Zurueck ins Glueck
musste die Augen zusammenkneifen, um zu erkennen, was sich in der Mitte der Leinwand befand. Es war sehr klein, aber es bestand kein Zweifel daran, um was es sich handelte – um eine kleine Packung Knorr-Gewürzmischung für Shepherd’s Pie. Caroline hatte sie mit allen Farben des Regenbogens umgeben.
»Jetzt bist du wirklich endgültig übergeschnappt, Caro. Du hast eine Supermarktpackung Shepherd’s Pie auf eine Leinwand gemalt... erwartest du ernsthaft, dass jemand das als Kunst bezeichnet?«, vergewisserte er sich ungläubig.
»Banause!«, fauchte sie. »Du musst es im Zusammenhang mit den beiden anderen Bildern betrachten. Ich versuche aufzuzeigen, dass sich nichts im Leben genau vorhersagen lässt. Alles kommt oft ganz anders, als man denkt.« Sie fuchtelte in ihrem Bestreben, ihm begreiflich zu machen, worum es ihr ging, wild mit den Armen. »Du siehst Shepherd’s Delight, dann siehst du Shepherd’s Warning, und du denkst an Schäfer mit ihren Herden, aber du denkst auch an die Naturgewalten und ihre Unberechenbarkeit, und wenn du dann das dritte Bild betrachtest, läuft alles auf etwas Beständiges, immer Gleichbleibendes hinaus, nämlich auf eine gute, solide Familienmahlzeit, die jeder in diesem Land kennt.« Sie hob die Hände und sah ihn an, als müsse diese Erklärung jedermann einleuchten.
Marcus setzte ein breites Lächeln auf. Eines stand fest – seine Freundin war entweder eine völlig durchgeknallte Irre, die in eine geschlossene Anstalt gehörte, oder er beabsichtigte, den nächsten großen Star der hiesigen Kunstszene zu heiraten.
27. Kapitel
W ährend der nächsten Tage arbeitete Samantha schwerer als je zuvor in ihrem Leben. Als sie Donnerstagabend in die Casa Garcia zurückkehrte, war sie am Ende ihrer Kräfte. Die abgrundtiefe Erschöpfung, die sie jetzt erlebte, hatte nichts mit der Müdigkeit zu tun, die ein Tag im Fitnessstudio oder ein ausgedehnter Einkaufsbummel nach sich zog; sie war physisch und psychisch ausgebrannt, so ausgelaugt, dass sie bezweifelte, sich je wieder frisch und ausgeruht zu fühlen. Zum Glück hatte Pablo verkündet, es sei Zeit, Feierabend zu machen; sie war sicher, dass sie keine fünf Minuten länger durchgehalten hätte. Sie ließ sich in einen der Sessel vor dem Feuer fallen. Seit drei Tagen half sie nun schon beim Einbringen der Traubenernte mit.
Am Montagabend hatte Pablo gemeint, die Trauben seien nun reif und könnten gepflückt werden. Selbstverständlich hatte sie ihre Hilfe angeboten – ohne allerdings zu wissen, worauf sie sich eingelassen hatte. Die nächsten drei Tage hatte Pablo Punkt sechs Uhr morgens an ihre Schlafzimmertür gehämmert, noch vor sieben waren sie draußen bei den Reben gewesen, und die Plackerei hatte begonnen. Pablo hatte ein paar Erntehelfer angeheuert, aber Samantha bemerkte rasch, dass die Hauptarbeitslast auf seinen und Pedros Schultern ruhte. Sie hatte den beiden beweisen wollen, dass auch sie vor harter
Arbeit nicht zurückschreckte, musste aber rasch erkennen, dass sie bis zu dieser Woche keine Vorstellung davon gehabt hatte, was harte Arbeit wirklich war.
Am ersten Morgen bereitete ihr die Handhabung der corquetes Probleme. Sie hantierte ungeschickt damit herum und ritzte sich einige Male die Haut auf, als sie versuchte, die überraschend zähen Reben durchzuzwicken. Pedro kam ihr schließlich zu Hilfe, als sie leise vor sich hin fluchend mit einem besonders widerspenstigen Gewächs kämpfte. Leider hörte sie ihn nicht kommen, und als er plötzlich seine Hände auf die ihren legte, um ihr zu zeigen, wie man mit der Schere richtig umging, sprang sie erschrocken in die Höhe und prallte mit dem Kopf gegen sein Kinn.
»O je, Verzeihung.« Sie rieb sich den Kopf, er sich das Kinn.
»Schon gut. Ich hätte mich nicht so an dich heranschleichen dürfen«, lächelte er.
Irrte sie sich, oder legte er seine abweisende Haltung ihr gegenüber allmählich ab, fragte sie sich. Vielleicht, weil sie ernsthaft versuchte, sich nützlich zu machen?
»Ich kriege den Dreh einfach nicht raus«, schimpfte sie, die corquetes voller Ingrimm anstarrend.
Pedro drehte sie zu der Weinrebe, streckte über ihre Schulter hinweg einen Arm aus und führte ihre Hand mit der seinen. Auch wenn sie sich eine alberne Närrin schalt, konnte sie nicht umhin, die Nähe zu ihm als seltsam erregend zu empfinden. Die Wärme seines Körpers übertrug sich auf sie, obwohl die Luft kühl war und sie eine dicke Fleecejacke trug. Er lenkte ihre Hand zu
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