Zurueck ins Glueck
Das ist gut; ich freue mich für ihn. Aber wenn ich nicht mehr bin, bist du alles, was er noch an Familie hat.«
Samantha nickte stumm. Sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, als ihm die Wahrheit zu gestehen. Er war todkrank, und wenn er jetzt erfuhr, dass sie gar nicht seine Tochter war, würde ihm das den letzten Rest Lebensmut nehmen. Doch Tatsache war und blieb, dass Pedro nach Pablos Tod überhaupt keine Familie mehr haben würde, und daran konnten sie beide nichts ändern.
28. Kapitel
S elbst wenn er gewollt hätte, hätte Pablo seinen angegriffenen Gesundheitszustand nicht länger vor Samantha verbergen können, denn kurz nach der Traubenlese erlitt er einen weiteren leichten Schlaganfall. Fast sah es so aus, als hätte er nur dank seines eisernen Willens durchgehalten, bis die Ernte eingebracht war. Doch nun versagten seine Kräfte. Endlich wurde ein Arzt in die Casa Garcia gerufen, der Pablo bestätigte, dass die körperliche Überanstrengung der letzten Tage den neuerlichen Anfall herbeigeführt hatte.
Der alte Mann lachte nur. »Die Reben sind mein Lebensinhalt. Glauben Sie im Ernst, ich hätte tatenlos zugesehen, wie andere meine Arbeit für mich tun?«
Samantha sah sich schließlich gezwungen, in ihrem Büro anzurufen. Sie musste James informieren, dass sie vorerst nicht zurückkommen konnte. Zwar verspürte sie nicht die geringste Lust, mit dem Mann zu sprechen, der ihrer Meinung nach nur in biologischer Hinsicht ihr Vater war, aber es ließ sich in diesem Fall nicht vermeiden.
»Nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst«, erwiderte James, als sie ihm ihre Lage schilderte. Er freute sich aufrichtig, von ihr zu hören. Dann kam er auf firmeninterne Neuigkeiten zu sprechen. Cameron wurde in ein paar Tagen zurückerwartet, Stephanie hatte sich als Entdeckung des Jahres erwiesen, und die Verkaufszahlen von
Gracias kletterten weiter in die Höhe. Er war Samanthas Vorschlag gefolgt und hatte ihrer Assistentin für die Zeit ihrer Abwesenheit ihre Aufgaben übertragen. Alles lief soweit gut; Gracias verkaufte sich fast von alleine. Samantha hörte höflich zu, obwohl sie das alles herzlich wenig interessierte.
Doch dann schnitt James ein Thema an, das ihr sehr viel weniger behagte.
»Samantha, da wäre noch etwas, worüber ich mit dir reden muss.« Er hielt inne. »Deine Mutter hat mir eine Kopie des Briefes geschickt, den ich ihr angeblich geschrieben habe.«
»Ich habe auch eine bekommen. Sie wirft ein ganz neues Licht auf all das, was du mir weismachen wolltest, nicht wahr – Dad?« Das letzte Wort spie sie förmlich aus.
»Ich habe diesen Brief nie zuvor in meinem Leben zu Gesicht bekommen, das musst du mir glauben, und ich habe ihn schon gar nicht geschrieben«, beschwor er sie.
»Ehrlich gesagt kümmert mich das alles nicht mehr, James. Nur das eine kann ich dir sagen – Mum hat ihn gewiss nicht geschrieben, da bin ich mir ganz sicher, auch wenn ich weiß, dass du sie im Verdacht hast. Und jetzt entschuldige bitte, aber ich muss Schluss machen.« Mit diesen Worten beendete sie das Gespräch. Sie hatte keine Lust, erneut in das Chaos hineingezogen zu werden, das sie in Irland zurückgelassen hatte. Was ging sie das alles noch an? Dieser Brief war vor ihrer Geburt geschrieben worden, wozu sollte sie sich nach so langer Zeit noch darüber den Kopf zerbrechen? Ihre einzige Sorge galt jetzt Pablo. Sie hatte James gesagt, sie sei über Handy erreichbar, wenn es irgendwelche Schwierigkeiten in der
Firma gab, aber ansonsten wolle sie die nächste Zeit in Ruhe gelassen werden.
James blieb nichts anderes übrig, als sich ruhig zu verhalten. Mit seiner Tochter war nicht zu reden. Sie mochte ja sein Kind sein, aber ihren Dickschädel hatte sie zweifellos von ihrer Mutter geerbt, die gleichfalls ihren ganz eigenen Kopf gehabt hatte. Zum hundertsten Mal an diesem Tag kreisten James’ Gedanken um Katie Garcia. Wenn er doch bloß Rose nicht versprochen hätte, die Verbindung zu ihr abzubrechen! Eine Aussprache mit ihr würde vielleicht alle Missverständnisse aufklären.
Während die Tage zu Wochen wurden, entspannte sich die Atmosphäre in der Casa Garcia zusehends. Pablo willigte ein, sich in Zukunft mehr zu schonen, und gewann nach und nach seine Kräfte zurück, obwohl er nach seinem zweiten Schlaganfall um weitere zehn Jahre gealtert zu sein schien.
Auch Pedro lebte sichtlich auf, nachdem er erfahren hatte, dass Samantha über Pablos Gesundheitszustand Bescheid wusste. Die Ernte war
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