Zuckermacher 01 - Die Schwester der Zuckermacherin
oben wohnten, ihre Hand nur auszustrecken brauchten, um jemanden zu berühren, der sich im gegenüberliegenden Haus befand.
Am Ende dieser Straße lagen eine Reihe von Gassen, und ich bog in die erste von ihnen ein. Ich ging an einem Misthaufen und mehreren Haufen verfaulenden Abfalls vorbei und durch die Gasse hindurch auf einen kleinen, belebten Marktplatz, wo allerlei Kräuter und Wurzeln verkauft wurden. Es standen grobe, mit Ware beladene Tische auf Böcken dort, andere Händler verkauften ihre Sachen aus Körben und Säcken, die sie auf dem Boden abgestellt hatten. In der Nähe gab es Kaufläden, die auf Schildern mit farbenfrohen Bildern und Buchstaben für sich warben: Das Plumpuddinghaus, Der Pfefferkuchenmann und Das Taubenpastetengeschäft. Weil ich hungrig war, begann ich mich zu fragen, was Sarah wohl zum Abendessen zubereitet hatte.
Ich spähte in die Geschäfte und hielt an einem Stand, an dem fremdartige, leuchtend bunte Früchte verkauft wurden. Orangen und Zitronen kannte ich bereits - ich hatte einmal gespart, um mir eine Zitrone kaufen zu können, weil Abigail mir gesagt hatte, dass es ein wunderbares Mittel zum Bleichen von Sommersprossen sei -, aber die meisten anderen auffälligen, seltsam geformten Früchte waren mir gänzlich neu. Mitten im Gedränge blieb ich fasziniert stehen, doch die schrillen Schreie der Standbesitzer: »Kommt und kauft vor dem Abend!«, erinnerten mich daran, dass ich weitergehen musste. Mir würde die Kehle aufgeschlitzt werden und ich nie mehr gesehen, wenn ich mich in der Dunkelheit in den kleinen Sträßchen verirrte, das wusste ich sicher.
Etwas weiter gelangte ich auf einen anderen kleinen Platz, von dem einige Durchgänge abgingen, und ich blieb einen Moment verwirrt stehen. Sarah hatte mir erzählt, dass die Stadt einem Kaninchenbau glich, und ich musste ihr Recht geben - dabei hatte ich seit ihrem letzten Besuch wirklich genügend Zeit gehabt, den Weg zu ihr in Gedanken zurückzulegen. Nach einiger Überlegung entschied ich mich für einen der Durchgänge, kam an weiteren Geschäften vorbei und ging über den Friedhof von St.Olave, wo ich sechs Kinder sah, die inmitten der Grabsteine standen und ein Spiel spielten. Ein Junge stellte offensichtlich den Pfarrer dar. Er hatte sich ein langes Stück dunklen Stoff als Gewand um die Schultern gelegt und deklamierte mit feierlicher Stimme. Ein anderer war die Leiche und lag »tot« auf dem Boden, in ein Leichentuch gewickelt, während die übrigen - die Trauergemeinde - weinten und wehklagten. Ich schloss daraus, dass sie Beerdigung spielten, und schaute ihnen eine Weile fasziniert zu, denn zu Hause hatte ich noch nie Kinder ein solches Spiel spielen sehen. Dann ging ich an der »Leiche« vorbei und verließ den Kirchhof durch den rückwärtigen Eingang. Ich überquerte eine kleine Brücke über einen Fluss, den ich für die Fleet hielt, und erreichte schließlich den Crown and King Place.
Aufgeregt sah ich mir die schaukelnden Schilder der Geschäfte und Wohnhäuser an, auf der Suche nach Sarahs Laden. Ich sah den Schwarzen Jungen , den Halbmond, die Eiche, die Tochter des Müllers - und dann, in einer Reihe mit vier oder fünf anderen Geschäften, das Schild, nach dem ich Ausschau gehalten hatte: eine gemalte Darstellung einer kandierten Rosenblüte. Erfüllt von dem Gedanken daran, wie sehr sich Sarah freuen würde, mich zu sehen, warf ich mein Kleiderbündel über die Schulter und lief los, vor lauter Eile über die Pflastersteine rutschend und schlitternd.
Ich muss zugeben, dass ich etwas enttäuscht war, als ich näher kam und das Geschäft genauer sah. Denn so, wie Sarah davon gesprochen hatte, hatte ich mir einen geräumigen, bunt bemalten Laden vorgestellt, wie manche der Geschäfte auf der London Bridge, mit einem Erkerfenster voller Zuckerwerk. Doch nichts davon. Es war genau wie die anderen in der Reihe: klein und zur Straße hin ohne Fenster, mit einer Flügeltür aus Holz, die sich in zwei Teile teilte, wenn das Geschäft geöffnet war, wobei der obere Teil ein Vordach bildete und der untere geschlossen blieb und zu einer offenen Ladentheke wurde.
Sarah stand im hinteren Teil des Ladens und schnitt etwas auf einer Marmorplatte. Mit ihrem gestärkten Baumwollkleid und der weißen Schürze darüber sah sie toll aus. Sie war groß - so groß wie Vater Wohl gestalt und hatte volles dunkles Haar, um das ich sie immer beneidet hatte, und keine Sommersprossen. Keine einzige.
Ich trat ein, um sie zu
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