Zum Sterben schoen
bedeutet, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten zu müssen. Ich glaube, dass sie das tun.«
Nick versuchte, einen besseren Blick auf Willie Lakeman zu ergattern, aber er hatte der Straße den Rücken zugewandt und trug eine Baseballkappe. Nick bezweifelte, dass er sein Gesicht deutlich erkennen konnte, selbst wenn er sich herumdrehte. Anscheinend hatte Willie ungefähr die gleiche Größe und das gleiche Gewicht wie Justin.
Er beschloss hinüberzugehen und Hallo zu sagen. Vielleicht bekam er den dritten Mieter dazu, herauszukommen, damit er auch ihn einschätzen konnte. Als er Laurant gähnen hörte, änderte er seine Pläne. Sie war dabei, im Stehen einzuschlafen.
»Nun komm, Liebling. Wir wollen dich zu Bett bringen.«
Sie folgte ihm zum Auto und half ihm, das Gepäck hereinzutragen. Das Haus war dunkel, abgesehen von einer kleinen Schreibtischlampe neben dem Telefon, die Vorhänge waren geschlossen. Das Telefon klingelte, gerade als sie mit ihrer Übernachtungstasche die Treppe hinaufgehen wollte. Sie ließ sie auf den Boden fallen und eilte ins Wohnzimmer. Nick hatte sie gewarnt, dass immer mindestens ein FBI-Agent in ihrem Haus sein würde. Deshalb überraschte es sie nicht, als die Schwingtür zur Küche aufging und ein Mann in schwarzer Hose und einem langärmligen weißen Hemd, das bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt war, auf sie zueilte. An seinem Gürtel war eine Pistole befestigt, in der Hand hielt er ein Sandwich.
Er war vor ihr am Telefon, das auf dem Schreibtisch zwischen Wohnzimmer und Esszimmer stand, überprüfte die Identität des Anrufers und setzte einen Kopfhörer auf, der unten an das Telefon montiert war; dann signalisierte er ihr abzuheben.
Anhand der Nummer im Display wusste sie, dass Michelle Brockman anrief. Sie war Laurants beste Freundin und würde bald heiraten.
»Hallo. Woher wusstest du, dass ich zurück bin?«
»Du bist hier in Holy Oaks, hast du das vergessen?«, antwortete Michelle. »Hat dich in Kansas City tatsächlich ein Mann bedroht? Wenn das stimmt, lasse ich nicht zu, dass du diese Stadt jemals wieder verlässt.«
»Keine Sorge«, beruhigte Laurant ihre Freundin. »Das war nur so ein Typ, der sich für komisch hielt. Die Behörden haben die Sache überprüft und gesagt, das brauche man nicht ernst zu nehmen.«
»Gott sei Dank«, seufzte Michelle. »In Ordnung, erzähl mir, wer dieser sexy Typ ist.«
»Wie bitte?«
Michelle brach am Telefon in Gelächter aus. Dieses Geräusch brachte Laurant immer zum Lächeln. Es kam tief aus dem Bauch und war erfüllt von überschäumender Freude und Übermut. Sie hatten sich beim monatlichen Fischgrillen kennen gelernt. Laurant war erst eine Woche in der Stadt gewesen und hatte ihre Sachen noch nicht einmal ausgepackt, als Tommy für einen guten Zweck ihre Dienste in der Küche angeboten hatte. Michelle war ebenfalls dorthin abkommandiert worden.
Spontan entwickelte sich eine Freundschaft. Sie waren das genaue Gegenteil. Laurant war reserviert, Michelle überschwänglich. Sie war aber auch rücksichtsvoll. Lorna Hamburg hatte Laurant in eine Ecke gedrängt und versuchte, so viel persönliche Informationen wie möglich aus ihr herauszuquetschen, weil sie einen Artikel über den Neuankömmling – oder die Fremde aus Chicago, wie sie es nannte, – schreiben wollte. Michelle zerrte Laurant weg von dieser Person, die ständig ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten steckte, und ließ nicht zu, dass Lorna sie belästigte. Von diesem Moment an wurden sie beste Freundinnen.
»Ich fragte, wer ist er?«
»Ich weiß nicht, von wem du überhaupt redest«, erwiderte Laurant, die ihre Freundin absichtlich noch ein bisschen schmoren ließ.
»Hör auf, mich auf den Arm zu nehmen. Ich sterbe vor Neugierde. Ich will es wissen. Wer ist der sexy Mann, den du mit nach Hause gebracht hast?«
»Er heißt Nicholas Buchanan. Erinnerst du dich, dass ich dir erzählt habe, dass mein Bruder als Jugendlicher bei den Buchanans lebte?«
»Ich erinnere mich.«
»Nick ist Tommys bester Freund«, erklärte sie. »Bis letztes Wochenende habe ich ihn aber nie persönlich gesehen.«
»Und?«
»Und was?«
»Bist du schon mit ihm ins Bett gegangen?«
Laurant spürte, wie sie rot wurde. »Eine Sekunde, bitte.«
Sie legte die Hand über die Sprechmuschel ihres altmodischen Telefons und flüsterte dem FBI-Agenten zu: »Müssen Sie auch bei diesem privaten Gespräch mithören?«
Der Beamte bemühte sich, nicht zu lächeln. Er streifte den
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