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Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Hering
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des Großen Flusses nach Cordoba führte. Unzählbar waren die Menschen, die sich ihm anschlossen oder ihm entgegeneilten. Nur mit Mühe konnte die Schorta, die Polizeitruppe der Hauptstadt, die Menge in respektvoller Entfernung halten. Als aber der Umritt beendet und der kleine Abderrachman in die Arme seiner Amme zurückgelegt worden war, die ihn festhalten musste, während der Leibarzt die Operation vollzog, die dem Fest den Namen gab, wurde in allen Palästen und Gärten des Kalifen offene Tafel gehalten und allen, die daran teilnehmen wollten, die leckersten Speisen geboten: Ochsen, Hammel, Lämmer und Kälber waren zu dem Zweck geschlachtet und am Spieß gebraten, Kuchen in öl gebacken und mit dem eingedickten Saft des Zuckerrohres übergossen worden, Suppen und Soßen wurden in Kübeln herangeschleppt, Obst aller Art kam in riesigen Körben auf die Tische. Nur Wein öffentlich zu spenden scheute sich der Kalif, weshalb die Studenten, nachdem sie sich an Fleisch und Leckereien satt gegessen, es vorgezogen hatten, Jussufs Garten aufzusuchen. Kein Wunder, dass sie bester Laune waren, und, nachdem sie das Thema des Tages erschöpft hatten, ihre Gedanken der Zukunft zuwandten, die im schönsten Licht vor ihnen zu liegen schien. »Wir müssen heute Abschied feiern«, sagte der Toledaner, »mein Vater ruft mich nach Hause. Er hat für mich dort eine gute Stellung erwirkt, und sicherlich wird es mir gelingen, bald auch in die Akademie der Vierzig aufgenommen zu werden.«
    Die vierzig Männer, die sich in Toledo zu einer Akademie der Wissenschaften zusammengeschlossen hatten, genossen einen Ruf, der weit über die Grenzen ihrer Vaterstadt hinausging. Wenn einer von ihnen starb, wählten sie sorgsam unter all den Anwärtern den Gelehrtesten aus, und noch nie hatte man den Vorwurf erheben können, Vermögen oder Familienverbindungen hätten dabei eine Rolle gespielt. So waren die Worte des Studenten eine arge Anmaßung, doch keiner der Zecher ging darauf ein. Dazu war jeder von ihnen zu sehr mit sich selbst und seinen eigenen Plänen beschäftigt.
    »Auch ich bleibe nicht lange mehr hier«, entgegnete der Sevillaner. »Mein Vater hat mir ein Offizierspatent besorgt. Ich werde eine Hundertschaft der Reiterei anführen, und wenn ich mich im nächsten Feldzug hervortue ...«
    »Bis der stattfindet, kannst du graue Haare haben«, warf der Malager ein. »Nachdem unser Kalif den Christen gezeigt hat, dass er ebenso wenig mit sich spaßen lässt wie sein Vater, werden sie Frieden halten. Und er liebt die Wissenschaften viel zu sehr, als dass er sich unherausgefordert in Abenteuer einließe. Wer diese sucht, muss übers Meer gehn! Dort sind noch Sporen zu verdienen. Ich freilich ziehe es vor, von den Ländereien meines Vaters zu leben, die genug für mich abwerfen, dass ich mich in keines Herrn Dienst schicken muss.«
    »Ihr könnt alle gute Pläne machen«, sagte der Barceloner, »und bedenkt nicht, dass die Zukunft in Allahs Händen liegt. Ihm will ich mich anvertrauen. Ich warte nur darauf, dass ich bald Nachricht bekomme von Abu Kabir, der ein Schiff ausrüstet, mit dem ich nach Indien segeln werde. Von dort kehre ich mit Reichtümern beladen zurück oder als Bettler oder überhaupt nicht.«
    Alle kannten sie den Barceloner als Bruder Lustig, der sich gerne einen Scherz erlaubte, und sie tranken ihm fröhlich zu. Das steigerte seine kecke Laune, und er stimmte ein Lied an. Doch der Toledaner winkte ab. »Lass doch erst Ibn Abi Amir zu Wort kommen. Er hat uns noch gar nicht verraten, wie er sich seine Zukunft vorstellt.«
    »Der?« fuhr der Barceloner ärgerlich auf, »was wird er sich schon vorstellen? Kann ihm sein Oheim vielleicht einen Gönner verschaffen, Abu Derradsch, der so arm ist, dass er, wenn er einmal einen Gast bewirtet hat, tagelang nachher von Datteln und Brot leben muss? Oder kann er sich mit den Einkünften seiner Ländereien ein einträgliches Amt einhandeln? Sie werfen ja nicht einmal so viel ab, dass er davon leben könnte, sonst müsste er nicht an dem Palasttor sitzen und gegen Bezahlung für Leute, die nicht schreiben können, Bittgesuche abfassen. Froh wird er sein, wenn er irgendwo ein kleines Pöstchen bekommt!«
    »Recht hast du«, schnitt ihm Ibn Abi Amir das Wort ab und sprang auf. »Nicht der Mühe wert ist’s, sich mit meiner Zukunft zu befassen! Wohl aber mit der euren. Darum sagt mir alle, was für eine Stellung ihr haben wollt, wenn ich dieses Land regiere. Denn, bei Allah, dem nichts

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