtentfaltung nicht nach. Dort musst du um Einlass bitten, wenn du ihn sprechen willst. Aber besprich dich lieber noch einmal mit deiner Seele. Und wenn du umkehren willst - jetzt ist es noch Zeit.«
Umkehren? Nein. Aber einkehren. Das Pferd die Gassen hinuntertraben lassen bis zur großen Brücke, dann den Strom talab begleiten bis zur ersten Querstraße, dort im zweiten Haus auf der linken Seite anklopfen und rufen: »Romeileh! Mach mir auf, Romeileh!«
Nein, das nicht. Sie darf nicht aufgeschreckt werden durch ein Wiedersehn, das ein Abschiednehmen für immer ist.
Aber die Moschee, sie darf ich betreten. Sie wird mich stärken vor meinem Dschihad.
Welid schrak zusammen, als ihm dieses Wort durch den Sinn zuckte. War es nicht eine Vermessenheit, das, was er jetzt vorhatte, einen Heiligen Krieg zu nennen? Ihm eingegeben von dem Einflüsterer, um ihm den Tod erstrebenswert und das Paradies greifbar erscheinen zu lassen?
Er verabschiedete sich von seinem Begleiter ohne überflüssige Worte.
»Behalte mein Pferd zum Dank für deine Anteilnahme. Ich werde es nicht mehr brauchen.«
Die Moschee war beleuchtet wie damals, als er sie zum ersten Mal betrat. Diese Bogen, diese Säulen, diese Nischen, diese Kuppeln, wie hatten sie ihm vor der Seele gestanden in all den Jahren, als er mit seinen Augen nichts anderes sehen konnte als die trostlosen Gebäude der Ungläubigen. Alles, alles hier war ihm vertraut, wie einem die Heimat vertraut ist.
Oder doch nicht? Hatte sich etwas verändert?
Es war nicht Gebetszeit. Er konnte die Säulenreihen durchschreiten und stellte fest, dass sie sich vermehrt hatten. Ein Anbau also. Warum sollte auch nicht der große al-Manßur die Moschee erweitern zu Allahs Ehre? Wirklich zu der Allahs? Oder zu seiner eigenen? Aber das lass du seine Sache sein, Welid ben Besbasa. Denk du nicht an den Mächtigen der Erde, sondern an den Allmächtigen im Himmel, wenn du dieses Haus betrittst.
Sich niederwerfen und mit der Stirn diesen Boden berühren. Warum sich überhaupt noch erheben?
Allah, wenn ich dich anbete aus Furcht vor der Hölle, so stoße mich in die Hölle! Wenn ich dich preise aus Hoffnung auf das Paradies, so verschließe vor mir das Paradies. Doch wenn ich mich in deine
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