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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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behandeln,
nicht aus.
    Robert sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Das ist
etwas anderes.«
    Â»Es ist mein Ernst. Warum können wir nicht miteinander reden?
Freunde sein?«
    Â»Soweit ich weiß, hat das was mit der Hautfarbe zu tun. Stellen Sie
sich nicht dümmer, als Sie sind.«
    Â»Ich hab’s satt, mir von anderen sagen zu lassen, was ich darf oder
nicht darf, Robert.« Ich zeichnete mit der Schuhspitze Kreise in den Sandboden.
Nach ein paar Sekunden zog ich den Schuh aus und schleuderte ihn wütend gegen
die Ranken über mir. Es regnete vertrocknete Blätter auf mich herab und das
eine oder andere Insekt. Als eine Spinne über meinen Schoß krabbelte, sprang
ich kreischend auf und wischte hektisch an meinem Rock herum.
    Robert lachte schallend. Ich hatte ihn noch nie so erlebt. Er, Cora
und Nell schienen ihre Gefühle immer durch ein feines Sieb zu filtern.
    Â»Die Spinne ist weg, Isabelle. Gott, war das ein Spaß«, keuchte er,
bückte sich, hob meinen Schuh auf und reichte ihn mir. Als ich ihn
entgegennahm, berührten sich unsere Finger, und es war, als durchzuckte mich
ein Stromschlag.
    Robert spürte ihn auch, das merkte ich. Er ließ die Hand sinken und
erstarrte. Ich hatte schon andere Mädchen über Jungen tuscheln hören, die ihnen
gefielen, und darüber, was sie in ihrer Gegenwart empfanden, doch mir war so
etwas noch nie passiert. Jetzt kannte ich das Gefühl.
    Es knisterte zwischen uns, aber darüber sprechen durften wir nicht.
Es war keine einseitige Angelegenheit mehr, kein Tagtraum meinerseits.
    Ich brach das Schweigen. »Jetzt eine Frage an dich: Was machst du hier?« Ich deutete auf die Laube und das Werkzeug.
    Â»Dies ist meine Kirche, und in der habe ich eine Aufgabe.«
    Â»Eine Aufgabe? Wie viele Jobs hast du denn?«
    Â»Dafür kriege ich kein Geld. Alle helfen mit, das Gotteshaus in
Ordnung zu halten. Bald ist unser Kirchentreffen, und ich muss die Ranken
stutzen, damit nicht so viele Tierchen herumkrabbeln, wenn die Gläubigen
kommen.« Er grinste, und ich wurde rot.
    Â»Hat hier jeder eine Aufgabe?«, fragte ich Robert. In meiner Kirche
schlief der alte Mr Miller auf einer Pritsche in einem kleinen Kellerraum. Als
Gegenleistung hielt er das Gebäude instand und putzte, und die Frauen der
Gemeinde brachten ihm abwechselnd Essen. Alle zwei Wochen schickte Cora Nell
oder Robert mit Sandwiches, Obst, frischer Milch und Kaffee zu Mr Miller. Er
hauste in der Kirche, solange ich denken konnte. Vor der Wirtschaftskrise hatte
er wohl Frau, Familie und Arbeit gehabt. Er blieb für gewöhnlich für sich, und
wir Kinder gingen ihm aus dem Weg, weil wir uns vor seinem finsteren Gesicht
fürchteten. Doch je älter ich wurde, desto öfter fragte ich mich, ob seine
Miene nicht Kummer statt Bösartigkeit spiegelte. Ich hatte ihn nie richtig
wütend erlebt, nicht einmal dann, wenn die Jungen mit ihren Sonntagsschuhen auf
dem frisch gewachsten Boden herumrutschten und Schuhcremestreifen darauf
hinterließen.
    Â»Ja, wir erhalten alle eine Aufgabe, sobald wir laufen können. Die
Gesangbücher und Stifte ausrichten, Unkraut jäten, was auch immer die Mütter
und Bruder James sich für uns ausdenken. Ich schaffe in dieser Laube vor
Zusammenkünften Ordnung, seit ich dreizehn bin.« Er deutete mit verlegenem
Stolz auf die Ranken.
    Â»Schön, die Laube.« Ich inspizierte Roberts Werk. »Aber da hast du,
glaube ich, eine Ecke übersehen.«
    Robert verdrehte die Augen. »So, so, Sie sind also
Laubenspezialistin.«
    Â»Ich weiß über vieles Bescheid und beherrsche nichts richtig«,
gestand ich seufzend. Es stimmte: Ich war eine gute Schülerin, besaß jedoch
keine spezielle Begabung und beneidete meine männlichen Mitschüler, die ein
Handwerk lernen oder das College besuchen und später Karriere machen würden.
Meine Mutter hatte mir die traditionelle Rolle der Ehefrau und Mutter
zugedacht, und obwohl ich irgendwann einmal eine Familie wollte und es wagte,
von Romantik und Liebe zu träumen, fürchtete ich, dass mir das nicht genügen
würde. Ich sehnte mich nach mehr.
    Â»Warum seufzen Sie?«
    Â»Ich beneide dich um die Möglichkeit, aufs College zu gehen und
einen Beruf zu erlernen.«
    Er reagierte verwundert und belustigt. »Sie? Neidisch auf mich?
Wünschen Sie sich lieber nicht, ich zu sein.« Er rechte kopfschüttelnd

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