zuadraht
drei Nummern. Seine türkische Freundin, sein Büro und sein Pressesprecher. Die anderen Gespräche der vergangenen Tage sind über das Diensthandy gelaufen, das der Chauffeur immer bei sich hat, sagt der Sekretär vom Moser. Aber wer wie was wann wo, ihr wisst ja, der Untersuchungsrichter. . .“
„Ja, ja“, ging Kurz unwirsch dazwischen. „Wir wissen.“ „Dann nehmt einen Abschneider und den Chauffeur in die Mangel“, rief ich. „Euch fällt schon etwas ein, nicht wahr?“ Süffisantes Grinsen aus dem Eck des Wirtschaftsbetruges. „Kommen wir also zum Messerstich.“
Michelin schnaufte aus tiefer Brust. „Wenn es kein Glückstreffer war, und davon gehe ich aus, gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Sondereinheiten beim Heer lernen das geräuschlose Töten. Aber die würden in die Lunge stechen, da bleibt dem Opfer die Luft zum Schreien weg, und dann. . . ratsch, die Kehle durch. Oder ein Polizist. Oder ein Kollege der ehemaligen Gendarmerie. Jetzt auch Polizist. Was weiß ich. Oder ein Fleischhauer. Die sind Meister im Abstechen. Auch wenn es zumeist echte Schweine sind, und nicht. . .“ Willi feixte. „Im Prinzip könnte es jeder tun, der über ein gerütteltes Maß an krimineller Energie und Basiswissen in Sachen Anatomie verfügt.“
„Und zumindest über Grundkenntnisse der Knotentechnik“, warf die Neue ein. „Unser Mann . . .“
„Apropos. Wissen wir schon, woher das Seil stammt?“ rief Kurz dazwischen.
„Billige Massenware.“ Die räuberische Drogensitte schien mit einem Mal aus ihrem Vormittagsschlaf erwacht. „Kriegst du in jedem Baumarkt. Aber wir bleiben dran.“
„Grundkenntnisse der Knotentechnik also, wenn ich fortfahren darf, meine Herren.“ Die Stimme der Neuen vibrierte akademisch papriziert. „Unser Mann verrät uns mit jeder Tat sehr viel von sich. Wir müssen es nur richtig deuten. Er verhält sich, wenn ich so sagen darf, idealtypisch.“
„Idealtypisch?“ fragte Bildungsbürger Kurz.
„Idealtypisch“, bekräftigte die Neue. „Er entspricht dem Muster, wie wir es von vielen Serienmördern kennen. Zum Beispiel darin, dass er sich von Mal zu Mal steigert.“
„Erstechen. Aufhängen. Ersticken. Wo bleibt da die Steigerung, Frau Kollegin“, fragte ich.
„Im Bühnenbild, Herr Kollege“, hielt sie entgegen. „Beim ersten Mord ein einziger Stich und der Tritt in die Genitalien. Und aus. Beim zweiten der bewusst gewählte Schauplatz, die Vorbereitungen mit dem Seil, dazu der Zettel im Auge, ein kleines Schauspiel. Und dann erst der dritte Mord.“ (Du gerätst ja regelrecht ins Schwärmen, meine Liebe, dachte ich, weg vom Spröden der besserwisserischen Klugrednerin und hin zur blutig leidenschaftlichen Kriminalistin.) Bela Schmaus lächelte. „Der dritte Mord ist, wenn ich so sagen darf, ein Feuerwerk an theatralischer Symbolik. Die Sache mit dem Hofer-Sackerl. Dazu die Namen auf der Tafel. Der Liber-kein-Latinus-Spruch. Die Sitzposition des Toten. Und hinzu kommen die Tatorte. Eine Uferpromenade, ein Park, eine Schulklasse. Unser Mann möchte seine Opfer einer breiten Öffentlichkeit sichtbar machen, er möchte sie bloßstellen.“
„Vielleicht will er bloß uns bloßstellen“, raunte Stillhofer. „Gute Theorie“, sagte sie. „Vielleicht eine Art Begleitmotiv. Darüber sollten wir nachdenken. (Mir wird ganz übel, dachte ich, jetzt kocht sie sich den Stillhofer auch noch ein, da bleibt mir ja von meiner Stammtruppe nur der Kurz als Verbündeter.) Womit wir bei der Suche nach dem Motiv wären.“
„Darüber wollte ich gerade mit euch reden“, setzte ich energisch ein. „Ich habe hier eine Liste möglicher Motive ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Ergänzungen erwünscht. Kollege Kurz führt Buch an der Tafel. Gehen wir nach dem Ausschlussverfahren vor. Einverstanden?“
Zustimmendes Murren.
„Materielle Vorteile? Erbschaften? Wohl kaum, oder?“ Schweigen.
„Politischer oder religiöser Fanatismus?“
Schweigen.
„Tötung, um ein anderes Verbrechen zu verdecken, sei es eine Veruntreuung oder was auch immer?“
Leises Murren, dann Rufe: „Blödsinn.“ „Weg damit!“ „Streichen!“
„Denke ich auch. Dazu fehlt uns wohl der Zusammenhang der Opfer. Vor allem der Geier tanzt aus der Reihe. Angst vor Erpressung, mhhm? Was könnten die drei von Martin Hanser gewusst haben? Jeder dasselbe? Jeder etwas anderes?“ „Blödsinn!“
„Eben. Perverse sexuelle Motive?“
Schweigen.
„Pathologische Motive wie Verfolgungswahn?
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