Zurück in Virgin River (German Edition)
Cheryls Vater sein, den Mel nie zuvor gesehen hatte. Cheryls Mutter hingegen würde Mel nie vergessen – sie war eine extrem übergewichtige Kettenraucherin, die damals jeden ihrer Schritte mit ihrem rasselnden Atem begleitet hatte. Ein Blick auf sie, und Mel hatte sich sofort Sorgen um das Herz der Frau gemacht. Wenn seit dieser ersten Begegnung nicht so viel passiert wäre – der große Waldbrand und Docs Tod –, hätte Mel jetzt ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie nicht schon vorher nach der Frau gesehen hatte. Dabei war sie keine ihrer Patienten.
„Wie heißt Ihre Frau, Mr Creighton?“, wollte Mel wissen, als sie vor dem Haus anhielten.
„Dahlia“, antwortete er. „Dahlia Marie. Sie kriegt keine Luft mehr und greift sich andauernd an die Brust.“
Cameron schnappte sich seinen Arztkoffer und rannte die Treppe hinauf, um über die verfallene Veranda zur Haustür zu gelangen. Mel folgte ihm mit ihrer eigenen Notfalltasche. „Sie wird in der Küche sein“, mutmaßte sie.
Dort fanden sie das von Mel befürchtete Elend vor; in dem kleinen Haus schien seit Ewigkeiten keiner mehr geputzt zu haben,und es roch nach kaltem Zigarettenrauch. Als Mr Creighton hinter ihnen hereilte, stellte Mel fest, dass auch er schwer atmete.
Wie Mel vermutet hatte, saß Dahlia zusammengekauert auf ihrem Lieblingsstuhl in der Küche. Ringsherum stapelten sich Taschenbücher, Zeitschriften und Zeitungen, Coladosen, überquellende Aschenbecher und unzählige Kekse und Chips. Natürlich alles in Reichweite der Frau, deren Augen sie groß und ängstlich ansahen. Ihre Lippen hatten sich blau verfärbt, und ihre bleiche Haut glänzte vor Schweiß. Sie hatte sichtlich Mühe zu atmen. „Mal sehen, wie wir Ihnen helfen können, Dahlia“, sagte Mel.
Cameron hatte das Stethoskop schon in den Ohren. Er hielt es an Dahlias Brust. Er brauchte nur wenige Sekunden, dann griff er in die Tasche und gab ihr ein Aspirin. „Können Sie das schlucken, Dahlia?“, bat er sie.
Während sie die Tablette runterschluckte, befestigte er die Manschette zum Blutdruckmessen an ihrem Arm.
Währenddessen suchte Mel in ihrer Tasche die Notfallmedikamente zusammen. Atropin, Epinephrin.
„Mel, kennst du dich mit dem tragbaren Sauerstoffgerät aus?“
„Natürlich“, antwortete sie und verließ eilig das Haus. Als sie zurückkam, gab Cameron Dahlia eine Nitrotablette. Mel legte ihr die Nasenkanüle an und schloss diese an das Sauerstoffgerät an. „Das wird Ihnen helfen, Dahlia“, erklärte sie.
„Wir brauchen einen Notarztwagen“, sagte Cameron. „Gleich“, erwiderte Mel. „Noch eine Sekunde.“
Sie entdeckte das altmodische Telefon neben dem Kühlschrank, nahm den Hörer in die Hand und drehte an der Wählscheibe. „Preacher, hallo. Cameron und ich sind bei den Creightons. Wir müssen Mrs Creighton sofort ins Krankenhaus bringen. Ja. Ihr beide seid genau die Richtigen. Danke.“ Sie legte auf und teilte Cameron mit, dass Jack und Preacher gleich kämen, um ihnen zu helfen.
Cameron lächelte.
„Ich hole die Krankentrage.“
„Lass mich …“, widersprach Cameron.
„Nein. Du kümmerst dich hier um die Infusion. Es dauert nicht lange.“
Als Mel die Trage aus dem Hummer hob, kamen auch schon Jack und Preacher angerannt. Sie schob die Trage über den unebenen Boden zum Haus. Kurz vor der Veranda holten die Männer Mel ein und halfen ihr, die Krankentrage auf die verfallene Veranda zu heben. „Was ist los?“, fragte Jack leise.
„Herzinfarkt, vermutlich“, antwortete Mel ebenso leise. „Sie muss dringend ins Krankenhaus.“
„Soll ich sie fahren, damit du mit Cameron zurück in die Klinik kannst?“
Mel musste plötzlich grinsen. „Ihr Jungs seid einfach superpraktisch. Danke.“
Jack und Preacher schoben die Krankentrage wie professionelle Rettungssanitäter zur Küchentür. Dann betraten sie die Küche und stellten sich links und rechts neben der Patientin auf. „Guten Tag, Dahlia“, begrüßte Jack sie. „Was hältst du von einem kleinen Ausflug?“
Cameron hielt das tragbare Sauerstoffgerät und den Tropf, an dem sie hing.
Dahlia Creighton machte ein ängstliches Gesicht. Jack versuchte sie zu beruhigen. „Dahlia, am einfachsten wäre es, wenn du mir und Preacher die Arbeit überlässt, okay? Wir werden dich jetzt auf die Trage legen und dich ganz vorsichtig hinausrollen. Wenn du nicht stillhältst, könnten wir dich fallen lassen, also verhalte dich lieber ruhig und vertraue uns. Wir verfrachten dich schnell
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