Zuckersueßes Chaos
Pudding sah. Das war ja wohl unfassbar! Wütend stampfte ich ins Wohnzimmer hinüber und stellte mich vor den Fernseher, um ihm die Sicht zu versperren.
»Würdest du bitte aus dem Bild gehen?«, fragte er betont freundlich, doch ich rührte mich nicht vom Fleck.
»Das ist mein Pudding, den du da isst«, sagte ich und deutete auf das Schälchen in seiner Hand.
»Ups, da muss ich wohl das Namenkärtchen übersehen haben. Schmeckt übrigens ausgezeichnet«, gab er zurück und führte sich genüsslich einen Löffel in den Mund. Dieser Mistkerl wagte es auch noch, mich zu provozieren? Ich musste tief durchatmen, um nicht augenblicklich an die Decke zu gehen. Stattdessen sagte ich betont ruhig:
»Du studierst doch, Jason, ich vermute also, dass du lesen kannst und dir die beschrifteten Fächer ins Auge gefallen sind. Demnach muss ich davon ausgehen, dass du dich mit voller Absicht an meinen Pudding vergriffen hast.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und starrte ihn erwartungsvoll an. Lachend stellte er das Schälchen weg.
»Willst du dich gerade ernsthaft mit mir über Pudding streiten oder willst du nur dein Revier markieren?« Er legte die Beine hoch, schlug sie übereinander und klopfte auffordernd neben sich. Pah, als ob ich mich zu ihm setzen würde!
»Ich brauche nichts markieren, wir beide wissen, dass du hier am allerwenigsten zu sagen hast.« Ich wollte noch etwas hinzufügen, doch das herausfordernde Grinsen, das er mir zuwarf, verunsicherte mich. Wo war bloß Vicky? Mit ihm alleine zu sein, behagte mir überhaupt nicht.
»Halt dich einfach von meinem Pudding fern«, verlangte ich schließlich und marschierte an ihm vorbei.
»Ja, Ma’am«, versprach er und machte eine salutierenden Geste.
Ich hasse ihn, ich hasse ihn, ich hasse ihn!
, dachte ich, während ich die Treppe hinaufstiefelte. Ich stampfte in mein Zimmer, schloss die Tür und wollte mich gerade aufs Bett setzen, als ich inne hielt. Moment mal. Warum musste ich mich hier eigentlich in meinem Zimmer verkriechen? Jason konnte genauso gut Leine ziehen. Immerhin war er hier nur zu Gast. Kurz entschlossen griff ich nach meiner Tagesdecke und lief ins Wohnzimmer zurück.
Als ich mich mit einer Flasche Wasser und Gummibärchen neben ihn setzte, sah er mich überrascht an - was ich mit einem zufriedenen Grinsen quittierte. Doch seine Verblüffung währte nur eine Sekunde, dann schenkte er mir ein listiges Lächeln.
»Ich nehme an,
du
willst das Programm bestimmen?«, fragte er und reichte mir die Fernbedienung. Ich nahm sie ruckartig und ohne ihn eines Blickes zu würdigen, aus seiner Hand und schaltete durch das Programm. Doch meine Überlegenheit war nur gespielt, denn ich fühlte mich ganz und gar unwohl in meiner Haut. Jasons Anwesenheit machte mich nervös – man wusste nie, was hinter seinen unergründlichen Augen vor sich ging. Dennoch ließ ich mir nichts anmerken. Im Gegenteil. Ich nahm mir vor, mich ab sofort genauso locker zu geben, wie er es tat – anders würde ich seine Person die nächsten Wochen wohl auch kaum ertragen.
»Uhhh, Butterfly Effect, den habe ich noch nie zu Ende geguckt«, sagte ich mehr zu mir selbst und erhöhte die Lautstärke.
»Dann hast du echt was verpasst«, antwortete Jason und holte eine Packung Salzstangen aus einer Kommode. Ich warf ihm einen argwöhnischen Blick zu. Wollte er etwa Smalltalk halten? Ich beobachtete, wie er die Salzstangen in ein Glas füllte und direkt neben sein Getränk platzierte, anstatt sie in die Mitte zu stellen. Somit waren sie außer Reichweite meiner Hände. Aha, ein Geizhals also! Oder wollte er mich mal wieder provozieren? Ich wollte ihn schon zurechtweisen, als mein Blick auf meine Gummibärchentüte fiel, die ich selbst nicht in die Mitte gestellt, sondern am äußeren Rand des Tisches abgelegt hatte. Okay, ich war auch nicht unbedingt besser, aber im Gegensatz zu ihm hatte ich wenigstens einen Grund dafür.
Ich hatte ihm ja nicht seinen letzten Pudding weggefuttert! Ach, zum Teufel mit ihm. Sollte er doch seine blöden Salzstangen behalten, andererseits hätte ich jetzt schon Lust auf was Salziges. Unauffällig schielte ich zur Packung rüber und zuckte dann die Schultern. Was sollte er schon machen? Mir auf die Finger hauen? Ich beugte mich zu ihm und griff über sein Knie hinweg, wobei ich ihn unbeabsichtigt streifte. Dann nahm ich mir eine Handvoll Salzstangen und lehnte mich schnell wieder zurück. Er blickte mich von der Seite an.
»Du bist ja auf einmal so
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