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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Verstand als die meisten Menschen«, sagte Mary Vance. »Hätte je einer von uns gedacht, dass es so weit kommen würde? Ich habe die ganze Nacht geheult, weil ich an Jem und Jerry denken musste. Ich finde, die sind völlig wahnsinnig. Miller hatte auch die verrückte Idee zu gehen, aber das habe ich ihm schnell ausgeredet, und seine Tante hat ihm auch ordentlich die Meinung gesagt. Zum ersten Mal im Leben sind Kitty Alec und ich einer Meinung. Ein Wunder, das wahrscheinlich kein zweites Mal passiert. Da ist übrigens Ken, Rilla!«
    Rilla wusste, dass Kenneth da war. Sie hatte ihn schon von Leo Wests Wagen herunterspringen sehen. Jetzt kam er lächelnd auf sie zu.
    »Na, du versuchst wohl, die tapfere Schwester zu spielen? Was für eine Versammlung! Nun ja, in ein paar Tagen bin ich auch weg, ich fahre wieder nach Hause.«
    Rilla überkam plötzlich ein Gefühl der Verlassenheit.
    »Aber warum? Du hast doch noch einen Monat Urlaub!«
    »Ja, aber ich kann nicht hier in Four Winds herumhängen und mich amüsieren, wenn auf der ganzen Welt Krieg ist. Vielleicht kann ich mich in Toronto trotz dieses verdammten Knöchels nützlich machen. Ich kannjem undjerry nicht in die Augen sehen vor Neid. Ihr Mädchen seid großartig: keine Tränen, keine Leidensmiene. Die Jungen werden guten Gewissens losziehen. Ich hoffe bloß, dass Persis und Mutter auch so mutig sind, wenn ich an der Reihe bin.«
    »Oh, Kenneth! Der Krieg ist bestimmt zu Ende, bevor du an der Reihe bisst!«
    Da! Schon wieder hatte sie gelispelt! Wieder ein großer Augenblick ihres Lebens zunichte gemacht! Das Schicksal wollte es wohl so. Und außerdem, was machte das schon. Kenneth war ohnehin schon weit weg von ihr. Er unterhielt sich eben mit Ethel Reese, die - um sieben Uhr morgens! - dasselbe Kleid trug wie auf der Party neulich und heulte! Wieso heulte diese Ethel bloß? Von den Reeses war doch niemand da in Uniform. Rilla hätte am liebsten auch losgeheult, aber das kam nicht in Frage! Was sagte da die schreckliche alte Mrs Drew zu ihrer Mutter, in ihrem weinerlichen Ton: »Wie können Sie das nur aushalten, Mrs Blythe? Ich könnte es nicht, wenn das mein armer Junge wäre.« Und Mutter! Auf Mutter konnte man wirklich immer zählen! Wie ihre grauen Augen aufblitzten in ihrem blassen Gesicht! »Es hätte schlimmer kommen können, Mrs Drew, wenn ich ihn hätte überreden müssen.« Mrs Drew verstand nicht, was sie meinte. Aber Rilla verstand. Stolz warf sie den Kopf in den Nacken: Ihr Bruder brauchte nicht überredet zu werden!
    Rilla stand gedankenverloren da und lauschte den unzusammenhängenden Wortfetzen der Leute, die an ihr vorübergingen.
    »Ich habe zu Mark gesagt, er soll warten, bis vielleicht ein zweiter Aufruf kommt. Dann hätte ich ihn gehen lassen, aber so -«, sagte Mrs Palmer Burr.
    »Ich denke, ich werde mir eine Samtschärpe dazu machen lassen«, sagte Bessie CIow.
    »Ich mag meinem Mann gar nicht ins Gesicht sehen vor Angst, dass er womöglich auch gehen will«, sagte eine junge Braut aus Overharbour.
    »Ich hab ja solche Angst«, sagte die schrullige Mrs Jim Howard. »Ich hab Angst, Jim meldet sich freiwillig. Andererseits hab ich Angst, dass er es nicht tut!«
    »Bis Weihnachten ist der Krieg vorbei«, meinte Joe Vickers. »Sollen doch die Europäer den Krieg unter sich austragen«, sagte Abner Reese.
    »Als er noch ein Kind war, habe ich ihm oft eine Tracht Prügel verabreicht«, rief Norman Douglas, der anscheinend irgendein hohes Tier aus militärischen Kreisen in Charlottetown damit meinte. »Jawohl, Sir, den hab ich ganz schön verdroschen, diesen Teufelskerl.«
    »Die Existenz des britischen Imperiums steht auf dem Spiel«, sagte der Methodistenpfarrer.
    »So eine Uniform hat wirklich ein gewisses Etwas«, seufzte Irene Howard.
    »Dieser Krieg ist die reine Geschäftemacherei, wenn ihr mich fragt, und er ist es nicht wert, dass auch nur ein Tropfen gutes kanadisches Blut dafür vergossen wird«, sagte ein Fremder vom Strandhotel.
    »Erstaunlich, wie leicht die Blythes damit fertig werden«, meinte Kate Drew.
    »Diese unerfahrenen Dummköpfe gehen doch bloß aus Abenteuerlust weg«, brummte Nathan Crawford.
    »Ich habe absolutes Vertrauen in Kitchener«, sagte der Doktor von Overharbour.
    »>Es ist ein langer, langer Weg nach Tipperary<«, summte Rick MacAllister.
    Innerhalb von zehn Minuten strömte das alles auf Rilla ein: Ärger, Lachen, Verachtung, Niedergeschlagenheit und Begeisterung. Ihr wurde ganz schwindelig davon. Die Leute

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