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Zuflucht im Teehaus

Zuflucht im Teehaus

Titel: Zuflucht im Teehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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nur Birnen und Orangen und dazu Wasser. Wenn ich diese Diät durchhielt, schrumpfte mein Magen vielleicht, und ich hatte in Zukunft weniger Appetit. Der Buddhismus ging davon aus, daß man durch Askese zu emotionaler Ausgeglichenheit gelangte. Vielleicht war etwas Wahres dran, aber mein Magen knurrte trotzdem die ganze Nacht.

19
    Jemand stand neben mir, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Das Geräusch von Schritten auf der alten tatami- Matte und ein köstlicher Duft hatten mich aus dem Reich der Träume geholt. Als ich die Augen aufschlug, sah ich Akemi Mihori, die ihre Laufkleidung trug und deren Gesicht bereits mit Schweiß bedeckt war.
    »Mein Gott, sind Sie faul. Aufstehen!«
    »Wann sind Sie denn wieder zurückgekommen? Wie schön, Sie wiederzusehen!« Ich versuchte verzweifelt, meine Unsicherheit zu kaschieren.
    »Warum sind Sie nicht auf dem Laufpfad? Sie haben also mit dem Joggen aufgehört, stimmt’s?« fragte Akemi und zog mir die Decke weg. Ich hatte in einem T-Shirt geschlafen, das ich nun rasch hinunterzog, um meinen Unterleib zu bedecken.
    »Ich wollte heute abend joggen, weil ich dachte, daß Sie dann wieder da sind.«
    »Wir könnten jetzt zusammen laufen und dann etwas essen.« Sie zeigte auf eine Thermoskanne mit grünem Tee und einen Korb mit eingelegten Gemüsen und onigiri ,frischen Reisbällchen, gefüllt mit eingelegten Pflaumen, ein Gericht, das ich liebte. Die mußte ich gerochen haben, als sie hereingekommen war.
    »Könnten wir nicht nur was essen?« fragte ich voller Hoffnung. Daraufhin arrangierte sie meine erste richtige Mahlzeit seit vierundzwanzig Stunden auf dem Boden, und ich machte mich darüber her.
    »Wie war Ihr Schaukampf?« fragte ich, nachdem ich zwei Reisbällchen verschlungen hatte.
    »Schaukampf?« Sie sah mich einen Augenblick lang verständnislos an. »Ach, der. Gut. Ich habe drei Kämpfe gewonnen und ein paar Autogramme gegeben. Das Übliche.«
    »Wo hat das Ganze denn stattgefunden?« Ihre ausweichende Antwort hatte mich mißtrauisch gemacht.
    »In Osaka.«
    »Ich meine, in welchem Stadion?«
    »In einer Schule. Macht es Ihnen eigentlich Freude zu hören, wie tief ich gesunken bin?« Sie sprang von dem Futon auf, auf dem sie gesessen hatte.
    »Tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint. Ich bin im Moment auch nicht gerade ganz oben. Gestern habe ich eine Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin angenommen.«
    »Das ist ja schrecklich!« Akemi verzog das Gesicht.
    »Nun, eigentlich komme ich mir eher nützlich vor. Es ist ein kleiner Laden in der Nähe des Tempels mit der berühmten Kannon-Statue. Er heißt Maeda Antiques.« Ich schwieg einen Augenblick. »Ihre Mutter hat dort bestimmt auch schon eingekauft, oder?«
    »Keine Ahnung.« Es klang, als sei ihr meine Frage unangenehm. »Eigentlich bin ich gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie meine Dusche benutzen wollen. Ich habe das dojo versehentlich abgesperrt, bevor ich gefahren bin. Tut mir leid.«
    »Ja, eine Dusche wäre toll.« Ich warf einen kurzen Blick auf meine Uhr. »Aber es ist schon acht. Ihre Haushälterin wird bereits auf den Beinen sein.«
    »Tanaka-san ist mit meiner Mutter zu einer Tanabata-Fest-Inspektion in die Stadt gefahren. Sie kommen erst mittags zurück.«
    »Akemi, Sie wissen, daß ich nur vorübergehend hierbleiben wollte. Wenn Ihre Mutter heute vormittag nicht da ist, wäre das eine gute Gelegenheit für mich, unauffällig von hier zu verschwinden.«
    »Tun Sie das nicht!« Akemis Stimme klang überraschend schrill.
    Ich durfte ihr nicht zeigen, daß ich Angst hatte, also erklärte ich ihr ganz ruhig: »Ich möchte damit nur sagen, daß ich das Gefühl habe, Ihre Gastfreundschaft genug strapaziert zu haben. Im Englischen gibt es ein Sprichwort, das heißt: Nach zwei Tagen beginnen Fische und Gäste zu stinken. Außerdem habe ich jetzt einen Job und kann mir ein kleines Zimmer leisten.«
    »Sie müssen noch nicht gehen«, sagte Akemi. »Meine Mutter wird wegen dem Tanabata-Fest in den nächsten vier Tagen in der Stadt beschäftigt sein. Außerdem weiß niemand außer mir, daß Sie hier sind. Und Sie kochen ja keinen Fisch im Teehaus.«
    Ich goß ein wenig Tee in die Schale, aus der ich das eingelegte Gemüse gegessen hatte, schwenkte sie ein bißchen hin und her und wischte sie schließlich mit einem Papierhandtuch trocken. Um Akemi das Gefühl zu geben, daß ich zunächst im Teehaus bleiben würde, fragte ich: »Ist es in Ordnung, wenn ich diese Schale fürs erste behalte?«
    »Sie haben ja

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