Zur Liebe entfuehrt
wurde sie richtig panisch.
Rasch verließ sie das Bett und zog die leichten Musselinvorhänge zur Seite. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, und ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass es beinah Mittag war.
Nach dem Duschen zog sie ein Hemdblusenkleid und Sandalen an. Das lange Haar nahm sie zu einem losen Knoten im Nacken zusammen. Eigentlich wollte sie wie am vergangenen Abend den Weg durchs Wohnzimmer auf die Veranda nehmen, aber die Glastüren ließen sich nicht öffnen. Deshalb ging sie durch das stille Haus, auf der Suche nach einem anderen Verandazugang. Wieder war die Haushälterin weder zu sehen noch zu hören, aber sie war unverkennbar da gewesen: kein Staubkörnchen weit und breit und überall standen frische Blumen.
Am anderen Ende des Flurs stand eine Tür offen. Perdita ging hinaus und genoss erst einmal die frische Luft. Von hier hatte man einen wunderbaren Panoramablick auf die sanft geschwungene grüne Hügellandschaft des Napa Valley.
Perdita ging die Veranda entlang und betrachtete die großen Blumentöpfe vor der Backsteinwand. Dabei nahm sie neben dem süßen Blütenduft auch einen appetitanregenden Geruch von gebratenem Frühstücksspeck und frisch gebrühtem Kaffee wahr. Als sie die Südseite des Hauses mit dem Pool erreichte, trat sie ins grelle Sonnenlicht und bemerkte erst jetzt, wie heiß es war. Aber das machte ihr nichts aus. Im Gegenteil, nach dem langen Winter in London empfand sie die Wärme als sehr angenehm.
Der Tisch, an dem sie mit Jared zu Abend gegessen hatte, war abgeräumt. Im Schatten einer Pergola aus Weinreben befand sich ein anderer, den man fürs zweite Frühstück gedeckt hatte. Auf dem Servierwagen daneben standen eine große Karaffe mit Orangensaft, ein Korb mit frischen Brötchen, eine Butterdose und verschiedene Marmeladen. Eine Warmhalteplatte sorgte dafür, dass einige Gerichte und der Kaffee nicht kalt wurden.
Sam trottete auf Perdita zu, als ob es ihm zu warm sei. Zur Begrüßung gab er ihr tapsig Pfötchen und kehrte wieder zu seinem Platz neben dem Tisch zurück.
Jared war im Wasser und kraulte Bahn um Bahn. Gerade wollte er eine Unterwasserwende machen, als er Perdita entdeckte und sich sogleich behände aus dem Becken schwang. Herausfordernd lächelnd kam er auf sie zu: Er war nackt und sah sehr männlich aus.
Perdita wurde ganz warm, und in ihrem Bauch zog es begehrlich. Dabei konnte sie einfach nicht den Blick von Jared abwenden. Sein nasser muskulöser Körper glänzte in der Sonne, und das Wasser lief in kleinen Rinnsalen von ihm herab. Mit seinen breiten Schultern, den schmalen Hüften und den langen Beinen entsprach er ganz dem männlichen Schönheitsideal der Klassik. Auch sonst hätte er gut als Grieche durchgehen können, mit dem schwarzen Haar und der tiefen Sonnenbräune.
„Guten Morgen. Gut geschlafen?“, fragte er immer noch lächelnd.
Perdita atmete erst einmal tief durch. Dabei versuchte sie zu übersehen, dass er nackt war.
„Ja, vielen Dank“, sagte sie dann, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. „Wir brunchen neben dem Pool, wie ich sehe.“
„Selbstverständlich. Du bist jetzt im sonnigen Kalifornien. Aber um das Wetter genießen zu können, hast du ein bisschen viel an.“
Hoffentlich meinte er damit nicht, sie solle sich auch ausziehen.
Er lachte. Offenbar hatte er wieder ihre Gedanken erraten. „Wie wär’s zum Beispiel mit einem Bikini?“
„Seitdem ich von Kalifornien weg bin, habe ich mir keine Badekleidung mehr gekauft.“
„Nun, dann werden wir nach dem Brunch einkaufen gehen. Mit ein bisschen Sonnenschein verschwindet deine Winterblässe im Nu.“
Sonnenbaden war ein verlockender Gedanke, aber Perdita wollte absolut nicht in Badesachen vor Jared herumlaufen.
Von einer Sonnenliege nahm er ein Handtuch und band es sich um die Hüften. Dann ging er Perdita voran zum Tisch und war ihr beim Platznehmen behilflich. „Möchtest du auch ein Glas Orangensaft?“, fragte er gut gelaunt, nachdem er sich gesetzt hatte.
„Gerne.“
Im Halbschatten nippte Perdita an ihrem Glas. „Hm … warum ist der Orangensaft hier immer besser als in London?“
„Vielleicht, weil man in England keine Orangen anbaut“, meinte Jared lächelnd.
„Da könntest du recht haben.“ Auch Perdita lächelte entspannt.
„Das solltest du öfter tun“, sagte Jared mit rauer Stimme, als er sah, wie das Lächeln ihr Gesicht zum Strahlen brachte.
„Ich habe in letzter Zeit nicht viel Grund dazu.“ Gleich darauf bereute sie
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