Zurueck ins Glueck
die Kellnerin versprochen hatte, sich selbst darum zu kümmern und sie allein ließ, versuchte Cameron, das Thema zu wechseln.
»Hättest du Lust, Freitagabend nach Oistins zu fahren? Wann warst du zum letzten Mal beim Fischfest?« Er sprach von der größten Party auf Barbados. Jeden Freitagabend strömten Menschen aller Altersstufen in das in der Nähe von Bridgetown gelegene Fischerdorf Oistins, um Unmengen frisch gebratenen Fisch, Barbados-Rum und Bier zu vertilgen und zu einheimischer Musik zu tanzen.
»Keine schlechte Idee.« Rose gab sich sichtlich Mühe, ihre schlechte Laune nicht an ihrem Sohn auszulassen.
»Ein Vorschlag zur Güte, Mutter. Wenn du das Thema Samantha nicht mehr ansprichst, führe ich dich morgen Abend ins The Cliff zum Essen aus.«
Jetzt strahlte Rose über das ganze Gesicht. »Versprochen. Ich sage kein Wort mehr.« Sie lächelte kokett. »Kein Sterbenswörtchen.«
Während er müßig am Strand lag, überlegte Cameron, ob und wie lange sie es fertig bringen würde, dieses Versprechen zu halten.
Als die Kraft der Sonne nachzulassen begann, bestellte er den ersten Cocktail des Abends. Ihm blieb noch eine Stunde, um in Ruhe den Sonnenuntergang zu genießen, ehe er sich für den Abend mit seiner Mutter ankleiden musste. Sogar am Wasser galt abends eine strikte Kleiderordnung. Badehosen und Bikinis waren tagsüber gestattet, aber sobald die Sonne untergegangen war, war korrekte Kleidung ein Muss, um überhaupt bedient zu werden. Cameron lächelte in sich hinein. Im Westen Irlands
ließe sich so ein ungeschriebenes Gesetz nie durchsetzen.
» Cameron, huhu !« Seine Mutter kam auf ihn zu. Mit dem kleinmädchenhaften Ruf wollte sie nicht nur seine Aufmerksamkeit, sondern vor allem die der anderen Badegäste – vorwiegend der männlichen – auf sich lenken. Er kannte ihre Spielchen. Sie hatte den größten Teil des Tages im Kosmetikstudio verbracht und war jetzt bereit, ihren großen Auftritt am Strand zu inszenieren. Cameron beobachtete sie. Er musste zugeben, dass sie für ihr Alter fantastisch aussah. Sie wusste, wie man sich für den Strand zurechtmachte. Rose trug einen dunklen einteiligen Badeanzug und einen dazu passenden Sarong, der knapp unterhalb der Knie endete und ihre wohlgeformten Waden betonte, dazu Strandsandalen mit einem kleinen Absatz. Cameron hatte sie oft zu seinen Schwestern sagen hören, jeder Zentimeter Absatz mogele ein Pfund von ihren Hüften weg – was bei ihrer ohnehin schon überschlanken Figur völlig überflüssig war. Auf ihrem Kopf saß ein riesiger Strohhut, und sie trug ihre übliche überdimensionale Jackie-Onassis-Sonnenbrille, die gerade ein modisches Comeback erlebte. Rose pflegte diesen Stil schon seit über vierzig Jahren und war immer gut damit gefahren. Doch der Zufall wollte es, dass sie dieses Jahr damit genau im Trend lag, wie Cameron mit leiser Belustigung feststellte. Ihre große Strandtasche war auf ihren Gucci-Badeanzug abgestimmt. Cameron mochte gut gekleidete Frauen, und seine Mutter hatte ihn in dieser Hinsicht noch nie enttäuscht. Er wusste, dass sie ungefähr fünftausend Euro am Leib trug; gut angelegtes Geld, fand er, denn ihm entgingen die bewundernden Blicke nicht, die
die anderen Männer ihr zuwarfen. Einige davon waren nicht älter als er selbst.
»Mutter«, begrüßte er sie, als sie vor seiner Liege stand – laut genug, um alle in Hörweite wissen zu lassen, dass er nicht auf Frauen stand, die vom Alter her seine Mutter sein konnten.
»Bist du seit heute Morgen hier?«, fragte sie.
»Bin ich, und ich habe das süße Nichtstun in vollen Zügen genossen. Wie war dein Tag? Du siehst großartig aus.«
»Es war einfach göttlich. Ich habe mich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt, und ich freue mich schon auf unseren gemeinsamen Abend.«
Frank näherte sich, um sich zu erkundigen, ob Rose etwas trinken wollte.
Cameron deutete auf die Liege neben der seinen. »Hast du Lust, dir mit mir bei einem Drink den Sonnenuntergang anzuschauen?«
»Gute Idee.« Rose lächelte dem Kellner zu. »Ich hätte gern einen Erdbeerdaiquiri.«
»Kommt sofort. Für Sie auch noch etwas?« Frank sah Cameron fragend an.
»Ich nehme noch einen Rumcocktail, Frank.«
»Du kennst das Personal schon beim Namen?«, neckte Rose ihn, sowie Frank außer Hörweite war.
Cameron legte sich zurück und schloss die Augen, weil ihn die sinkende Sonne blendete. Sie stand jetzt tief genug, um unter seinen Schirm zu scheinen. »Er ist der für mich
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