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Zur besonderen Verwendung

Zur besonderen Verwendung

Titel: Zur besonderen Verwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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Arzt hat­te im­mer noch kei­nen Ton ge­spro­chen. Rück­wärts ging er auf die Tür zu. Be­vor er je­doch ver­schwand, fiel ein durch­sich­ti­ger Glas­be­häl­ter auf den Bo­den und zer­sprang. Ich sah die grün­li­chen Gas­schwa­den, die fast au­gen­blick­lich den gan­zen Raum er­füll­ten. Dann wa­ren wir al­lei­ne.
    Ich woll­te auf­sprin­gen, ir­gend et­was un­ter­neh­men, doch ich kam nicht mehr da­zu. Das Zeug wirk­te so rasch, daß mir schon beim zwei­ten Atem­zug die Sin­ne schwan­den.
    »Aus …«, hör­te ich Han­ni­bals Stim­me wie aus wei­ter Fer­ne.
    »Aus …«, war auch mein letz­ter Ge­dan­ke. »Aus, et­was ist schief­ge­gan­gen.«
     
     

9.
     
    Ich er­wach­te durch den fes­ten Druck ei­nes Ge­gen­stan­des, den man mir auf das Ge­sicht ge­preßt hat­te. Bei­na­he ruck­ar­tig schlug ich die Au­gen auf.
    Es dau­er­te ei­ni­ge Au­gen­bli­cke, bis ich die Sach­la­ge er­faßt hat­te. Dann wuß­te ich wie­der, was ge­sche­hen war.
    Dr. Mor­set sah mich prü­fend an und hob die Sau­er­stoff­mas­ke von mei­nem Ge­sicht ab. Mit ei­nem Griff ver­schloß er das Ven­til der Druck­fla­sche. Die lei­sen Zischlau­te ver­stumm­ten.
    Mei­ne Ge­dan­ken be­gan­nen sich zu über­schla­gen. Was war ge­sche­hen? Was hat­te ihn zu die­ser Maß­nah­me ver­an­laßt?
    Ich woll­te mich be­we­gen. Erst jetzt be­merk­te ich, daß ich auf ei­nem Ope­ra­ti­ons­tisch lag, an Hän­den und Fü­ßen fest­ge­schnallt. Un­will­kür­lich muß­te ich an Pro­fes­sor Ho­ram den­ken; doch die Er­in­ne­rung kam nur ne­bel­haft in mir auf, ob­wohl das Er­eig­nis erst we­ni­ge Ta­ge zu­rück­lag.
    Mein Ge­sicht rö­te­te sich vor Zorn.
    »Was, zum Teu­fel, soll das be­deu­ten? Sind Sie wahn­sin­nig ge­wor­den, Mor­set!«
    Der Arzt zuck­te mit den Schul­tern und schwieg. Da­für klang hin­ter mir die sanf­te Stim­me ei­nes Man­nes auf, der das Eng­lisch mit ei­nem deut­lich er­kenn­ba­ren Ak­zent sprach. Ich lausch­te nur ei­ne Se­kun­de. Dann war mir klar, daß der Spre­cher ein Chi­ne­se sein muß­te. Ich war zwei Jah­re lang in Asi­en ein­ge­setzt wor­den, und bei die­sem Auf­ent­halt hat­ten sich mei­ne Sprach­kennt­nis­se so ge­fes­tigt, daß ich ab­so­lut si­cher war.
    »Ma­chen Sie ihm kei­ne Vor­wür­fe, Dr. Ten­sin! Der Arzt han­del­te auf mei­ne An­wei­sun­gen.«
    Ich wand­te mü­he­voll den Kopf und er­blick­te einen zart­ge­bau­ten, fein­glied­ri­gen Mann, der mich sehr höf­lich und freund­lich an­lä­chel­te. Na­tür­lich war das ein Chi­ne­se. Ein Irr­tum war aus­ge­schlos­sen.
    »Ach, ich be­gin­ne zu ver­ste­hen«, lach­te ich rauh. »Ein Ab­ge­sand­ter des ›Großasia­ti­schen-Staa­ten­bun­des‹, nicht wahr?«
    Er lä­chel­te pup­pen­haft und ver­neig­te sich leicht.
    »Warum soll­te ich es nicht zu­ge­ben? Sie ha­ben es er­ra­ten, Dok­tor.«
    »Was soll das be­deu­ten? Man hat mir ver­si­chert, daß man mich an­stän­dig be­han­deln wür­de.«
    »Selbst­ver­ständ­lich«, be­stä­tig­te er ru­hig. »Tun wir Ih­nen et­wa weh? Das Be­täu­bungs­gas ist voll­kom­men un­schäd­lich und hin­ter­läßt nicht ein­mal Kopf­schmer­zen. Dok­tor Mor­set, bit­te, be­gin­nen Sie.«
    Ich dreh­te mei­nen Kopf wie­der in die an­de­re Rich­tung und sah, daß Mor­set den blaß­blau schim­mern­den In­halt ei­ner großen Am­pul­le in ei­ne Sprit­ze auf­saug­te. In dem Au­gen­blick war mir al­les klar!
    Ich be­gann schrill zu la­chen und ver­such­te er­neut, mich von dem Tisch zu er­he­ben. Der Ver­such war na­tür­lich sinn­los.
    »So sieht das al­so aus«, brüll­te ich an­schei­nend au­ßer mir. »Sie wol­len mir das Mit­tel inji­zie­ren, das einen Men­schen zu ei­ner wil­len­lo­sen Pup­pe macht! So sag­ten Sie doch, Mor­set, nicht wahr? Der GWA ge­lang es nicht, aber Sie ma­chen es. Warum, warum nur? Ich wei­ge­re mich, mir das Zeug ins Blut sprit­zen zu las­sen, und …«
    »Er­re­gen Sie sich nicht un­nö­tig«, un­ter­brach mich der Chi­ne­se mit sei­ner öli­gen Stim­me. »Ich ver­si­che­re Ih­nen, daß die­ses Me­di­ka­ment voll­kom­men un­schäd­lich ist, wenn man sei­ne An­wen­dung nicht über­treibt. Es wird Ih­nen et­was übel sein, wenn Sie wie­der

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