Zur Liebe verurteilt
nicht bewußt, und er könne schneller ziehen als jeder andere. Aber die »echten« Killer machten ihre Witze über sein weiches Herz.
»Er ist voller Güte«, behauptete der Schmied. »Ihm kommen immer die Tränen, wenn er jemand umlegen muß.«
Eine gute Nachricht für Dorie. Sie beschloß, ihn zu bitten, in eine Scheinehe einzuwilligen.
Sie suchte ihn in Abilene auf. Leider war er ganz anders, als sie nach der Schilderung des Schmieds erwartet hatte. Und das Schlimmste war, daß er sie offenbar überhaupt nicht leiden konnte. Dies allerdings überraschte Dorie nicht. Sie hatte ja nie Erfolg bei Männern gehabt. Eigene Erfahrungen besaß sie ohnehin nicht. Aber als Rowena noch in Latham gewohnt hatte, war sie einigen Jünglingen begegnet, die ihre prachtvolle Schwester besucht hatten. Das war jedesmal eine Katastrophe gewesen.
Rowena war gezwungen, ihr einzuschärfen: »Dorie, du darfst Charles Pembroke nicht sagen, daß er die Intelligenz einer Mohrrübe besitzt und sich wie ein Elefant im Porzellanladen benimmt!«
Eine Zeitlang hielt Dorie gehorsam den Mund und beobachtete Rowena nur - um von ihr zu lernen. Doch was ihre Schwester da trieb, fiel ihr mächtig auf die Nerven. Rowena machte ein Getue um jedes männliche Wesen, das sie traf, mochte der Kerl auch noch so blöde und abstoßend sein. Dorie fand das unehrlich, und Aufrichtigkeit stand für sie an oberster Stelle.
So kam es dazu, daß Rowena verheiratet war und zwei hübsche Kinder hatte, während Dorie allein in einem großen, düsteren Haus saß und fremde Leute finanziell unterstützte. Warum Männer lieber angelogen werden wollten, als die Wahrheit zu hören, konnte Dorie immer noch nicht begreifen.
Aus diesem Mr. Hunter wurde sie überhaupt nicht klug. Bei ihrem ersten Besuch konnte sie seine Reaktion noch einigermaßen verstehen. Ihm mißfiel eben wie allen Männern ihre Aufrichtigkeit. Rowena hätte ihm mit schönen Lügen geschmeichelt, und er hätte ihr bestimmt bald aus der Hand gefressen. Aber Dorie hatte ihm die Wahrheit gesagt, und da hatte er ihr zu verstehen gegeben, daß er sie nicht ausstehen könne.
Dorie fühlte sich dadurch verletzt, denn eigentlich gefiel er ihr ganz gut. Warum, wußte sie selber nicht. Vielleicht war es die Aura des Helden, die sie anzog. Als er sie aus den Händen des Bankräubers gerettet hatte, kam sie sich wie eine Heroine aus jenen Romanen vor, die ihr Vater in seinem Hause nie geduldet hatte.
Doch Mr. Hunter teilte ihre Gefühle nicht. Als sie ihn wieder aufsuchte, um sich zu entschuldigen, war er nicht nur ärgerlich wie beim erstenmal, sondern ausgesprochen wütend geworden.
Aber dann erschien er in ihrem Hotelzimmer und wollte sie plötzlich doch heiraten. Vielleicht unter dem Einfluß von Rowenas Schönheit. Anders konnte sie sich seinen Sinneswandel nicht erklären. Solange er nur sie kannte, entwickelte er eine herzhafte Abneigung gegen sie. Nachdem er Rowena gesehen hatte, wollte er sie plötzlich zur Frau haben.
Na gut, was machte das schon aus? Es war sowieso nur für eine begrenzte Zeit. In sechs Monaten würde er seine 5000 Dollar in Empfang nehmen und verschwinden. So dumm war Dorie nicht, ihm zu glauben, daß er den »Beruf« eines Mieteneintreibers erlernen wollte. Er wollte nur das Geld haben - und vielleicht eine Möglichkeit, sich Rowena zu nähern. Das wollten ja schließlich alle Männer. Danach würde Dorie ihn los sein. Eine perfekte Abmachung also.
Nun saß sie ihm gegenüber an dem kleinen Tisch. Hinter ihnen stand das riesige Bett. An Dories Finger prangte der schwere Trauring - ein Geschenk Rowenas. Sie stocherte auf ihrem Teller herum. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie bemerkte, daß Mr. Hunter etwas zu ihr gesagt hatte.
Sie schaute hoch. »Wie bitte?«
»Ich habe gesagt, wenn du einen Ehemann haben willst - einen richtigen, meine ich -, dann müßtest du dich bemühen, etwas charmanter zu sein.«
Dorie blinzelte verwirrt. Charmant! Dieses Wort kannte sie nur in Verbindung mit Rowena, die so charmant war wie eine gute Fee. Sonst wußte sie nichts damit anzufangen.
Seit der kaltherzigen Farce, die sich Trauungszeremonie nannte, fragte sich Cole, worauf in aller Welt er sich da eingelassen hatte. Er hatte sich nie für eine romantische Natur gehalten, aber diese rasche, oberflächliche Prozedur mit einem Priester, der nur an seinen gedeckten Abendbrottisch dachte, war nicht das, was er sich unter einer Trauung vorstellte. Die Braut mußte doch ein hübsches Kleid
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