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Zurück ans Meer

Titel: Zurück ans Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Sprüche schon zu oft gehört hat.
    »Ich hab dir ja schon gesagt, dass du anders aussiehst«, meint Susan, »entspannter und ohne die gerunzelte Stirn.«
    »Das liegt daran, dass ich für mich eine Entscheidung getroffen habe.«
    »Und die wäre?« Ro will immer noch etwas Konkretes aus meinem Mund hören.
    »Mich von dem ganzen Wirrwarr zu befreien – von Menschen, Aktivitäten und Verantwortungen. Schluss mit allem, wofür ich mich
     nur halbherzig engagiere. Wenn ich nicht voll bei der Sache bin und mich gut dabei fühle, fällt das weg.«
    »Aber hoffentlich nicht unsere Freundschaft«, rügt Ro.
    »Absolut nicht, doch es freut mich, euch mitteilen zu können, dass ich aus dem Gremium ausgetreten bin, über das ich mich
     dauernd beschwert habe. Außerdem habe ich all meine Workshops bis auf Weiteres abgesagt.«
    »Das ist nicht wahr!«, ruft Susan mit echter Überraschung. »Du hast es zwar seit Jahren angedroht, aber ich hätte nie geglaubt,
     dass du es tatsächlich wahr machen würdest.«
    »Schau auf meine Webseite – keine Veranstaltungen, keine Workshops. Und ich habe gestern sogar meiner Sekretärin gekündigt.«
    Sie sind sprachlos.
    »Weil ich nämlich in zwei Wochen nach Iona aufbrechen werde.«
    »Wohin?« fragen sie unisono.
    »Auf eine Insel der Hebriden – vor der Küste von Schottland.«
    »Was willst du denn da?«, fragt Susan vollkommen verblüfft. »Ich meine, solltest du nicht in ein Wellnesshotel fahren oder
     auf eine tropische Insel, wo du dich verwöhnen lassen kannst?«
    »Ich weiß, es klingt seltsam, aber ich bin Schottin, vergesst das nicht, und mein Vater hat mir ans Herz gelegt, irgendwann
     nach Iona zu fahren. Mir ist, als wäre ich gerufen worden.«
    »Du fängst doch jetzt nicht etwa an zu spinnen, oder?«, witzelt Susan und verdreht die Augen. »Warum ausgerechnet dorthin,
     und warum jetzt?«
    Ich erzähle ihnen von der unerwarteten Einladung von Mrs MacDonald und der Korrespondenz mit den Nonnen.
    »Ich bin ganz wild darauf, wieder auf eine Entdeckungsreise zu gehen – seit Jahren habe ich kein Abenteuer mehr erlebt. Außerdem
     kommt es mir richtig vor, Verbindung zu meinen Ursprüngen aufzunehmen. Ich habe ein paar erstaunliche CDs mit keltischer Musik
     gekauft und höre mir immer wieder einen bestimmten Song an. Irgendwie erklärt er den Ruf, den ich empfangen habe. ‹Hast du
     vergessen, wer du bist? Bist du so weit gereist? Keine Spur uralter Geschichte, aber die Tragödie des Steins, der allein steht.›«
    »Tja, für mich wäre das nichts«, sagt Ro, »aber ich kann verstehen, welche Anziehung das auf dich ausübt, weil es mich so
     sehr nach Italien zieht. Die eine Reise, die ich dorthin gemacht habe, brachte etwas in mir zum Vorschein, von dem ich keine
     Ahnung hatte. Meine Hände redeten wie ihre – ich konnte in den Augen von Fremden meine Tanten und Onkel erkennen. Ich wünschte
     immer noch, ich würde die Sprachebesser beherrschen, mehr darüber wissen, was in ihnen vorgeht – mehr von meiner Urgroßmutter in mir haben.«
    »Das meinst du also mit dem Ruf?«, fragt Susan.
    »Ich begreife es als eine Sehnsucht, tiefer zu gehen«, erkläre ich. »Die vertrauten alltäglichen Botschaften reichen nicht
     mehr aus. Ich glaube, viele von uns müssen sich auf die Suche nach ihrer Geschichte machen. Die klassische Nummer – der Held
     geht auf eine Suche, um innere Stärke zu gewinnen. Odysseus stand am Ufer von Ithaka und nahm die süßen Düfte der Heimat wahr,
     aber erst nach einer qualvollen Reise, die ihn von Troja fortgeführt hatte. Mit vierundsechzig fängt mein Leben gerade an,
     und ich muss mich einmal mehr vom Vorhersehbaren entfernen.«
    »Dies über alles, sei dir selber treu«, sagt Ro.
    »Das Motto des Anderson-Clans lautet ‹Stand Sure› – Wanke nicht. Ich hoffe, Iona wird mich ein für alle Mal erden.«
    Während uns ein Gericht nach dem anderen gebracht wird, denke ich darüber nach, wie sehr ich diese Frauen liebe. Übergangslos
     können wir uns von Klatsch und Tratsch zum Jammern über unsere Lebensumstände bewegen, um uns dann in irgendeine Idee zu vertiefen,
     die uns etwas bringt, die wir mitnehmen und im Herzen bewegen können. Gemeinsame Kontemplation, wie ich diese Sitzungen nenne,
     fördert stets ein Mindestmaß an dringend benötigtem Realitätssinn zutage. Aufgrund unserer Leidenschaft fürs Leben wie auch
     unserer Freundschaft sind wir nach wie vor fähig, uns gegenseitig aus der Mittelmäßigkeit herauszuholen.
    »Ich

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