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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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den letzten zehn Jahren, den Jahren mit Müller, hatte es glanzvolle Zeiten gegeben, in denen er die abgelegten Groupies des Erfolgsproduzenten auftrug, es hatte Orgien gegeben, Verschwörungen, Intrigen und Geschäftsreisen durch die Puffs dieser Welt. Er hatte sich mit unermüdlichem Eifer nützlich gemacht, er hatte Erkundigungen eingeholt, Fakten zusammengetragen, Listen aufgestellt, aber die Zeiten hatten sich geändert, und das Herrschaftswissen, das Gürkchen früher unentbehrlich gemacht hatte,googelte inzwischen jeder Praktikant in drei Minuten zusammen. Nun galt es nur noch, Müllers Gnadenbrot zu essen, sich aufs Altenteil zu freuen und auf die Erbschaft zu hoffen, die Müller in Aussicht stellte. Alles, was Gürkchen war, war er durch Müller, und alles, was er sein würde, würde er durch Müller sein.

DIE KLEINEN WIRFT MAN ZURÜCK INS WASSER
    Während mir Kuki weitere Komplimente für ihre Schauspielkunst entlockte, wofür ich den kalten Braten, von dem ich mir soeben eine Scheibe abschneiden wollte, wieder fahrenließ, widmete sich Müller nun ausschließlich den Blondinen und bewegte sich ohne Umschweife auf das Ziel zu.
    Dabei sprach er mit vollem Mund und wechselte beliebig vom Du zum Sie und zurück. Es war die Unverfrorenheit, mit der seine Gesprächsführung bestach, es war die Erotik totaler Skrupellosigkeit, aber vor allem war es sein monströses, von Macht und Erfahrung gespeistes Selbstvertrauen: Gefällt Ihnen das Haus? (Können Sie haben!) Der Weinkeller? (Können Sie haben!) Der scharfe weißhaarige Don Juan auf Rädern? (Können Sie haben!)
    Er belegte eine Semmel mit Salamischeiben, stellte pro Salamischeibe einem der Mädchen eine belanglose Frage und verschlang alsbald die Semmel und die Mädchen. »Was darf ich Ihnen nach dem Essen Gutes tun, meine Damen? Ein Grappa, ein Zitroneneis, etwas Geschlechtsverkehr?«
    Kuki lachte rau, schlang ihre Ebenholzarme um die Mädchen, die sie bisher komplett ignoriert hatte, und drohte Müller schelmisch mit einem Zeigefinger, lang wie ein Taktstock. Für einen Moment herrschte Stille. In diese Stille hinein sagte Veronika: »Ich gehe!«
    »Hasta la vista, Baby«, sagte Müller. »Pilz fährt dich, wohin du willst.«
    Ich starrte auf meinen Teller. Veronika, die die Lage falsch eingeschätzt hatte, erhob sich und stand einen Moment lang unschlüssig herum. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie begriff, dass sie sich gerade selbst verstoßen hatte. Dann wandte sie sich grußlos gen Tür. Ich hatte noch bis zum letzten Moment damit gerechnet, dass Müller sie zurückhalten würde, aber der war bereits damit beschäftigt, den Fettrand vom Wacholderschinken zu zupfen.
    »Warum?«, fragte ich ihn.
    »Ich ess den nie mit.«
    »Ich meine, warum lassen Sie sie gehen?«
    »Wen?«
    »Veronika.«
    »Ach die. Na, die Kleinen wirft man zurück ins Wasser.«
    Kuki griff über den Tisch und packte mich an der Krawatte. »Pass auf, Kleinah«, rief sie, »sonst werfen wir dich auch zurück ins Wasser!«
    Ich erhob mich vom Tisch, wobei ich einen Diener machte, wie es Mutter mich gelehrt hatte, und bat Miss Marple, mir die Toilette zu zeigen. Wortlos schlurfte sie vor mir her bis auf den Flur.
    »Besetzt«, sagte Veronika, die verheult an der Eingangstür stand und auf Pilz wartete, der sie abtransportieren sollte. Gürkchen war im Gästebad. Das kam mir gerade recht.
    »Sie waren die beste Freundin von Felicitas Müller«, sagte ich ohne Umschweife.
    »Na ja«, sie sah mich an, »das war off and on. Wir hatten unsere Krisen.«
    Sie war eine perfekte Blondine. Das Gesicht fein geschnitten und symmetrisch, die Kurven ausladend wie die von Marilyn Monroe. In diesem Moment der Demütigung hatte sie auch den Hochmut verloren, der sie im täglichen Leben vor zudringlichen Männern rettete. Ihre schönen Beine hielten sie nicht mehr, sie rutschte an der Wand herunter und hockte dort, als wollte sie sich in einen hässlichen Frosch verwandeln.
    »Männergeschichten?«, fragte ich leichthin.
    Veronika zeigte in Richtung Küche. »Sie hat mich ausgestochen und sich den Müller geangelt.«
    »Dann haben Sie doch jetzt freie Bahn?«
    Sie warf mir einen zutiefst missbilligenden Blick zu, und ich unterdrückte den Impuls, ihr die verlaufene Wimperntusche abzuwischen, die Bahnen durch ihr süßes Gesicht zog.
    »Das lief ja nachher alles parallel«, sagte sie, »Felicitas war mittwochs hier, und ich war freitags hier. Aber jetzt bin ich schon wieder

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