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Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Titel: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kibler
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ich mich damit ab, dass ich mir selbst ein Leben
aufbauen musste. Ich hatte anderen Menschen schon genug Probleme bereitet.
    Eines Tages entdeckte ich eine Anzeige, in der nach einer
Vollzeitkraft ohne Vorkenntnisse gesucht wurde. Bisher war ich überall
abgewiesen worden. Vermutlich sprachen meine geringe Körperkraft und mein
Mangel an Erfahrung in Zeiten, in denen sich die Wirtschaft noch immer nicht
von der Depression erholt hatte, gegen mich. Schwer zu sagen, wie viele Leute
sich um eine Stelle bewarben.
    Der Mann, der die Annonce aufgegeben hatte, bat mich, ihm meine
Hände zu zeigen, prüfte, ob ich in der Lage war, mit kleinen Werkzeugen
umzugehen, und erklärte mir dann alles.
    Ein bekanntes Unternehmen produzierte einen Film, bei dem
Entwicklung und Rahmen der Dias, die eingeschickt werden mussten, im Preis
inbegriffen waren. Die Leute zeigten gern Bilder von Urlauben oder
Familienfeiern, aber das Rahmen der Dias war anstrengend und zeitraubend. Der
Mann hatte sein eigenes System entwickelt, die Dias zu rahmen, und zwar mit
Papprahmen. Das war billiger, und er garantierte: An einem Tag gebracht, am
nächsten gemacht. Er war nicht auf die Post angewiesen wie das bekannte
Unternehmen. Das Geschäft ging gut.
    Mr Bartel war der Meinung, dass sich meine schmalen, gelenkigen
Finger gut für die Arbeit eigneten, und wollte mich einstellen, vorausgesetzt,
ich erschien jeden Tag pünktlich. Ich konnte bereits am folgenden Montag
anfangen und hätte samstags und sonntags frei.
    Es war Freitag. Ich hastete zurück zu dem Café, in dem ich die
Zeitung mit der Anzeige gefunden hatte, weil ich nun auch ein neues Dach über
dem Kopf brauchte.
    Teile der Zeitung lagen verstreut in dem Café. Ich fand den mit den
Wohnungsanzeigen und ging sie nach Angeboten für alleinstehende junge Frauen
durch.
    Das erste Haus, das ich aufsuchte, war ziemlich heruntergekommen;
davor lungerten schmutzig aussehende, rauchende Kerle herum, und aus einem
Fenster rief eine Frau, die lediglich Unterwäsche trug, einem Mann auf der
Straße etwas zu.
    Das nächste Haus befand sich in einer ruhigen Gegend und war
gepflegt. Die junge Frau, die die Tür öffnete, wirkte freundlich; an ihrem
Rockzipfel hingen zwei kleine Kinder. Sie musterte mich und meine Kleidung von
oben bis unten und kam zu dem Schluss, dass sie mich nehmen konnte. Sie
erklärte sich bereit, das Zimmer bis um drei Uhr am folgenden Tag für mich zu
reservieren. Wenn ich bis dahin das Geld für zwei Wochen Miete brachte, gehörte
es mir. Der kleine Raum im obersten Stockwerk war hell und sauber, und gegen
einen Aufpreis konnte ich sogar mit der Familie essen.
    Mit klopfendem Herzen rechnete ich den benötigten Betrag aus: sieben
Dollar für zwei Wochen, neun, wenn ich mit der Familie aß. Ein kleines
Vermögen. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie hart Robert hatte arbeiten müssen,
um die Miete für unser Zimmer zu verdienen. Ich hatte nie mehr als ein paar
Dollar aus meinen Geburtstags- oder Weihnachtsumschlägen gespart und das
wenige, was ich besaß, während meiner Arbeitssuche für Kaffee, Tee und die
Straßenbahn ausgegeben.
    Da konnte nur mein Vater helfen. Und obwohl ich nichts mehr mit ihm
zu tun haben wollte, weil er mich im Stich gelassen hatte, fand ich, das sei er
mir schuldig.
    Ich eilte nach Shalerville, um ihn zu erwischen, bevor er die Praxis
verließ. Die Freitagnachmittage verbrachte er immer dort, erledigte den
Papierkram und las medizinische Fachzeitschriften, wenn er nicht zu einem
Notfall musste.
    Ich klopfte an der Tür und trat ein. Er sah mich mit einer
merkwürdigen Mischung aus Traurigkeit und Beklommenheit an.
    Â»Isabelle?«
    Bist das wirklich du? , schien sein Blick
zu fragen.
    Â»Hallo, Vater.« Die förmliche Anrede kam mir immer noch schwer über
die Lippen. »Ich brauche zehn Dollar. Mir wäre es lieb, wenn du mich nicht
fragst, wofür, falls du es aber unbedingt wissen willst, bitte ich dich, es für
dich zu behalten.«
    Er holte seine Brieftasche hervor und nahm einen Fünfer und fünf
Einer heraus. Bevor er die Scheine faltete und über den Tisch schob, steckte er
einen weiteren Fünfer dazu.
    Â»Ach, Isabelle«, seufzte er. »Ich frage dich nicht, auch wenn ich
mir natürlich Gedanken mache.«
    Sein Gesichtsausdruck brachte mich dazu, ihm zu erzählen, dass ich
Arbeit und ein Zimmer in der Stadt gefunden hatte.
    Â»Ich sage deiner

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