Zurück ins Licht (Das Kleeblatt)
ausschließlich mit Auto. Allerdings … Ich sag’s echt nicht gern, das musst du mir glauben, aber Türzu hat den Rolls Royce gebraucht. Ja, ausgerechnet heute!“ Sie hob Schultern und Hände in gespielter Hilflosigkeit, wozu sie theatralisch keuchte: „Was hätte ich denn machen sollen? Etwa laufen? An der frischen Luft? Du weißt, das vertrag’ ich net. Und welcher Student kann sich schon ein Taxi leisten?“
„Oh nein , nicht den Mini! Nicht nach dieser überdimensionalen Gehirnerschütterung, die mich um ein Haar mein wertvollstes Leben gekostet hätte! Ich habe nicht vor, in einer Stunde erneut hier eingeliefert zu werden. Du!“ Susann schoss herum, richtete ihren Zeigefinger anklagend auf Cat und kam drohend einen Schritt näher. „Du willst mich loswerden! Falsches Biest, kannst es nicht erwarten, dir meine Plattensammlung zu krallen, was? Erbschleicherin, elendige! Keinen Stress und Ärger, habe ich der Schwester versprochen, sonst behält sie mich hier. Vielleicht hätte sie besser mit dir ein Wörtchen reden sollen.“
S usann ließ ihre Taschen fallen und setzte sich mit trotzig verschränkten Armen auf ihr Bett. Die Katze müsste sie hier heraustragen, wenn sie im Mini mitfahren sollte. Sie hasste das Autofahren im Allgemeinen und jede Fahrt in diesem motorisierten Sarg im Besonderen.
Mit Cat am Steuer!
Ihre Zähne knirschten gefährlich, als sie knurrte: „Höchstens über meine Leiche!“
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie sich Cat in diebi scher Vorfreude die Hände rieb. „Sag nichts!“, fauchte sie.
„ Was braucht’s bei einem solchen Angebot weiterer Worte?“
Angesichts der Vorstellung, wie Susann von der einen Kopf kleineren und höchst zierlichen, geradezu zerbrechlich wirkenden Catherine zum Auto geschleppt wurde, überkam die beiden in der nächsten Sekunde ein Lachkrampf, der ihnen die Tränen aus den Augen trieb.
Plötzlich sprang Susann wie von der Tarantel gestochen von ihrem Bett. Mit erhobenem Zeigefinger gebot sie ihrer Freundin Einhalt und schrie auf: „Ja! Cat, ich hab’s!“
Dann redete sie leise auf ihre Freundin ein, als befürchtete sie, die Wände hätten Augen und Ohren.
Was nicht völlig aus der Luft gegriffen war.
Wenig später stand sie am Empfang in der lichtdurchfluteten Eingangshalle der Klinik. Mit gelangweiltem Gesichtsausdruck erkundigte sie sich – ein Bild Fleisch gewordener Unschuld – bei einer ihr unbekannten Schwester nach einem … Äh, wie hieß er gleich noch mal? Stoj… Verdammt, wie konnte sie das vergessen? Doktor Stojnow? Oder Stojkow? Gab es einen Arzt mit diesem oder einem ähnlichen Namen in dem Krankenhaus? Ihre Schwägerin war von ihm vor geraumer Weile behandelt worden und ließ ihm durch sie Grüße und eine ganz persönliche Nachricht übermitteln.
„Einen Moment, bitte.“ Diensteifrig blätterte die Schwesternschülerin in der Kartei ihres Computers. Dann schüttelte sie verlegen den blonden Lockenkopf, wobei sich ihr hübsches Gesicht mit leichter Röte überzog. „Oh, es tut mir aufrichtig leid, Doktor Stojanow ist derzeit nicht im Dienst. Ich bedauere, Ihnen nicht weiterhelfen zu können.“
Keine Bange. Ich glaube nämlich, das hast du gerade getan – wenngleich ich wesentlich besser lügen kann als du, dachte Susann abfällig und entdeckte im gleichen Augenblick Catherine, die von der gegenüberliegenden Seite der Halle auf den Empfang zu gestürmt kam und die Krankenschwester mit gespielter Aufregung regelrecht anschrie.
Ein Krankenwagen hätte ihre Mutter in eine Klinik gebracht – Herzinfarkt oder noch viel Schlimmeres – Jesus und Maria! – sie wüsste nicht einmal, wo man sie hingebracht hatte – ob sie ihr helfen könne – sicher könnte sie ihr helfen – sie müsse es doch wissen oder könnte sich wenigstens erkundigen – oh Gott, ihre arme Mutter – sie war noch nie krank und ihre Tochter einfach hilflos, oh Gott, oh Gott!
Catherine sprach mühelos ohne Punkt und Komma und beanspruchte auf diese Weise die total verwirrte Schwester ganz für sich. Mit der ihr eigenen Schamlosigkeit nutzte Susann, die an sich halten musste, um vor Lachen nicht laut loszubrüllen, diesen recht langen Moment und drehte den Monitor des Computers in ihre Richtung. Hastig flogen ihre Augen über die noch aufgeblendete Seite der Datei.
Es war die Patientenkartei!
Bei „Stojanow, Angel“ blieb ihr Blick an dem Kürzel „IS7S“ hängen.
4. Kapitel
„Intensivstation! Ich sage dir, das heißt
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