Zurueck ins Glueck
muss alles wissen.« Sie starrte blind zu Boden; sie hätte den Anblick ihrer Mutter jetzt nicht ertragen. »Lass nichts aus, damit ich wenigstens weiß, wie schlimm es tatsächlich ist.«
Kathleen kletterte gehorsam wieder in ihr Bett.
»Im Frühjahr 69 zogen wir in das Gärtnerhaus von Dunross, im April, glaube ich. Pablo machte seine Sache von Anfang an sehr gut, zum Glück für uns, denn ich hatte meinen Job aufgeben müssen, ich konnte nicht zwischen Wicklow und Dublin pendeln, die Entfernung war
zu groß. Eine Weile ging alles gut, doch dann wurden wir zu einer Party in diesem gottverdammten Haus eingeladen. Sam, ich...«
»Erzähl weiter.« Samantha stöhnte leise, umklammerte den Eimer, richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand.
»Ich war sehr aufgeregt, weil ich schon lange auf keiner Party mehr gewesen war. Also zog ich mein Mary-Quant-Kleid an, und wir gingen hin.«
»Weiter.«
»Es herrschte eine ausgelassene Stimmung, jeder tanzte mit jedem, und James war ein überaus attraktiver Mann. Sam, bitte lass es genug sein.«
» Weiter!«
»Ich tanzte mit ihm zu diesem neuen Song der Archies – er hieß ›Sugar, Sugar‹, und James fing an, mich Sugar zu nennen. Das gefiel mir. Dann sah ich Rose. Sie tanzte mit Pablo. Jetzt spielten sie ›Get Back‹ von den Beatles. Ich sehe diese Hexe noch genau vor mir; sie sang das Lied mit und behielt mich dabei ständig im Auge, gab mir zu verstehen, dass auch ich gut daran täte, dahin zurückzugehen, wo ich hergekommen war. Sie machte mir ohne Worte unmissverständlich klar, dass ich für sie nicht mehr als Dreck unter ihrem Schuh war. O Gott, ich hasste diese eingebildete, hochnäsige Ziege wie die Pest!«
»Und da wolltest du ihr eins auswischen, indem du mit ihrem Mann schläfst?«
»So weit sollte es ja gar nicht kommen, ich wollte sie nur eifersüchtig machen. James erzählte mir, er hätte sich gerade ein neues Auto gekauft. Es war ein funkelnagelneuer silberner Aston Martin, so einen tollen Sportwagen
hatte ich noch nie aus der Nähe gesehen. Deswegen gingen wir hinaus, James wollte ihn mir zeigen. Pablo war kurz vorher mit mir im Kino gewesen, in diesem James-Bond-Film mit George Lazenby – Im Dienste Ihrer Majestät . Ich erinnere mich noch, wie verbittert ich war, als Pablo mich auf die Wange küsste und mir zuflüsterte, dass so ein Auto nichts für Leute wie uns wäre. Ich wollte in schnellen, teuren Wagen spazieren gefahren werden, Sami. Ich verlangte mehr vom Leben als das bescheidene Angestelltendasein, mit dem Pablo sich zufriedengab. Wie dem auch sei, James und ich gingen sein neuestes Spielzeug bewundern. Sam – es war das Auto von James Bond.« Kathleens Augen funkelten, als sie an diesen Moment zurückdachte. »Ich wusste vor Aufregung gar nicht, was ich sagen sollte. Ein paar Minuten lang schien mir das Leben, das ich mir erträumte, zum Greifen nah«, fügte sie fast flehend hinzu; bestrebt, ihrer Tochter ihre Gründe für ihr Handeln plausibel erscheinen zu lassen. Doch Samanthas Miene blieb unverändert eisig. »Wir setzten uns in den Wagen, er stellte das Radio an, und dann kam ein neuer französischer Song, den ich noch nie vorher gehört hatte. Er hieß ›Je t’aime‹«, fügte sie fast schuldbewusst hinzu.
Samantha gab ein ersticktes Stöhnen von sich.
»Ich wollte nicht so weit gehen... es hat sich einfach so ergeben.«
»Also hast du mich in einem James-Bond-Wagen zu den Klängen von ›Je t’aime‹ empfangen? Na großartig!«
»Es ging alles so schnell. Es war ein Fehler, ich weiß.«
»Ich war also ein Fehler? Das wird ja immer besser. Vielen herzlichen Dank!«
»So habe ich das nicht gemeint. Du bist das Beste, was
mir in meinem Leben je passiert ist. Es tut mir nur leid, dass ich dir das alles nicht schon viel früher erzählt habe.«
»Warum zum Teufel hast du mich nicht schon vor Jahren gewarnt, als ich dir sagte, dass ich für die Judges arbeiten würde?«
»Ich habe es doch versucht.«
»Große Mühe hast du dir dabei nicht gegeben.« Samantha unterdrückte ein neuerliches gequältes Stöhnen. »Mum, könnte es nicht sein, dass du dich irrst? Dass du dich mit dem Zeitpunkt der Empfängnis vertan hast und Pablo doch mein Vater ist?«
»Ich weiß genau, wann ich schwanger geworden bin. Pablo hatte sich gerade von einer schweren Grippe erholt, er hatte sich vor lauter Freude über seinen ersten festen Job gefährlich übernommen, und wir hatten ein paar Wochen vor der Party keinen Sex
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