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Zur Liebe verurteilt

Titel: Zur Liebe verurteilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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reden, wenn es notwendig war. Oft hatte er Streitigkeiten mit Worten geschlichtet, ohne die Waffe einzusetzen, aber für müßige Plaudereien hatte er wenig Talent. Doch inzwischen war er wieder hellwach. Vielleicht deshalb, weil er neben einer Frau lag, die er nicht anrühren durfte. Oder vielleicht, weil er unglaublicherweise heute geheiratet hatte. Der Himmel mochte es wissen. Sie war alles andere als das, was er sich unter einer richtigen Frau vorstellte. Er hatte auch nicht das Verlangen gehabt, so schnell es ging, mit ihr ins Bett zu hüpfen und danach fortzugehen.
    »Wie heißt du eigentlich richtig? Deine Schwester nennt dich Dorie, aber der Priester hat heute in der Kirche einen anderen Namen genannt.«
    »Apollodoria. Das ist griechisch. Wenigstens hat mein Vater das behauptet. Er meinte, es sei ein alberner Name. Er hat ihn mir auch nur gegeben, weil meine Mutter es auf ihrem Totenbett so gewünscht hatte.«
    Er legte sich zurück, immer noch einen Arm unter dem Kopf. »Apollodoria. Gefällt mir. Bin froh, daß dein Vater dem Wunsch deiner Mutter entsprochen hat.«
    »Unsere Köchin hat mir erzählt, meine Mutter habe ihm gedroht, sie würde ihn als Spukgeist heimsuchen, wenn er mir diesen Namen nicht gäbe. Mein Vater war zwar nicht abergläubisch, aber er ging auch nicht gern ein Risiko ein.«
    Cole lachte. Sie brachte es irgendwie fertig, daß in ihrem Mund auch schreckliche Dinge komisch klangen. »Erzähle mir mal etwas von dieser Stadt, die dir gehört! Von der du mir abgeraten hast, sie als Geschenk anzunehmen.«
    »Es ist eine ganz kleine Stadt. Hat nur 200 Einwohner, aber die Zahl ist stark im Wachsen begriffen. Woraus man schließen darf, daß sich die Leute am Sonntagnachmittag nicht nur ausruhen.«
    Wieder lachte Cole und wartete, daß sie weitersprach.
    Es gibt nichts auf der Welt, das einem mehr Zuversicht einflößt als Beifall, dachte Dorie. In all den Jahren bei ihrem Vater hatte sie still geschwiegen. Er haßte ihre, wie er sie nannte, frechen Bemerkungen. Er wollte nur, daß sie immer da war, daß sie in seiner Nähe blieb und er sie sehen konnte. Mit Ausnahme seines letzten Lebensjahres hatte er nie von ihr verlangt, daß sie etwas tun sollte. Sie hatte ein unglaublich langweiliges Leben geführt. Um sich zu zerstreuen, war sie eine scharfe Beobachterin geworden. Sie sah zu, was die Menschen trieben, versuchte ihren Charakter zu ergründen und füllte die Lücken durch ihre Phantasie.
    Jeden Tag war sie mit ihrem Vater in der Stadt umhergefahren und ganz still im Wagen sitzengeblieben, während er mit den Mietern sprach und deren Forderungen abschlug. Was sie dabei beobachtete, behielt sie für sich.
    Und nun hatte sie hier einen Mann getroffen, der vergnügt lachte, wenn sie ihm ihre Beobachtungen mitteilte!
    »Latham ist eine sehr friedliche Stadt. Es gibt wirklich kaum Probleme. Du wirst es bestimmt für stinklangweilig halten. Am 4. Juli machen wir immer einen Ausflug. Alle sind in der Kirche. Das aufregendste Ereignis im letzten Jahr war, als Mrs. Sheren nach dem Gottesdienst beim Verlassen der Kirche der Hut vom Kopf geweht wurde. Der Hut flog über den Fluß und landete auf dem Kopf von Mr. Lesters Bullen, wo er von dem linken Horn aufgespießt wurde. Das Komische daran war, daß Mr. Lester den Bullen von weit her, von Montana nämlich, geholt und damit geprahlt hatte, daß er das wildeste und gemeinste Tier in ganz Texas sei. Vielleicht war er es auch, aber als er diesen sehr hübschen, mit Kirschen und Glyzinienblättern verzierten Strohhut auf dem Kopf trug, sah er wirklich nicht gerade wild aus.«
    Cole sagte nichts dazu. Er lächelte nur im Dunkeln vor sich hin und freute sich, daß sie ihn so angenehm unterhielt. Sie konnte tatsächlich gut erzählen und sprach von den Läden, der Hotelpension und den Durchreisenden, die mit der Eisenbahn kamen.
    Doch allmählich fiel ihm beim Zuhören auf, daß sie selber in keiner ihrer Geschichten vorkam. Sie erzählte alles vom Standpunkt der unbeteiligten Beobachterin. Es hörte sich so an, als hätte sie nur am Fenster gesessen und dem Leben und Treiben der anderen zugesehen. Mit keinem Wort beklagte sie sich darüber, daß sie so isoliert von allem gewesen war und ihr ganzes Leben mit einem Vater verbracht hatte, der seiner jüngsten Tochter nichts zu geben wußte. Aber Cole glaubte doch, gewisse Untertöne herauszuhören.
    Gänzlich unerwartet bremste der Zug plötzlich mit einem Ruck und kam zum Halten. Hätten sie nicht im Bett

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