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Zuckerleben: Roman (German Edition)

Zuckerleben: Roman (German Edition)

Titel: Zuckerleben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pyotr Magnus Nedov
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einer Dragunow SWD auf der Anhöhe reicht, um alle kalt zu machen. Ja, da geht das Kopfkino los. Kurzum: Nach den sechs Tagen auf diesem beschissenen afghanischen Berg fühlte ich mich wie ein Zombie und konnte mich kaum noch auf den Beinen halten. Drum, nachdem wir am Ende des sechsten Tages endlich unser Lager aufgeschlagen und die Einteilung der Wachen geregelt hatten, bin ich vor dem Kommandozelt in kompletter Montur, so wie ich war, auf den Boden runtergedonnert und sofort eingeschlummert, blya . Und aus die Maus, Feierabend. So … ABER : Irgendwann in der Nacht spür ich einen Rempler, genau hier« – Mischa deutet auf einen Punkt auf seinem Brustkorb –, »so, wie wenn einer über dich drübersteigen will und dabei stolpert … Ich mach die Augen auf. Und sehe: Da steigt so ein Typ mit einer aufgeschulterten M -16 über mich drüber, den ich noch nie zuvor in meinem Leben gesehen hab – angezogen wie einer von diesen Mameluken: Schlabberhose, Berghirtenweste, Strandsandalen, Vollbart, mit dieser braunen Stoff-Palatschinke auf dem Schädel und allem Drum und Dran. Nur dass der Islamist blond ist! Aber nicht so ein wenig blond, sondern richtig hellblond, wie ein Engel, ja, so Wasserstoffblond. Und riecht nach Haschisch, nach Schwarzem Afghanen , der Mameluken-Engel!«
    Pause.
    Mischa und Pitirim trinken einen Schluck Samagon.
    »› For fuck’s sake! Sorry, Abdullah! ‹, sagt er zu mir auf Englisch, grinst mich an und will ins Kommandozelt, wo ›Kabel‹, also Kabelenko, unser Hauptmann, noch was besprochen hat mit dem Funker, bei Infrarotlicht. Der Engel stolpert in unser Kommandozelt rein. Und als es ihm allmählich dämmert, dass er nicht da ist, wo er dachte, dass er ist, hat er noch versucht, was zu machen; aber ihm ist nichts gelungen.
    Ich hab ihm mein Armeemesser in die linke Niere reingestochen, unten rein, und dann nach oben durchgezogen. Weil ich nicht schießen wollte, aus Angst, jemanden von unseren Jungs zu erwischen. Und hab ihn gleich runtergerissen, mit dem Gesicht zum Boden. Kabel war dann auch gleich zur Stelle mit den Jungs. Dann haben wir dem Engel eine Kalaschnikow unter die Arme gestemmt und den Gurt der AK -74 über die Stirn gezogen – ein Trick, den sie uns in der Ausbildung beigebracht haben, um den Feind schnell bewegungsunfähig zu machen. Na ja, unser nächtlicher Besucher – Trevor Titterman – entpuppte sich als amerikanischer Tourist. Wobei ich bis heute nicht ganz kapieren kann, wie er es damals geschafft hat, an unseren Wachposten vorbeizukommen, der Tourist aus Illinois …«
    »Und wie ist er nach Afghanistan gekommen, der Titterman? Aus Illinois ?!«
    Stabswachtmeister Mischa schenkt sich ein wenig Samagon aus dem Kanister nach, wartet, bis Tutunaru es ihm gleichmacht, trinkt zeitgleich mit ihm von Ilytschs Hochprozentigem und fährt fort:
    »So ein Mameluken-Oberschlumpf hat ihn gefunden und engagiert. Per Zeitungsanzeige.«
    »Was?«
    Mischa lacht.
    »Der Titterman hatte zu Hause in einer Zeitschrift – Soldier of Fortune hieß die – eine Privatanzeige gefunden, in der sich so eine Art George Soros des islamistischen Fundamentalismus, wie Titterman sagte, ›Freiwillige aus der ganzen Welt‹ einlud, auf seiner Seite am Afghanistan-Krieg, ›am Dschihad gegen die gottlosen Sowjets‹, also gegen uns, teilzunehmen. Einfach so. Reisekosten, Unterkunft, Ausbildung, Verpflegung, alles inklusive. Und Titterman hatte sich unter den Kontaktdaten, die diesem Inserat beigefügt waren, gemeldet. Dabei war Titterman gar kein Soldat. Nein, der hatte einfach einen schlecht bezahlten Job in einer amerikanischen Müllverbrennungsanlage in Illinois – er hat uns sogar den Namen der Stadt genannt, wo das war – irgendwas mit … ›K‹, Ka-Lama-Zu oder so …«
    »Kalamazoo?« , wirft Tutunaru überrascht ein.
    »Ach, keine Ahnung, ich hab’s halt vergessen, ist ja schon drei, vier Jahre her. Eine amerikanische Kleinstadt irgendwo in Illinois eben.«
    »Kalamazoo klingt komisch.«
    » Komisch , sagt er! Kennst du etwa so viele Städte in Illinois, dass du sagen kannst, was für Illinois komisch klingt oder nicht?«
    »Nein.«
    »Eben. Was glaubst du, wenn du einem Amerikaner ein paar moldawische Städtenamen aufsagst. Wird er sie komisch finden oder nicht?«
    »Jetzt erzähl weiter.«
    »Der Müllverbrennungsanlagenjob hat den Titterman jedenfalls angeödet, und da hat er beschlossen, was Aufregendes mit seinem Leben anzufangen. Und dann –«
    Mischa hält inne und

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