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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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die
abgeschnittenen Ranken zusammen. »Sie haben ja keine Ahnung.«
    Ich wurde rot. Er hatte recht: Ich konnte mir nicht vorstellen, ein
Junge zu sein, und noch weniger, ein Neger – ein Bürger zweiter Klasse, wie man
mir beigebracht hatte. »Möglich. Aber ich hätte gern die Chance, etwas wirklich
Wichtiges zu leisten.«
    Robert schob die Abfälle in eine Vertiefung auf der anderen Seite
des Hofs, zog aus der Papiertüte von dem Haushaltswarenladen Streichhölzer
heraus, zündete eines an und warf es auf den Haufen. Die trockenen Blätter und
Äste fingen sofort Feuer.
    Â»Sie werden etwas Wichtiges leisten«, erwiderte er. »Das geht gar
nicht anders mit Ihrem Sturkopf. Vielleicht wird’s nicht gerade das, was Sie
sich erträumen oder erwarten, aber …«
    Â»Siehst du? Du lachst mich nicht aus, wenn ich solche Sachen sage.
Du nimmst mich ernst. Das ist bei keinem andern so.«
    Er blickte, die Hände in die Hüften gestemmt, zuerst ins Feuer, dann
mich an. »Dürfte ich Sie denn nicht ernst nehmen, Isabelle?«
    Als mir klar wurde, was er meinte, schämte ich mich. Natürlich würde
er mir nicht widersprechen oder sich über meine Träume lustig machen. Das wäre
undenkbar gewesen. Trotzdem wollte ich, dass er ehrlich zu mir war.
    Â»Das liegt bei dir«, sagte ich mit leiser Stimme. »Ich habe nicht
das Recht, dir etwas zu erlauben oder zu verbieten.«
    Meine Worte überschritten eine unsichtbare Grenze, luden, so hoffte
ich, zu gegenseitigem Vertrauen ein.

ACHT
    DORRIE, GEGENWART
    Am Abend erreichten wir Memphis trotz mehrerer Zwischenstopps
früher als erwartet. Miss Isabelle wollte alle touristischen Sehenswürdigkeiten
besichtigen, bevor wir im Hotel eincheckten. Das Haus von Elvis war bedeutend
kleiner, als ich es mir vorgestellt hatte. Seine Songs gefielen mir nicht
unbedingt, manche rührten aber sogar mich – sieben senkrecht, sieben
Buchstaben: unbeeindruckt von Freude, Trauer oder Schmerz. Stoisch . Das bin ich, stoisch.
    Ich wäre gerne in einen der Bluesklubs gegangen, die wir in der
Beale Street entdeckt hatten. Es geht doch nichts über guten, altmodischen
Blues. Hin und wieder hörte ich mir die Musik meiner Kinder an. Der Beat
gefällt mir, aber bei den meisten Texten sträuben sich mir die Haare. Blues
hingegen, das ist was Echtes. Aber ich wollte Miss Isabelle nicht allein
lassen, und die Vorstellung, mit ihr zusammen den Klub zu besuchen, ließ mich
nur lachen. Außerdem brauchten wir etwas Schlaf.
    Damals, als ich anfing, Miss Isabelle die Haare zu Hause zu machen,
hatte ich ihr einen Computer besorgt und geholfen, die Internetverbindung
einzurichten, und bei Gott: Inzwischen war sie eine richtige Cyber-Queen. Sie
war öfter online als ich und hatte die ganze Reise am Computer geplant,
Hotelzimmer reserviert und alles andere erledigt.
    Ich ließ Miss Isabelle im Wagen, ging zur Rezeption unseres ersten
Hotels, gab dem Angestellten dort den Reservierungsnamen und Miss Isabelles
Kreditkartennummer. Er verlangte einen Ausweis. Ich reichte ihm den von Miss
Isabelle, den er überprüfte, bevor er mich musterte.
    Er deutete auf das Foto im Ausweis. »Das sind nicht Sie.«
    Â»Ach.« Ich schüttelte den Kopf. »Wenn Sie so freundlich wären, den
Blick nach links zu wenden«, bat ich ihn. »Das da drüben ist Mrs Isabelle
Thomas.« Ich winkte ihr zu. Sie winkte zurück und zuckte mit den Achseln, als
wollte sie fragen: »Warum dauert das so lang?«
    Â»Das sind ihre Kreditkarte und ihr Ausweis. Sie hat reserviert.«
    Â»Ma’am, ich kann keine Ausweise von Dritten akzeptieren. Die Person,
die die Reservierung vorgenommen hat, muss ihren Ausweis selbst vorlegen.«
    Â»Machen Sie Witze? Sie sitzt da drüben. Sehen Sie denn nicht, dass
sie dieselbe Person ist wie die auf dem Bild?«
    Â»Ich befolge nur die Vorschriften. Beruhigen Sie sich bitte, Ma’am,
sonst muss ich den Sicherheitsdienst rufen.«
    Â»Ich soll mich beruhigen?«
    Sicherheitsdienst? Herr im Himmel. Bis dahin war ich ruhig gewesen
und hatte das Ganze sogar irgendwie amüsant gefunden. Aber jetzt wurde mir
klar, dass ich ihm nur dann nicht an die Gurgel gehen und im Knast landen
würde, wenn ich Miss Isabelle hereinholte.
    Mit einem verächtlichen Schnauben nahm ich Ausweis und Kreditkarte
wieder an mich, bevor ich zum Wagen ging. Sie dort liegen zu lassen war mir

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