Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
Messer auf die Brust setzen. Obwohl sie genau wusste, was er vorhatte, war sie wie paralysiert. Sich gegen ihn aufzulehnen, dazu fehlte ihr die Kraft.
Ihr Mund öffnete sich für ihn wie eine verlockende Blüte, und seine Lippen verschmolzen mit den ihren. Witterten den süßen Nektar. Er lockerte die schraubstockfeste Umklammerung ihrer Gelenke, ließ seine Handflächen über ihre kreisen. Tastende Finger verschränkten sich mit ihren.
Seine Zunge drängte zwischen weiche, sehnsuchtsvolle Lippen. Seine Hüften schmiegten sich an ihr Becken, derweil er Andy unnachgiebig gegen die Tür
stemmte. In dieser Position rieb er seine Lenden wollüstig an ihrem Unterleib, während seine Zunge unerbittlich in ihren Mund stieß.
Er hatte ihr bewusst wehtun, sie in ihrer Weiblichkeit brüskieren und mit seinen schamlosen Intimitäten demütigen wollen. Gleichwohl kehrte sich sein Vorhaben unversehens ins Gegenteil um. Die Verachtung wich Verlangen. Die brutale Provokation seines Körpers erlahmte, wurde sanfter, sinnlicher. Er hauchte ihren Namen.
Andy durchlebte ein Wechselbad der Gefühle: Sie hasste ihn dafür, dass er sie auf ein willenloses Sexobjekt reduzierte, sobald er sie nur anfasste. Und begehrte ihn trotzdem, verzehrte sich nach ihm, sehnte sich nach seiner Liebe. Er war ihr Traummann. In ihrem Leben gab es nur noch den einen – Lyon. Lyon. Lyon. Lyon.
Ebenso spontan, wie er sie gepackt hatte, stieß er sie von sich. Ließ sie los, als hätte er sich empfindlich die Finger verbrannt. Sein Atem ging so aufgewühlt, als hätte er eben einen Marathonlauf absolviert. »So, und jetzt kannst du Les alles brühwarm und in sämtlichen Einzelheiten verklickern. Bestimmt wartet er schon sehnsüchtig auf einen abschließenden Bericht.«
Seine Äußerung brachte sie vollends aus dem Konzept. Sie schäumte vor Wut und Empörung. »Du …« Sie schnappte nach Luft. »Du verlogener, arroganter Idiot. Denkst du etwa …«
»Lyon! Lyon!«
Sie hörten die Panik in Gracies Stimme und stürzten hinaus auf die Empore. Die Haushälterin stampfte ächzend die Treppe hinauf. »Lyon, Dr. Baker sagt, es ist dringend. Der General …«
9. Kapitel
D er Wind riss an ihren Haaren und trocknete die Tränen, die unaufhaltsam über ihre Wangen rollten. Sie fuhr mit geöffnetem Seitenfenster und wünschte sich, es gäbe ein wirksames Heilmittel für ihren Herzschmerz.
Nachdem sie wieder halbwegs klar denken konnte, ließ Andy den Schmerz und die Resignation der vergangenen Stunde noch einmal vor ihrem geistigen Auge vorüberziehen.
Sie und Lyon waren im Eiltempo die Treppe hinuntergerannt. Er war im Schlafzimmer seines Vaters verschwunden, währenddessen hatte sie die aufgelöste Gracie getröstet. Als der Arzt endlich aus dem Zimmer trat, hatte er auf ihren fragenden Blick hin nur bedauernd den Kopf geschüttelt. Nach etwa einer halben Stunde war Lyon aus dem Raum gekommen, gefasst, aber sichtlich erschüttert. Er würdigte Andy keines Blickes, derweil er sich leise mit dem Arzt austauschte. Kurze Zeit später war die Ambulanz eingetroffen, und Andy hatte mit schreckensgeweiteten Augen verfolgt, wie die Sanitäter den verhüllten Leichnam von General Michael Ratliff in den Wagenfond geladen hatten. Sie sah Lyon nach, als er
dem Krankenwagen mit seinem Pkw über die gewundene Auffahrt folgte.
Sie hatte Gracie in ihrer tiefen Trauer zurücklassen müssen. Die Haushälterin würde alle Hände voll mit den Vorbereitungen für die Beerdigung zu tun haben – das lenkte sie gewiss von ihrem ersten Schmerz ab. Und sie würde Lyon mit liebevollem Verständnis zur Seite stehen. Immerhin gut, das zu wissen, seufzte Andy.
Als sie vor dem Motel anhielt, war der Himmel in ein tiefes Indigoblau getaucht. Demnach war ihre Crew bestimmt schon gemeinsam mit Les zum Abendessen gegangen, tippte sie. Kurz entschlossen bezog sie das für sie reservierte Zimmer, dessen Einrichtung und Bad an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten waren.
Sie schloss von innen ab, legte den Hörer neben das Telefon und kuschelte sich ins Bett. Die nächsten acht Stunden zwang sie sich zu schlafen, was nicht recht klappen wollte.
»General Ratliff, der letzte noch lebende Fünfsternegeneral aus dem Zweiten Weltkrieg, lebte nach seinem frühzeitigen Ausscheiden aus der Armee seit 1946 auf seiner Ranch in Kerrville, Texas. Der General verstarb nach langer Krankheit friedlich in seinem Haus. Private Beileidsbekundungen werden morgen auf der Ranch entgegengenommen.«
Andy
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