Zum Anbeißen süß
wandte sich an den Barkeeper. “Larry, stell dich da an die Treppe und pass auf, dass niemand hinter die Bühne geht. Ich hole dem Chief mal eben ein Bier.”
Mitch hob abwehrend die Hand. “Nein, ich möchte jetzt kein Bier.” Warum regte er sich nur so über Kate auf? Er ging wieder zu Cal. Allmählich wurde er ruhiger.
“Hast du mit ihr gesprochen?”, fragte Cal.
“Hab ich”, antwortete Mitch brummig.
Cal trank einen Schluck Bier und wartete.
“Sie wird es nicht tun”, sagte Mitch, obwohl er keineswegs davon überzeugt war.
Das Mädchen auf der Bühne hatte seinen Tanz beendet und fing nun an, sich auszuziehen. Nach jedem Kleidungsstück wartete sie, bis die Männer mit den Fäusten auf den Tisch schlugen und “Mehr!” brüllten.
Mitch starrte abwesend auf die Bühne. Immer wieder stand ihm Kates trotziges Gesicht vor Augen. Was, um Himmels willen, hatte sie vor? Sämtliche Männer hier im Raum, er eingeschlossen, würden ihr zu Füßen liegen, auch ohne dass sie sich auszog. Allerdings schien er der Einzige zu sein, der an ihrem Verstand zweifelte.
Vielleicht war das Ganze ja eher sein Problem als ihres. Warum glaubte er, sie unbedingt vor sich selbst retten zu müssen? Vielleicht hatte sie sich total verändert, seit sie ihre Heimatstadt verlassen hatte. Wer weiß, was in Kalifornien alles passiert war.
Doch sein Polizisteninstinkt nahm ihr das böse Mädchen nicht ab. Er mit seiner Erfahrung auf diesem Gebiet konnte sich gerade in diesem Punkt nicht irren. Ihr Verhalten wirkte nicht natürlich, sondern eher so, als bemühe sie sich verzweifelt, etwas vorzutäuschen, was sie nicht war.
Sie hatte eine ganze Menge getrunken. Vorhin, als sie dem Mann kichernd in den Armen lag, hatte Mitch das dem Alkohol zugeschrieben. Aber als sie ihm vorhin auf der Treppe begegnet war, schien sie nüchtern genug gewesen zu sein, um zu wissen, was sie tat.
Die dritte Tänzerin trat durch den Vorhang, und Mitch entspannte sich etwas. Er hatte schon befürchtet, Kate würde gleich als Nächste auftreten, um ihn zu ärgern.
“Sie wird es nicht tun”, sagte Mitch wieder.
Cal schwieg.
“Welche Musik willst du?”, fragte der DJ und reichte Kate eine Liste.
Kate nahm das Papier mit zitternden Händen in Empfang. “Suchen Sie etwas aus”, sagte sie schnell und gab ihm das Blatt wieder zurück.
“Wonach willst du denn tanzen?”
“Ich kann nicht gut tanzen.”
Der DJ nickte langsam. “Gut. Dann etwas Langsames. Du brauchst dich nur im Rhythmus zu bewegen.”
Laura sah sie stirnrunzelnd an. “Du hast nicht viel an, was du ausziehen könntest”, sagte sie und wies auf Kates Minirock und das knappe Oberteil. “Was hast du unter dem Rock an?”
Gehorsam hob Kate den Rock. Die schwarzen Strapse passten zu dem schwarzen Spitzenslip. “Verdammt, Mädchen!”, stieß Laura hervor. “Das kann einen Aufstand geben.” Dann verfiel sie wieder in ihren üblichen geschäftsmäßigen Ton. “Ich rate dir, zuerst den Rock fallen zu lassen, aber lass dir dabei Zeit. Dann die Schuhe, die Strapse und die Strümpfe. Das Oberteil zum Schluss, verstanden?”
“Ich habe so was noch nie gemacht”, platzte Kate heraus. Allmählich dämmerte ihr, dass einige der Mädchen in diesem Punkt schon mehr Erfahrung hatten.
Laura kam etwas näher. “Ich sag dir mal was, was die meisten Mädchen nicht wissen. Die wirklich guten Stripperinnen suchen sich im Publikum einen Mann aus, für den sie sich ausziehen. Tu so, als sei er dein Geliebter. Dann gibt sich das mit der Nervosität, glaub mir.”
Die fünfte Tänzerin war gerade erst abgetreten, aber die Menge war schon wieder unruhig. Ein paar Männer hämmerten mit den Fäusten auf die Tische und riefen nach Kate. Sie gingen offenbar von der falschen Vorstellung aus, dass die Beste zuletzt kam. Das wird eine Enttäuschung geben, dachte Kate, während sie versuchte sich zu beruhigen.
“Fertig?”, fragte Laura.
Kate nickte.
Laura gab dem Barkeeper ein Zeichen.
“Sie wird es nicht tun.”
Mitch war zumute, als müsse er beten, aber er wusste nicht, worum. Wahrscheinlich, dass Kate doch der Mut verließ. Seine Standpauke vorhin hatte nichts bewirkt. Im Gegenteil, Kate hatte durchaus Nervenstärke bewiesen. Aber er ging doch davon aus, dass sie sich wieder in die schüchterne kleine Katie verwandeln würde, die er zwei Jahre lang nicht aus den Augen gelassen hatte, ohne ihr jedoch nähergekommen zu sein.
Der Vorhang teilte sich, und Mitchs Herz schlug wie verrückt.
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