Zurueck ins Glueck
glaub es mir.«
»Tut mir leid, Wendy, aber ich gehe allein zu ihr.« Samantha erhob sich. Wendy sprang gleichfalls auf.
»Dann lass mich wenigstens vor der Tür warten.«
Sam sah zu Ricky hinüber, der ihren Blick auffing, sich bei den beiden jungen Frauen entschuldigte und sich einen Weg durch die Menge im Schankraum bahnte. »Wollt ihr schon gehen?«, erkundigte er sich erstaunt. »Die Nacht ist noch jung, Mädels!«
Sam musste lachen. Ihr Bruder trug seine Begeisterung für das andere Geschlecht gar zu offen zur Schau. »Ich gehe ins Krankenhaus zurück, Wendy fährt ins Hotel. Irre ich mich, oder würdest du gern noch eine Weile
bleiben?« Sie versetzte ihm einen spielerischen Rippenstoß.
»Möchtest du denn, dass ich dich begleite?«
»Nein. Wenn ich ehrlich sein soll, wäre ich jetzt gern ein paar Stunden allein.«
Ricky nickte und drehte sich zu den beiden Mädchen am Tresen um, die ihm kichernd zuwinkten. »Ich denke, ich amüsiere mich noch ein bisschen. Mein Handy ist eingeschaltet, falls irgendetwas ist.«
Samantha stellte sich auf die Zehenspitzen und umarmte ihn. »Ich weiß, kleiner Bruder. Ich rufe dich an, wenn ich dich brauche, ich verspreche es.« Ricky zwinkerte ihr zu und gesellte sich wieder zu seinen beiden Gespielinnen.
Wendy versuchte noch einmal, Samantha dazu zu überreden, sie mitzunehmen, aber ihre Freundin wollte nichts davon hören. »Mum schläft. Wahrscheinlich kann ich vor morgen früh ohnehin nicht mit ihr reden. Geh nur, Wendy. Ich rufe dich an, sobald es etwas Neues gibt.«
Wendy seufzte. »Na schön. Was machst du denn, wenn du mit deiner Mutter gesprochen hast? Fährst du ins Manor zurück oder gleich nach Dublin?«
»Wo sollte ich in Dublin denn unterkommen?«, fragte Samantha.
»In unserer Wohnung, wo sonst?«
»Willst du mich denn überhaupt zurückhaben?«
Wendys Augen leuchteten auf. »Und ob ich das will!« Sie schlang beide Arme um Samantha. »Ich war todunglücklich, als du ausgezogen bist. Wir haben uns bislang auch noch nicht nach einer neuen Mitbewohnerin umgesehen.«
Samantha drückte die Freundin dankbar an sich.
»Also gut.« Wendy trank ihre Flasche Gracias leer. »Ich sehe jetzt zu, dass ich ins Bett komme, es ist schon spät. Gillian dürfte inzwischen auch wieder zurück sein. Wenn wir dich heute Abend nicht mehr sehen, packen wir deine Sachen zusammen und nehmen sie morgen früh mit, wenn wir nach Hause fahren. Einverstanden?«
»Einverstanden. Danke, Wendy.«
»Keine Ursache. Außerdem rechne ich fest damit, dass du mich ohnehin noch von der Hochzeitssuite des Manor aus anrufst, um mir zu sagen, dass du mit Cam wieder ins Reine gekommen bist. Glaub mir, Sam, deine Mutter hat heute einfach nur ein bisschen neben sich gestanden.«
»Hoffentlich hast du Recht.«
»Ganz sicher.« Wendy verabschiedete sich und winkte ein Taxi heran.
Samantha blieb allein vor dem Wicklow Arms stehen. Sie spürte überhaupt nicht, wie der Regen allmählich ihren Pullover zu durchweichen begann.
»Hi, Süße. Bisschen Gesellschaft gefällig?«, riss eine Stimme sie aus ihren Grübeleien.
»Bitte?« Sie fuhr herum. Vor ihr stand ein Mann, der aussah, als sei er gerade von einer Baustelle gekommen. Seine Jeans waren mit weißem Zementstaub bedeckt, sein Pullover an den Ärmeln ausgefranst. Aber er lächelte freundlich und wirkte nicht im Mindesten bedrohlich. Seine Freunde zogen ihn wegen seines Annäherungsversuches gutmütig auf. »Die Lady spielt nicht in deiner Liga, Kumpel. Lass sie lieber in Ruhe.«
Samantha schenkte ihrem so unverhofft aufgetauchten
Verehrer ein gequältes Lächeln. »Äh... danke, lieber nicht. Ich wollte gerade gehen.«
»Schade, schade.« Er gab das Lächeln zurück. »Vielleicht nächstes Mal, Schätzchen.«
Samantha erwiderte nichts darauf, sondern nickte nur und wandte sich ab. Wenn er und seine Kumpane wüssten, was für einen Tag sie hinter sich hatte! Einen irrwitzigen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, mit ihrem neuen Bekannten in den Pub zurückzugehen und sich einen schönen Abend zu machen, aber der gesunde Menschenverstand siegte. Sie holte tief Atem und trat den Rückweg zum Wicklow General Hospital an.
David Neilson lehnte mit dem Rücken an der Bar, blickte sich im großen Gesellschaftszimmer des Rathnew Manor um und beobachtete, wie seine Frau Stephanie Hof hielt. Dann wandte er sich ab, stützte einen Ellbogen auf den Tresen und ließ die beiden großen Eiswürfel in seinem Whiskeyglas kreisen.
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