Zurueck ins Glueck
erwiderte er scharf. »Also kommt es genauso, wie ich es vorhergesehen habe.«
»Das hieß nicht nein, sondern ja«, berichtigte sie ihn. »Aber ich habe hier noch ein paar Dinge zu erledigen, und dazu musst du mir die anderen Briefe geben. In spätestens einer Woche bin ich wieder bei dir. Ich verspreche es.« Sie bekräftigte ihre Worte mit einem breiten Lächeln.
»Wirklich?«, vergewisserte er sich mit neu aufkeimender Hoffnung.
»Wirklich!«
Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, machte sich Samantha auf den Weg nach Galway. Eine Reihe von Fragen wirbelte in ihrem Kopf umher. Was für ein Spiel trieben die Götter nur mit ihr? Wie um alles in der Welt war es zu einer intimen Begegnung zwischen Pablo und Rose Judge gekommen? Wie kam es, dass Kathleen nie etwas bemerkt hatte? Hatten sie alle damals denn überhaupt keine Skrupel gekannt?
Und noch etwas wurde ihr plötzlich klar. Wenn Pablo ihr gleich nach ihrem Wiedersehen gestanden hätte, dass er Camerons Vater war, wäre sie Hals über Kopf nach Irland und in die Arme ihres Verlobten zurückgekehrt – in gesegneter Ahnungslosigkeit natürlich; sie wäre in ihren schlimmsten Träumen nie auf die Idee gekommen, er könnte ein Verhältnis mit Gillian haben, und das schon seit Jahren.
Über Gillians Verrat kam sie einfach nicht hinweg. Es hatte sie hart genug getroffen, dass Cameron sie betrogen hatte – aber dann auch noch ausgerechnet mit Gillian? Diese falsche Schlange!
Ihre Gedanken wanderten zu ihrem Bruder Ricky, der einmal gesagt hatte, Cameron sei für ihn wie der Bruder, den er nie gehabt hatte, und nun hatte sich herausgestellt, dass die beiden Männer den gleichen Vater hatten. Sie dachte daran, wie sie immer das Gefühl gehabt hatte, Cameron sei anders als der Rest des Judge-Clans, weil er so viel Leidenschaft und Lebensfreude ausstrahlte – Pablos Erbe, nicht das von James Judge. Sie erinnerte sich an
die Art, wie Pablo sich mit der Hand durch das Haar gefahren war – diese Geste war typisch für Cameron. Jetzt, wo sie Bescheid wusste, fragte sie sich, wie sie nur so blind für diese frappierende Ähnlichkeit hatte sein können. James hatte ihr gegenüber einmal bemerkt, Cameron sei mehr Roses Sohn als der seine. Konnte es sein, dass er die Wahrheit kannte? Nein, das hielt Samantha eher für unwahrscheinlich. Wieder grübelte sie über Cameron und Gillian nach. War es nicht Ironie des Schicksals, dass Gillian versucht hatte, einen Judge in ihre Fänge zu bekommen und bei einem Garcia gelandet war? Sollte sie Cameron sagen, wer sein wirklicher Vater war? Pablo hatte ihr diese Entscheidung überlassen, ohne zu wissen, was für eine Bombe er ihr damit in die Hände gab. Für Cameron würde eine Welt zusammenbrechen, wenn er erfuhr, dass er Pablos Sohn war.
Aber da gab es noch jemanden, der dieses Geheimnis fünfunddreißig Jahre lang gehütet hatte: Rose Judge.
Und plötzlich fügten sich alle Einzelteile des Puzzles nahtlos zusammen. Hier lag die Antwort auf all die Fragen, die noch ungeklärt im Raum standen – der Grund, warum Rose Judge trotz allem, was geschehen war, nach wie vor Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte, um diese Heirat zu Stande zu bringen.
Sie wusste Bescheid.
Sie hatte die ganze Zeit Bescheid gewusst.
Sie wusste, dass Samantha nicht Pablo Garcias Tochter, nicht Camerons Schwester war . Und so hatte sie die Hochzeit guten Gewissens vorantreiben können.
Samantha spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg, als sie diesen Faden weiterspann.
Wenn sie und Cameron geheiratet hätten, wäre auf
diese Weise ihr Judge-Blut wieder in den Kreis der Familie zurückgelangt, Roses schmutziges kleines Geheimnis wäre gewahrt geblieben, und Judges Whiskey und Gracias wären endgültig zu einem Unternehmen zusammengeschlossen worden.
Und in diesem Moment begriff Samantha, dass Rose Judge von Anfang an gewusst haben musste, dass Samantha White Kathleen Garcias Tochter war.
Rose hatte sie und Cameron wie Schachfiguren ausgespielt, daran bestand kein Zweifel mehr. Sie hatte Cameron auf die Idee gebracht, mit Samantha auszugehen und sie später zu umwerben. Rose hatte immer geplant, sie beide zusammenzubringen und so ihren eigenen Fehltritt auszumerzen.
Hatte James nicht irgendwann zu ihr gesagt, Cameron verfüge über keine große Menschenkenntnis, und deswegen sei er auch so überrascht und erfreut gewesen, als seine Wahl ausgerechnet auf Samantha gefallen war? Aber Cameron hatte diese Wahl gar nicht getroffen,
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