Zum Sterben schoen
und Lonnie verlassen, ohne dich noch einmal umzuschauen.«
Lloyd riss langsam Streifen von dem Löschpapier auf der Schreibunterlage. Er hielt den Blick abgewandt, während er fragte: »Du wirst Lonnie doch nicht erzählen, was ich vorhabe, oder? Der Junge glaubt, er bekommt eine dicke Scheibe von dem Geld ab, und ich will weit weg sein, bevor ihm klar wird, dass er keinen Cent abkriegt.«
»Ich werde ihm überhaupt nichts sagen, solange du weiter kooperativ bist. Haben wir uns verstanden? Jetzt zu diesem Buchanan –«
Lloyds Kopf flog zurück. »Wer?«
Brenners Hand ballte sich zu einer Faust, mit der er Lloyd in sein fettes Gesicht schlagen wollte, aber jetzt spürte er, dass ihm seine Knöchel schmerzten. Als er einen Blick herunterwarf, sah er die Blutflecken auf seinem Hosenbein. Scheiße. Er würde sich wieder umziehen müssen. Der Schein musste gewahrt bleiben, und nicht makellos perfekt auszusehen konnte er nicht ausstehen.
»Egal«, murmelte er, als er in das Badezimmer hinter seinem Büroraum ging, um sich die Hände zu waschen.
Schließlich erinnerte Lloyd sich, wer Buchanan war. »Ich wünschte, du würdest mich zu Laurants Haus zurückgehen lassen, damit ich mich mit diesen Freunden unterhalten kann. Vielleicht sind sie ja noch da.«
Lloyds näselndes Gejammer ging Steve auf die Nerven. Er hatte keine Geduld mit begriffsstutzigen Menschen, und wenn der Sheriff kein notwendiges Bestandteil in seinem großen Plan gewesen wäre, hätte es ihm größtes Vergnügen bereitet, ihn fürchterlich zu verprügeln. Noch besser, er hätte Lonnie befohlen, es für ihn zu erledigen, und dabei zugeschaut. Der Junge tat, was immer Steve ihm sagte, weil er, genau wie sein Vater, motiviert war von Gier, Hass und Versagen.
Er wusch sich die Hände, tupfte sie mit einem Papierhandtuch trocken und faltete es ordentlich zu einem Quadrat, bevor er es in den Mülleimer warf. Darauf griff er in seine Gesäßtasche, zog den Kamm heraus und glättete vor dem Spiegel sein Haar. »Wo ist Lonnie jetzt?«, rief er.
»Ich weiß es nicht. Er sagt mir nie, wohin er geht. Wenn er seinen faulen Arsch schon aus dem Bett geschwungen hat, ist er vermutlich unten am See, angeln. Warum willst du das wissen?«
Es war Zeit für die Lektion. Laurant musste lernen, dass er sich nicht mit irgendwelchen Konkurrenten abfinden würde.
»Egal. Such ihn und schick ihn zu mir.«
»Ich muss zuerst mein neues Auto abholen.«
»Du musst zuerst tun, was ich dir sage, dann kannst du dein verdammtes Auto holen. Ich sagte, geh und such Lonnie.«
Der Sheriff schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Aber was soll ich ihm sagen?«
Steve kam ins Büro zurück. Lächelnd antwortete er: »Sag ihm, dass ich einen Job für ihn habe.«
19
Laurant dehnte ihren Besuch bei den Vandermans absichtlich aus. Sie brauchte Zeit, um sich für die Prüfung zu wappnen, die ihr bevorstand.
Binnen kürzester Zeit hatte sich alles verändert. Ihr Zuhause war für sie immer ein sicherer Zufluchtsort gewesen, ein Heiligtum, in dem sie nach einem harten Arbeitstag Frieden und Ruhe finden konnte. Das hatte er ihr genommen, der Mann, den das FBI als unbekannten Täter bezeichnete. Dieser unbekannte Täter zerfetzte ihr Gemüt in winzig kleine Schnipsel.
Wie lange beobachtete er sie schon? Saß er heute Abend in einem gemütlichen Sessel und beobachtete sie? Laurant wurde bleich bei dem Gedanken. Bald würde sie in ihr Schlafzimmer gehen und sich für das Bett zurechtmachen, während die Kamera jede Bewegung verfolgte.
Plötzlich verspürte sie den Drang, ihre Tennisschuhe anzuziehen und zu laufen. Natürlich konnte sie das nicht. Es war dunkel draußen, und das gehörte nicht zu dem von Wesson gebilligten Tagesablauf. Dennoch hätte Laurant es gerne getan. Mit dem Laufen hatte sie angefangen, als sie vom Krebs ihres Bruders hörte. Es war ein Ventil, eine Möglichkeit, mit der Angst fertig zu werden. Sie liebte die körperliche Anstrengung, trieb sich selbst bis an ihre Grenzen, schneller und schneller, bis sie einen klaren Kopf bekam und sich nur noch auf das Klopfen ihres Herzens konzentrierte, das Knacken der Zweige unter ihren Füßen und den Rhythmus ihres Atmens, wenn sie den holprigen Weg um den See entlanglief. Sie bemerkte ihre Umgebung nicht mehr, wenn sie sich ins Zeug legte, stärker und stärker, bis die gesegneten Endorphine ihr ins Blut schossen und ihr Energie schenkten. Für eine kurze Zeit war die Panik verflogen, und sie fühlte sich fantastisch
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