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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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schwarz wie die Nacht war, mit kehliger Stimme und blitzenden Augenbällen. »Sei brav, sonst kommt der schwarze Mann«, hatte seine Mutter immer gesagt, als er ein Kind war, daran musste Pilz denken.
    Auf der Rückbank, wo man zu dritt saß, wurde nun diskutiert, welche der Damen zuerst nach Hause gefahren werden sollte. Die Adresse von Frau Bobito lag näher, also war Pilz davon ausgegangen, dass man erst zu ihr führe.
    Der Boss hatte aber gesagt: »Erst zum Leuchtturm!«
    Das passte Frau Müller nicht und löste einen weiteren Tumult aus. Pilz hatte nicht in den Rückspiegel geschaut, aber er hatte um Müller gefürchtet, um sein Auto, nicht zuletzt um sich selbst. Er hatte die Ohren verschlossen, aber dennoch jedes Wort gehört, das Frau Müller zu Frau Bobito gesagt hatte. Sie hatte in der Mitte zwischen Frau Bobito und dem Boss gesessen und in einer Lautstärke gesprochen, die ein Weghören unmöglich gemacht hatte: »Darf ich vorstellen? Das ist mein entfernter Bekannter, Herr Dr. Müller. Er liebt die Frauen, müssen Sie wissen, besonders die jungen. Er braucht eine neue Geliebte, und wenn Sie Glück haben, sind Sie seine letzte. Sie müssen sich zwar gelegentlich von seinen Kumpels vögeln lassen, aber es gibt immer Champagner. Er rezitiert gern, vielleicht lesen Sie sich da vorher bisschen ein, Rilke, Benn, Trakl, das Übliche. Ach, undfalls Sie Schamhaare haben, sollten Sie die umgehend entfernen. Klamotten immer schön nuttig, aber da brauchen Sie ja nix ändern.«
    Frau Bobito war Frau Müller nichts schuldig geblieben: »Hör mal, du anorektisches Frettchen mit deinen bunten Kontaktlinsen. Du bist weg vom Fenster. Du bist nix als eine Schreibsklavin. Deine einzige Aufgabe ist es, mich berühmt zu machen. Kapisch? Und jetzt hopphopp, ab in den Plattenbau!«
    Frau Müller hatte daraufhin Frau Bobito geohrfeigt. Frau Bobito war Frau Müller an den Hals gegangen, so weiß wie Schnee, sie hatte mit ihren langen Fingern, so schwarz wie Ebenholz, ihr Kleid zerrissen, so rot wie Blut. Es war gut ausgegangen, Frau Müller war irgendwann ausgestiegen, der Boss war mit Frau Bobito heimgefahren, und zwar zu sich, und nun gab es keine Felicitas Müller mehr, die anderen Damen den Sitzplatz streitig machen würde. Aber es wuchsen neue nach, neue Favoritinnen und Konkurrentinnen. Wenn Pilz sich Fragen stellen würde, dann würde er sich fragen, wie Müller so leben konnte. Die Damen kommen und gehen. Die Frequenz scheint, seit die Müllerin nicht mehr da ist, wieder zu steigen. Die blonde Schauspielerin, die er am Vorabend nach Hause hatte bringen müssen, schien auch schon wieder abgeschrieben zu sein. Sie hatte die ganze Fahrt über geschluchzt und schließlich laut »Tempo!« gerufen. Pilz war erst schneller gefahren, schneller, als es auf der Landstraße erlaubt war, aber dann stellte sich heraus, dass sie nach einem Tempo-Taschentuch gerufen hatte, mit dem sie ihre Tränen trocknen wollte.

JUGEND
    Als Müller ungeduldig winkte, ließ Pilz die Bananenschale in den Kofferraum plumpsen, wischte die Hände an der Jacke ab und sprang zur Autotür, um sie zu schließen. Müller, der offenbar miteiner Schwärmerei am Ende war, sah mich schräg von der Seite an. »Schauen Sie, Goldjunge – wie heißen Sie?«
    »Meikel.«
    »Meikel. Sie sind nichts, können nichts, haben nichts, keine Weiber, keine Feinde, kein Geld, aber ich würde sofort mit Ihnen tauschen.«
    »Weil ich laufen kann?«
    »Weil Sie jung sind! Das ist es! Das allein zählt! Sie sind! Sie werden sein! Ich bin nicht mehr, ich war!«
    Pilz fuhr los. Ich sann auf Widerspruch, aber es fiel mir nichts ein. Müller beugte sich wieder über sein Smartphone.

SCHALE SPÄTER ROSEN
    Dass er im Rollstuhl saß, so entsetzlich und unabänderlich es war, hatte sich streckenweise sogar als vorteilhaft erwiesen, aber dass er alterte, war Müller peinlich. Vor sich selbst. Vor den Jungen. Vor den Weibern. Vor der Müllerin, vor allem vor der Müllerin, der er oft sagte, dass sie ihn zu spät getroffen habe.
    »Als ich vierzig war, da hättest du mich kennen sollen. Oder, noch besser, als ich dreißig war, und mein Haar noch voll.«
    »Da war ich gerade geboren.«
    »Sexy, stell ich mir sexy vor.«
    »Du bist pädophil!«
    »Und du bist sakrosankt!«
    »Was bin ich?«
    »Sakrosankt.«
    »Aber das passt gar nicht?«
    »Egal, es klingt gut.«
    Mit der Jugend, die sich Schritt um Schritt entfernt, hält Müller über sein Smartphone Kontakt. Alles, was er sucht: Bewegung,

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