Zuckersueßes Chaos
wie ich gerne früh shoppen ging, was nicht einmal daran lag, dass ich etwas gegen überfüllte Einkaufshallen oder Supermärkte hatte. Aber morgens war die Welt noch so schön verträumt und friedlich. Keine vollgestopften U-Bahnen, keine Menschen, die hektisch von A nach B rannten. Die Welt strahlte einen wohltuenden Frieden aus, der auch mich mit innerer Ruhe erfüllte.
Außerdem war man frühmorgens noch ausgeruht und frisch, weshalb sich ein morgendliches Training immer gut eignete. Von innerem Frieden erfüllt, betrat ich also pünktlich um acht den Fitnessraum. Leider war ich nicht die Einzige, die gerne morgens trainierte, genaugenommen waren es für diese Uhrzeit sogar erstaunlich viele. Schade, da war er hin, mein innerer Frieden. Mir fiel auf, dass ich die einzige Frau war, aber das störte mich nicht weiter. Im Fitnessstudio waren die meisten eh nur mit ihrem eigenen Körper beschäftigt und für den Fall, dass ich mich doch beobachtet fühlte, hatte ich mit Vicky schon einige ruhige Ecken ausgekundschaftet. Es gab einen kleinen Raum, der so ziemlich jedes Equipment beherbergte, das man sich hier unten wünschte – so auch Boxhandschuhe und Boxsack. Doch bevor ich damit begann, musste ich mich erst einmal warm machen. Dafür verzog ich mich in eine halbwegs ruhige Ecke, stieg auf das Laufband und desinfizierte es gründlich. Es gab nämlich nichts Ekligeres als schwitzige Abdrücke auf den Geräteanzeigen.
Dann begann ich zu joggen, doch schon nach fünf Minuten verflog mein anfänglicher Enthusiasmus und meine Beine schrien mir zu, wie lange ich schon kein Sport mehr gemacht hatte. Das Ziehen begann in den Waden und breitete sich ganz langsam über meine Oberschenkel aus, dann wanderte es weiter über den Bauch. Doch so anstrengend die ersten Minuten auch waren, es wurde mit der Zeit besser und als sich mein Körper nach zwanzig Minuten an die ungewohnte Belastung gewöhnt hatte, war ich wieder voll und ganz in meinem Flow. Ich hatte ganz vergessen, wie befreiend Bewegung sein konnte und verspürte ein berauschendes Hochgefühl in mir aufsteigen. Dieses sank allerdings rapide ab, als Jason Westwood den Raum betrat. Ich ließ einen Moment den Kopf hängen. Ich meine, wie viel Pech konnte man eigentlich haben?
Ich wappnete mich für einen dummen Spruch oder eine anzügliche Geste, doch als ich wieder aufsah, war er direkt an mir vorbeigelaufen. Das wunderte mich dann doch. Hatte er mich übersehen oder ignorierte er mich absichtlich? Oder besser noch: Konnte er sich etwa gar nicht mehr an mich erinnern? Einen
Niemand
wie mich konnte man nach einer Woche immerhin schnell vergessen. Neugierig beobachtete ich, wie er zu einem Laufband ging, Papiertücher aus dem Spender nahm, sie mit Desinfektionsmittel befeuchtete und die Griffe und Tasten des Gerätes abwischte. Und weil er nicht wusste, dass er beobachtet wurde, konnte ich mir alle Zeit der Welt lassen, seinen beeindruckenden Körper zu begutachten. Er war nicht so athletisch gebaut wie Taylor, doch das hieß nicht, dass sein Körper weniger durchtrainiert war. Nun, da er seine Straßenkleidung abgelegt hatte, konnte ich sehen, dass er zwar schlank, aber keineswegs schlaksig gebaut war.
Das eng anliegende TankTop umschmeichelte seinen trainierten Bauch und ließ stählerne Muskeln darunter vermuten. Und seine Arme, welche genau den richtigen Umfang hatten, um attraktiv, aber nicht aufgepumpt zu wirken, spannten sich bei jeder Bewegung an. In solchen Momenten beneidete ich Männer für ihre stählerneren Körper. Denn während die meisten von ihnen schon gute Gene in die Wiege gelegt bekamen, mussten wir Frauen doppelt so hart schuften, um auch nur ansatzweise so straffe Haut zu bekommen – zumindest war das bei mir so. Ich kannte Männer, die wogen doppelt so viel wie ich – und das nicht etwa wegen ihrer Muskelmasse – und hatten weder eine Delle noch schlabbernde Unterarme. Wie konnte das sein? Die Antwort darauf wusste ich natürlich, soweit hatte ich in Biologie noch aufgepasst. Aber trotzdem. Das war doch total ungerecht. Als ob wir Frauen nicht schon genug Bürden zu tragen hätten! Immer noch vor mich hin schmollend, wie ungerecht die Welt doch manchmal war, ließ ich meinen Blick weiter über seinen verboten gehörenden Körper wandern.
Auf den Hüften trug er eine lockere Trainingshose und schwarz-weiß-gestreifte Turnschuhe. Und auch, wenn seine lockere Hose kaum genug Blick dafür bot, vermutete ich doch einen knackigen Hintern
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