Zum Anbeißen süß
Konkurrenz gebrauchen. “Da du es jetzt so genießt, Vater zu sein, wie wäre es dann mit noch einem Kind?”
Ihr Vater ließ sie kaum ausreden. “Nein, ein Erbe ist genug.”
“Willst du wirklich allein in den ‘Raven’ gehen?”, fragte Julie. Sie sah stirnrunzelnd zu, wie Kate sich den Minirock aus schwarzem Leder anzog.
“Ich habe schon vieles in meinem Leben allein gemacht”, antwortete Kate. Dennoch, dieser Rock war einfach zu kurz und zu eng. Wie sollte sie sich damit hinsetzen?
“Aber der ‘Raven’ …”
Kate betrachtete sich im Spiegel. Sah sie sexy aus? Nun, zumindest würden die Männer begeistert sein, dass sie so viel Haut zeigte. Sie war noch nie so knapp bekleidet aus dem Haus gegangen. Aber sie musste es heute tun, wenn sie ihrem und damit auch dem Ruf des Vaters einen Schlag versetzen wollte. Und davon würde auch Julie sie nicht abbringen.
Kate stützte die Hände in die Hüften und sah ihre Freundin an. “Versuch nicht, es mir wieder auszureden. Schließlich war es deine Idee.”
Julie sah sie von oben bis unten an, die schwarzen Schuhe mit den hohen Stiletto-Absätzen, die langen schlanken Beine in den schimmernden Strümpfen, das hautenge trägerlose Oberteil. “Du siehst aus wie Heather Locklear in einem dieser Roadmovies.”
War das nun gut oder schlecht? Kate betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Ihr war alles andere als wohl bei dem Gedanken, auf was sie sich da einließ. Dennoch sagte sie: “Genau das wollten wir doch, oder?”
Julie schwieg. Dann sagte sie: “Vielleicht sollte Cal dich begleiten.”
“Du scherzt.” Kate begegnete dem besorgten Blick der Freundin im Spiegel. “Cal würde mit dir doch nie in so ein Lokal gehen.”
Julie legte die Hände auf den Bauch. “Nein, natürlich nicht in diesem Zustand. Aber wenn ich ihn darum bitte, begleitet er dich bestimmt.”
Kate wurde ganz warm ums Herz. Sie setzte sich neben Julie auf das Bett. “Weißt du was?”
“Was?”
Kate nahm ihre Hand und drückte sie. “Du bist das Beste, was mir jemals in dieser Stadt begegnet ist, die beste Freundin, die ich mir vorstellen kann – meine Schwester eingeschlossen.” Sie umarmte Julie. “Aber es kommt gar nicht infrage, dass du mir deinen Mann leihst. Überleg doch nur mal, was die Leute sagen würden.”
“Das ist mir egal.”
“Aber mir nicht. Schon deinetwegen. Außerdem …”, sie legte ihrer Freundin die Hand auf den Bauch, “wirst du mit deinem temperamentvollen Kind später noch genug zu tun haben.”
Dreißig Minuten später setzte Kate sich in ihren Mercedes. Sie hatte zwar keine Zweifel, dass es richtig war, was sie tat, aber nervös war sie schon. Sie war entschlossen, diese Sache durchzuziehen, vor allen Dingen nach dem Besuch bei ihrem Vater. Aber wenn ihr Gastspiel im “Raven” nun eine Enttäuschung war? Jahrelang hatten sich hier die Leute getroffen, die nicht ins Bett fanden. Man konnte Billard spielen und tanzen, irgendetwas war dort immer los.
Ihre größte Furcht war, in der Bar gar kein Aufsehen zu erregen. Sicher trugen viele Frauen knappe Miniröcke und zu viel Make-up. Wenn die Leute sie nun auch in ihrem scharfen Outfit genauso langweilig fanden wie damals die kleine Kate Sutherland auf der Highschool? Wie hieß doch der schöne Spruch? Man würde sie nicht verhaften, und wenn sie nackt über die Autobahn ginge.
Kate umfasste das Lenkrad fester. Es musste klappen. Sie fuhr durch die verlassene Innenstadt. Um zehn Uhr nachts war nicht viel los. Vor der Polizeizentrale parkten drei Streifenwagen. Kate schluckte. In demselben Gebäude befand sich ein kleines Gefängnis. Wenn alles wirklich so kam, wie sie es geplant hatte, dann würde sie in einer Stunde oder so in einer dieser Zellen sitzen. Wer sie wohl verhaften würde? Der nette Deputy, der sie ins Röhrchen hatte pusten lassen? Oder der Polizeichef persönlich?
Egal, sie würde sich davon nicht beeindrucken lassen. Heute Nacht würde man mit ihr rechnen müssen. Sie würde jedem Mann der Stadt die Stirn bieten, auch Mitch McKee, wenn es sein musste. Sie war entschlossen, ihren guten Ruf endgültig zu zerstören.
Die Ampel sprang auf Grün, und Kate näherte sich ihrem Ziel. Sie hatte alles versucht, um ihren Vater dahin zu bringen, sie zu lieben und nicht nur als Verpflichtung zu betrachten. Heute Nacht würde sie sich von einer anderen Seite zeigen. Und entweder würde ihr Vater sie jetzt endlich als seine Tochter wahrnehmen, oder ihre Beziehung zu ihm war für immer
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