Zur Liebe verurteilt
eine vollerblühte, üppige, glanzvolle Rose. Du bist ein süßes, scheues, zartes und doch kräftiges Veilchen. Deine Schönheit erschließt sich nicht jedem auf den ersten Blick. Sie ist von feinerer Art. Man muß ihr nachspüren, und das ist viel mehr wert.«
Dorie saß ganz still da, und bei jedem seiner Worte wurden ihre Augen größer. Ein Prickeln stieg von ihrer Hand den Arm hinauf und verbreitete sich im ganzen Körper.
Plötzlich ließ er ihre Hand los. »So«, sagte er, »das verstehe ich unter Charme ohne Lügen.«
Dorie schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Dann sagte sie: »Für mich sind das charmante Lügen.«
»Und was meinst du, ist wahr?«
»Daß du mich für einen unangenehmen, lästigen Menschen hältst. Allerdings bin ich nicht nur lästig, sondern auch reich, und du brauchst Geld.«
Noch niemals hatte Cole sich so beleidigt gefühlt. Sie behauptete also, er hätte sie allein ihres Geldes wegen geheiratet. Was natürlich nicht stimmte. Er hatte sie geheiratet, weil... Verdammt, er wußte auch nicht genau, warum er sie geheiratet hatte, aber bestimmt nicht ihres Geldes wegen. Ein Mann, der des Geldes wegen heiratete, war ... war ... wie hieß das noch? Ach ja, ein Gigolo. Es machte ihm nichts aus, wenn man ihn einen Killer nannte, aber er wollte nicht für einen Mann gehalten werden, der eine Frau für seine Zwecke ausnutzte.
Abrupt stand er auf. »Eins wollen wir jetzt mal klarstellen. Ich habe dich geheiratet, weil du Schutz brauchst, und du bezahlst mich, weil ich dir diesen Schutz biete. Ich bin gewissermaßen dein Leibwächter. Wenn mein Arm geheilt und deine Schwester nicht mehr im Lande ist, schütteln wir uns die Hand und trennen uns wieder, und damit hat sich's. Einverstanden?«
»Selbstverständlich«, sagte sie ruhig. Ihr Blick war klar und verriet keinerlei Gemütsbewegung.
»Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich jetzt zu Bett. Wir haben einen langen Tag hinter uns.«
Wieder riß sie die Augen auf, und daran erkannte er, woran sie dachte. Doch warum er so ärgerlich war, konnte er sich nicht erklären.
An der Wand standen zwei feste Koffer. Die holte er jetzt und stellte sie mitten aufs Bett, so daß sie eine Art Trennwand bildeten. Vielleicht ärgerte er sich deshalb so, weil er sich bisher vor Frauen kaum hatte retten können und diese kleine Maus nun so tat, als hätte er sich auf einmal in einen gemeinen, abstoßenden Satyr verwandelt. Wie ekelhaft sie ihn fand, ging ja schon daraus hervor, daß sie ihm nicht einmal die Hand hatte reichen wollen.
»Da«, sagte er barsch und deutete mit dem Kopf auf das zweigeteilte Bett. »Genügt dir das für Sitte und Anstand? Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, daß ich es darauf abgesehen hätte, widerspenstige Jungfrauen zu deflorieren, aber ich kann dir versichern, daß dem nicht so ist.«
»Ich habe es nicht so gemeint...«, begann sie.
Doch er schnitt ihr das Wort ab. »Geh jetzt zu Bett!
Und mach nicht so ein besorgtes Gesicht! Ich werde dich bestimmt nicht belästigen.«
»Ich bin ja gar nicht besorgt«, sagte sie leise. Dann schlüpfte sie hinter den hübschen kleinen Wandschirm neben dem Bett und begann sich auszuziehen. Von dem Moment an, da Cole ihre Hochzeit angekündigt hatte, war Rowena nicht müßig geblieben. Unentwegt hatte sie Dorie unsinnige Ratschläge gegeben: sie solle ja keine Angst haben, aber Mr. Hunter das Gefühl einflößen, daß er der Klügere von ihnen beiden wäre. »Das ist für einen Mann äußerst wichtig«, hatte Rowena gesagt. »Das Gefühl muß er einfach haben.« Dorie begriff überhaupt nicht, wovon ihre Schwester redete.
Plötzlich hörte sie ihn fluchen: »Verdammt noch mal!« Dann folgte ein klirrendes Geräusch, als sei ein abgesprungener Knopf im Porzellanwaschbecken gelandet.
Sie lugte um den Wandschirm. Cole hatte die Stirn gerunzelt und versuchte sich auszuziehen. Doch sein verwundeter Arm erschwerte ihm jede Bewegung. Was für ein Held, dachte sie. Ein Mann, der nie um Hilfe bittet.
Im langen weißen Nachthemd, das sie vom Hals bis zum Fußboden bedeckte, trat sie hinter dem Schirm hervor und ging zu ihm. Er wollte ihr vermutlich sagen, daß er sich auch allein ausziehen könne, aber wenigstens auf diesem Gebiet hatte Dorie Erfahrungen gesammelt. In seinem letzten Lebensjahr war ihr Vater ein Pflegefall geworden, und sie war die einzige gewesen, der er gestattete, sich um ihn zu kümmern. Daher war sie es gewöhnt, einen erwachsenen Mann an- und
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