Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
»Zum Kotzen.«
Keiner von ihnen fragte nach den Bombenattentaten.
Frank besorgte uns einen Hubschrauber und bot Mike und Don eine Tour über unser Einsatzgebiet an. Gerade zog ein Sturm herauf. Es regnete bereits und die Wolken hingen tief. Don fragte, ob wir den Flug nicht auf einen anderen Tag verschieben sollten, an dem die Sicht besser sein würde.
»Heute ist ein guter Tag«, sagte Giff. »Die Wolken werden den Hubschrauber verbergen.«
»Sollen wir unsere Seitenwaffen mitbringen?«, fragte Mike.
Frank rollte die Karte unseres Einsatzgebiets zusammen. »Ihr müsst eure volle Kampfausrüstung anlegen«, sagte er mit ruhiger, unaufgeregter Stimme.
Sie stiegen schließlich in einen Huey, während ich zur Iwo Jima hinübergeflogen wurde, wo die Boat-Crews Charlie und Delta gerade ihren CSAR-Dienst verrichteten. Der Sturm war noch schlimmer geworden. Meer und Himmel waren nur noch eine einheitlich graue Fläche. Es regnete in Strömen, als ich aus dem Hubschrauber auf den Landepunkt auf dem Flugdeck der Iwo Jima hinaussprang.
Ich fand die Jungs im Bauch des Schiffes vor. Sie hatten ein geräumiges Quartier zugewiesen bekommen und spielten Karten. Diese CSAR-Schicht war unser letzter Einsatz. Danach würden wir zurück auf die Portland gebracht werden und aus dem Libanon abziehen. Niemand erwartete, dass bis dahin noch etwas geschehen würde.
Zum Abendessen gab es Pizza. Der abendliche Spielfilm war Tora! Tora! Tora! Er sollte sich als prophetisch erweisen.
Am nächsten Morgen klopfte ein Marine an die Tür meiner Kajüte und informierte mich, dass mein Erscheinen im Flag Plot gewünscht werde. Der Flag Plot war der Kommandoraum des Commodore, seine Einsatzzentrale. Ich war mir sicher, dass ich nicht zum Kaffeetrinken eingeladen worden war. Auf dem Weg nach oben ging ich deshalb erst einmal bei den Jungs vorbei und befahl ihnen, ihre Kampfmontur anzulegen, ihre Waffen einsatzbereit zu machen und sich auf einen Einsatz vorzubereiten.
»Willst du uns verarschen?«, rief Bubba erstaunt.
»Das will ich schwer hoffen«, erwiderte ich.
Eine Woche bevor wir unsere Schicht auf der Iwo Jima begonnen hatten, waren Franks Boat-Crews ausgerückt, um bei einem größeren amerikanischen Luftangriff als CSAR-Einheit mitzuwirken. Vom Flugzeugträger Dwight D. Eisenhower sollten mehrere Staffeln Intruders, Corsairs und Tomcats aufsteigen, um einen sogenannten Alpha Strike, einen massiven, zerstörerischen Luftangriff, durchzuführen. Alle einsatzbereiten Kampfflugzeuge der Eisenhower wurden mit Bomben und anderer Angriffsmunition bestückt, starteten und flogen auf den Libanon zu, um Ziele im Schuf-Gebirge und dem Bekaa-Tal in Schutt und Asche zu legen. Aber dieser Luftschlag sollte nie stattfinden. In letzter Minute zog Washington den Stecker und blies den Angriff ab. Die Maschinen drehten um, warfen ihre Bomben ins Meer und kehrten zum Flugzeugträger zurück. Dieser abgebrochene Angriff war die einzige Vergeltungsaktion, die die Reagan-Regierung jemals für das Bombenattentat auf die Marine-Unterkunft unternommen hat. Uncle Sam hatte den Schwanz eingezogen, und die Angelegenheit wurde jahrelang geheim gehalten. Welchen Effekt der Vergeltungsschlag auf die Moral der Marines gehabt hätte, kann man sich leicht ausmalen.
Als ich den Flag Plot betrat, informierte mich der Chief of Staff, dass es doch noch einen zweiten Luftangriff geben werde. Allerdings keinen amerikanischen, sondern einen französischen. Die Franzosen hatten natürlich ihre ganz eigenen Gründe. 38 Sekunden nachdem die Lastwagenbombe das Hauptquartier der US-Marines zerstört hatte, war eine zweite Fahrzeugbombe vor der Unterkunft einer französischen Fallschirmjägerkompanie in Westbeirut explodiert. Bei diesem Anschlag kamen 58 Franzosen ums Leben und über 100 wurden verletzt. Jetzt wollten sie diese Rechnung begleichen, bevor das Spiel vorbei war. Als Vergeltung für die französischen Opfer würden Super Étendards vom Flugzeugträger Maréchal Foch aufsteigen und das Hauptquartier und eine Trainingseinrichtung der Hisbollah östlich von Beirut zerstören. Da die Franzosen jedoch über keine Spezialtruppen zur Bergung abgeschossener Flugzeugbesatzungen verfügten, hatten sie um ein SEAL-Team gebeten, das diesen CSAR-Einsatz durchführen konnte.
»Wann findet der Angriff statt?«, fragte ich.
»In zwei Stunden«, war die Antwort.
Auch dieses Mal sollten sich Giffs Detailgenauigkeit und Umsicht bewähren. Das CSAR-Team hatte bereits einen
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