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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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zu
riskant.
    Miss Isabelle ließ das Fenster herunter. »Was ist los, Dorrie?«
    Â»Der Nachtportier kann nicht glauben, dass Sie dieselbe Person sind
wie die auf dem Ausweis. Er möchte Sie aus der Nähe betrachten. Wahrscheinlich
glaubt er, dass ich Sie entführt habe, weil wir ja nicht gerade wie Verwandte
aussehen«, knurrte ich. »Und sagen Sie mir jetzt bloß nicht, dass ich ruhig
bleiben soll.«
    Â»Auf mich wirkst du unter den gegebenen Umständen ziemlich ruhig,
Dorrie. Der Nachtportier wird’s bereuen, mich geholt zu haben.«
    Ich öffnete die Wagentür, und Miss Isabelle erhob sich ächzend vom
Beifahrersitz. So eine lange Fahrt war sicher kein Vergnügen für die Knochen
eines alten Menschen.
    Endlich stand sie in ihrer vollen Größe, knapp eins sechzig, da. Mit
Hut und Handschuhen konnte ich sie mir gut als Queen Elizabeth vorstellen.
    Â»Junger Mann, gibt’s ein Problem mit meiner Kreditkarte?«, fragte
sie.
    Der Nachtportier wurde rot und kratzte sich mit seinen schmutzigen
Fingernägeln am Adamsapfel.
    Â»Nein, Ma’am. Aber wie ich Ihrer Freundin gerade erklärt habe,
können wir Kreditkarte und Ausweis nur vom Inhaber akzeptieren.«
    Â»Tja, da wäre ich also, ungefähr drei Meter näher bei Ihnen als
eben. Sicher können Sie jetzt deutlich erkennen, dass ich tatsächlich die
Person auf dem Foto bin. Also walten Sie Ihres Amtes. Und zwar ein bisschen
plötzlich.« Sie wandte sich einem gestreiften Polsterstuhl einige Meter von der
Rezeption weg zu. »Das Formular bringen Sie mir da hinüber.«
    Â»Ja, Ma’am, gern. Tut mir leid, dass …«
    Â»Und nun hören Sie mir gut zu. Morgen früh erwarten wir ein
Gratisfrühstück mit frischem, starkem Kaffee, keine Reste von heute und auch
kein verschrumpeltes Zeug, das schon zwei Stunden herumsteht. Wir sind um Punkt
acht unten. Außerdem wollen wir innerhalb der nächsten zehn Minuten
Extrahandtücher und -kissen in unserem Zimmer. Das Gepäck bringt jemand für uns
hoch. Noch Fragen?«
    Er versuchte, sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen. Dabei
verhedderten sich seine Finger in einer Strähne, wo er offensichtlich zu viel
Gel benutzt hatte. Fast tat er mir leid.
    Wahrscheinlich war er ein Student, der sich mit der Nachtschicht die
Ausbildung finanzierte. Ich bezweifelte, dass er genug verdiente, um uns die
von Miss Isabelle geforderte Luxusbehandlung angedeihen zu lassen. Das nächste
Mal, wenn ein Gast deutlich sichtbar auf dem Beifahrersitz eines Wagens vor der
Tür saß und der Mitreisenden ebenso deutlich sichtbar erlaubte, die Kreditkarte
an der Rezeption vorzulegen, würde er – Vorschriften hin oder her – bestimmt niemandem
mehr raten, sich zu beruhigen.
    Im Aufzug sagte Miss Isabelle: »Hoffentlich macht es dir nichts aus,
dass wir uns das Zimmer teilen. Ist das in Ordnung?«
    Darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Warum nicht?,
dachte ich, denn was für einen Sinn hatte es, dass Miss Isabelle für zwei
Zimmer zahlte, wenn eines mit zwei Betten völlig reichte?
    Allerdings wusste ich nicht, was sie selbst von dem Arrangement
hielt. Hatte sie je eine Nacht mit jemandem wie mir verbracht?
    Â»Ich hab kein Problem damit, Miss Isabelle. Aber wie steht’s mit
Ihnen?«
    Sie richtete den Blick auf die Stockwerksnummern. »Ich finde es schön,
Gesellschaft zu haben, Dorrie. Zu Hause fühle ich mich manchmal einsam.« Wir
erreichten unsere Etage. »Aber hoffentlich schnarchst du nicht.«
    Ich musste lachen. »Ich, schnarchen? Da hab ich bei Ihnen größere
Angst.«
    Â»Nicht nötig. Ich schlafe nicht viel. Sind eher kurze Nickerchen die
ganze Nacht durch. Und auch tagsüber.«
    Dass das im Alter so war, hatte ich schon gehört. Ich fragte mich,
worüber Miss Isabelle zwischen den Nickerchen nachdachte. Wenn ich nachts wach
lag, grübelte ich hauptsächlich über meine Kinder und darüber, ob Teague
tatsächlich so war, wie ich glaubte.
    Der Nachtportier, der mit dem nächsten Aufzug kam, stellte unser
Gepäck ab. Ob er ein Trinkgeld erwartete? Miss Isabelle bedankte sich mit einem
Queen-Elizabeth-Blick von oben herab – obwohl er bestimmt dreißig Zentimeter
größer war als sie – und rümpfte leicht die Nase.
    Es war noch relativ früh. Wir hatten außerhalb von Memphis schon zu
Abend gegessen. Ich wartete, bis

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