Zukunftsmenue
oder Pilze zu putzen. Ich habe immer gern Lebensmittel angefasst und fand es sehr entspannend und beruhigend, stundenlang einer Tätigkeit nachzugehen, die so sinnlich und mit so guten Gerüchen verbunden war. Das ist heute noch so.
Aber nach einigen Wochen wollte ich endlich auch wissen, wie diese ganzen herrlich duftenden Speisen entstehen, und habe zugesehen, gelernt und probiert. Ich hatte geduldige Lehrmeister, die mich unterstützten. Ich durfte fragen und probieren, so viel ich wollte. Ab und an kamen wunderbare Gastköchinnen und Gastköche aus Österreich. Die besten waren zwei leidenschaftliche Köchinnen etwas reiferen Alters. In meiner Erinnerung waren sie über sechzig Jahre alt und Autodidaktinnen: Helma und Traudl. Meine Herren, die hatten was drauf! Wenn sie da waren, kam ich immer zu früh zur Arbeit, nur um zu sehen, wie sie kochten. Und was sie kochten. Das roch so gut. So anders. Dann sah es auch noch so appetitlich aus, dass ich freiwillig in Kutteln und Zunge gebissen habe. Und das, obwohl ich damals noch eine sagen wir mal recht angespannte Beziehung zu diesen Teilen eines Tiers hatte. Helma und Traudl ging alles so leicht von der Hand, als würden sie zaubern. Ich war tief beeindruckt.
In dieser Zeit lernte ich jede Menge Grundrezepte. Ich weiß noch, wie sehr ich gestaunt habe, dass man Mayonnaise so schnell und einfach selbst machen kann. Ich dachte wirklich, dass bestimmte Lebensmittel aus der Fabrik kommen und auch nur dort erzeugt werden können. Ich habe mir einfach keine Gedanken darüber gemacht, dass man jede Speise, wirklich jede, selbst zubereiten kann.
Dann stand ich in der Küche und rührte auf einmal Eier und Nüsse und Butter und Mehl zusammen, und aus dieser breiigen Konsistenz entstand ein perfekter, duftender Kuchen! Es war wie Magie! Ich war sofort süchtig danach. Süchtig danach, hinter die Geheimnisse dieser Magie zu kommen und zu begreifen, was da passiert. Aus einem rohen Stück Fleisch einen saftigen, aromatischen Braten zu zaubern, aus einem breiigen Matsch eine fluffige Farce zu kreieren, Wein, Gewürze, Wasser und Zwiebeln zu erhitzen und eine sämige Sauce zu erhalten …und das Beste war: Die Gäste liebten mein Essen – und damit auch mich. Und ich liebte das Kochen, liebte es, mehr zu lernen und auszuprobieren. Bis heute.
Die Hemmschwelle für Kochanfänger senken
Umso irritierter war ich vor einigen Jahren von gewissen Praktiken einiger meiner Koch- und TV-Kollegen. Ein unvergessener Moment meiner medialen Laufbahn war die allererste öffentliche Begegnung mit meinem TV-Kochkollegen Tim Mälzer. Damals, bei unserer ersten Begegnung, die live bei »Kerner kocht« im ZDF stattfand, kochte ich ein Dessert. Ich glaube, es waren Topfenknödel. Tim machte den Hauptgang und benutzte als Beilage Kartoffelpüree … aus der Tüte!! In meiner Naivität dachte ich – da ich vorher noch nie von ihm gehört hatte und er mir recht jung und unbedarft erschien –, er wisse eben nicht, wie einfach es ist, Kartoffelpüree selbst zu machen. So ging ich nach der Aufzeichnung sofort zu ihm hin und erzählte ihm allen Ernstes, wie man Püree kocht – nämlich: mehlige, geschälte Kartoffeln in Salzwasser so lange kochen, bis sie weich sind, durchstampfen, Butter und Sahne oder Milch dazugeben, etwas Salz und Muskat, fertig. Er starrte mich etwas ungläubig und, nun ja, etwas verächtlich an, wie ich tatsächlich so doof sein konnte, zu glauben, er wüsste nicht, wie’s geht. Ich meinerseits redete auf ihn ein wie ein Wasserfall, weil ich nicht glauben mochte, dass irgendjemand auf dieser Welt Fertigpüree kaufen, geschweige denn empfehlen würde, wenn er es einfacher, frischer und besser selbst machen kann. Ich hätte diese erste Begegnung gern auf einen Film gebannt. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen ist Tim mittlerweile einer meiner besten Freunde. Und, um bei der Wahrheit zu bleiben: Kartoffelpüree zu machen hab ich zwar nicht von ihm gelernt, aber den einen und anderen Trick und das eine oder andere hervorragende Rezept habe ich natürlich von ihm »ausgeliehen«, erbettelt oder verwienert.
Gebackene Kalbszunge mit Linsenrisotto und Karotten
Für 10 Personen
1 Kalbszunge
ca. 2 l Gemüsefond
300 g Mehl
1 Ei
300 g Semmelbrösel
500 g Butterschmalz
300 g Berglinsen
1 EL Olivenöl
100 ml Weißwein
100 g Sahne
100 g Bergkäse
Salz
Pfeffer
1 Spritzer Essig
3 Karotten
Die Kalbszunge in Gemüsefond in zwei bis drei Stunden gar kochen, danach abspülen,
Weitere Kostenlose Bücher