zuadraht
nicht hier.“
Der Gedanke ist mir nicht ganz fremd, dachte ich. Und er entbehrt auch nicht einer gewissen Logik. Dass der Klausberger oder das, was einmal den Klausberger ausgemacht hat, mit einem Loch im Herzen auf der Prosektur liegt, ist schwer zu bestreiten. Aah, es widert mich an, es zugeben zu müssen, aber der Kerl hat Recht. Wir dürfen es nicht ganz außer Acht lassen. Kurve kratzen, Ferri, die Kurve kratzen. „Franz hat Recht. So unwahrscheinlich es auch ist, wir müssen es in Betracht ziehen. Ihr wisst, was das bedeutet?“
„Ab in die Dreckkiste“, sagte Michelin. „Wühlen im Privatleben eines Hurenbocks. Eines stadtbekannten noch dazu. Das verspricht gehörige Staubwolken, in denen es sich nicht immer gut husten lässt.“
„Vor allem im konservativen Lager“, hakte Kurz ein. Seine Schadenfreude war von genau jener Qualität, wie sie gewerkschaftlich engagierte Menschen bei passender Gelegenheit gerne zur Schau stellen. „Geht es um das Hochhalten familiärer Werte, ist der Klausberger in bester Gesellschaft. Ob Landesrat oder Landeshauptfrau, ein Pantscherl gehört dort zum guten Ton. Ich glaube sogar, das wird bei denen im Fach politische Bildung gelehrt.“
„Das tut nichts zur Sache.“ Eine Kreissägenstimme in gebieterischem Tonfall schwängerte den Raum. Keiner von uns hatte bemerkt, wie der kleine Körper sich in den Türstock geschoben hatte und nun in gewichtiger Pose, die Hände unterhalb des offenen Sakkos in die Hüften gestützt, breit und bedeutend gab. Auch wussten wir nicht, wie lange Aegidius Weißengärber schon da stand. Auf jeden Fall zu lange. „Es wird keine Schmutzwäsche gewaschen. Das habe ich der Frau Landeshauptmann wie auch dem Herrn Bürgermeister zugesagt. Äußerste Diskretion ist geboten. Dass das ein für alle Mal klar ist. Und die Sache mit dem Tritt bleibt auch unter uns.“
So lange also.
*
Vierzig Minuten später warf Weißengärber sich ein weiteres Mal breitbeinig aufgepflanzt in Pose. „Es ist ein Schock für uns alle, meine Dame und meine Herren Redakteure, die ganze Stadt, ja die gesamte politische Welt des Landes, möchte ich betonen, steht unter Schock, und. . . jawohl, der Herr Stadtrat war beim Joggen, als es passiert ist, und Sie können sicher sein, dass Oberstleutnant Leimböck, der Leiter der Mordgruppe, seine ganze Erfahrung unter meiner Ägide, Aegidius ist ja Vorname und Berufung zugleich . . . – wie? – ja, natürlich bekommen Sie Fotos von der Tatwaffe, ein Messer mit fernöstlicher Gravur übrigens, und wir wären Ihnen dankbar, könnten Sie das Bild bla bla bla. . .“
Schwitz nur, mein lieber Kurzer, und jetzt, da dieser junge Spund vom privaten Fernsehen angeregt hat, ob es denn nicht auch ein Raubmord gewesen sein könnte und du hämisch in dich hineingegrinst und durch das Murren und verhaltene Journalistengelächter hindurch geantwortet hast, das ist wohl Ihr erster Mord, Herr Kollege, gell, Jogger tragen doch nur selten viel Bargeld bei sich – jetzt also wird dich der kleine, graumelierte Dicke, der von der Guten , der immer alles doppelt genau wissen will und auch das kleinste Detail in seine Geschichten hineinpresst, gleich nach seinem Privatleben fragen. Nach all den klausbergerschen Weibern, um die sich ja die wildesten Gerüchte ranken. Und mit denen man nun, wo der Klausberger tot sei, nicht mehr hinterm Berg halten dürfe, weil es ohnedies ein offenes Geheimnis gewesen sei in der Branche. Und weil er, Direktor Weißengärber, sich doch ganz bestimmt nicht dem Vorwurf ausgesetzt wissen wolle, nicht in alle Richtungen ermittelt zu haben, und erst recht nicht handle es sich bei dem Opfer um eine Person wenn schon nicht öffentlicher Wertschätzung, so doch öffentlichen Interesses.
Bei Pressekonferenzen trägt der Kurze Anzüge aus besonders saugfähigem Stoff, damit er nicht davonrinnt in seiner ganzen Schwitzerei.
„. . . bla bla bla und Sie wissen doch, mein lieber Herr Hochauer, wie lange kennen wir uns jetzt, dass ich Sie, Herr Redakteur, niemals anschmettern würde, weil Offenheit immer schon mitbegründender Teil unseres gegenseitigen Respekts war. Aber von so privaten Geschichten, wie Sie sie hier und jetzt ansprechen, glauben Sie mir, habe ich wirklich noch nichts gehört. Was nicht heißen soll, dass wir nicht jeden kleinen Hinweis verfolgen werden, der Oberstleutnant Leimböck und ich. Er hat ja auch schon ein paar viel versprechende Ermittlungsansätze, über die ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt aber
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