Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
Vom Netzwerk:
Pfleger. In den letzten vierzehn Tagen war sie aus den unterschiedlichsten Gründen zu mehreren Verabredungen zu spät gekommen: Mal hatte sie dem verzweifelten Ehemann einer Schlaganfallpatientin geholfen, Verbindung zum Sohn aufzunehmen; mal hatte sie einer Frau beim Waschen geholfen, weil deren Pfleger nicht aufgetaucht war, um sie zu baden – wobei sie frustriert auf die Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften geschaut hatte, die es ihr untersagten, der armen Frau tatsächlich ins Bad zu helfen. Ein andermal hatte eine Patientin hartnäckig erklärt, sie könne sich unmöglich auf die Sprachtherapie konzentrieren, weil ihre Tochter ihr die falschen Schokoladenkekse gekauft hatte. Also war Alex losgerannt, um Hobnobs zu kaufen – allerdings mehr um der Tochter als um der Mutter willen. Und bei zwei weiteren Gelegenheiten war sie in die Apotheke gelaufen, um dringend benötigte Medikamente abzuholen, wofür außer ihr niemand Zeit zu finden schien.
    »Wenn du nicht aufhörst, dich Tag für Tag zu verausgaben«, sagte Jude ihr nun, wobei sie den Schokoladenpudding aufaß und sich dem Kaffee zuwandte, den sie offenbar dringend brauchte, um wach zu bleiben, »werde ich dir bei vielen Dingen helfen müssen.«
    »Bei welchen Dingen?«
    »Ich weiß nicht. Beim Einkaufen vielleicht ... bei langweiligen Sachen halt.«
    »Dein Leben ist auch nicht gerade unausgefüllt«, erwiderte Alex und erinnerte ihn daran, dass die Arbeiten in Luddesdown Terrace sich allmählich dem letzten Termin näherten, was Überstunden für die Arbeiter bedeutete.
    »Meinen Stress kann man nicht mit deinem vergleichen«, entgegnete Jude.
    »Meiner ist nur eine Frage der Gewohnheit. Disziplin ist alles.« Sie verzog das Gesicht. »Alle, die Hausbesuche machen, müssen lernen, ein Gleichgewicht zwischen Mitgefühl und gesundem Menschenverstand zu finden, sagt man uns immer.«
    Jude blickte sie an.
    »Es gibt etwas, das du für mich tun könntest«, sagte er dann. »Etwas, das dich zwingen würde, es an den meisten Tagen ein bisschen langsamer angehen zu lassen. Es ist wie Yoga, nur leichter.« Er grinste ihr ins Gesicht, auf dem sich Verwirrung spiegelte. »Ich möchte dich malen.«
    »Du malst auch Porträts?« Alex war überrascht. Sie hatte Landschaften von ihm gesehen und abstrakte und schier unglaublich detaillierte Miniaturen von Häusern, aber noch nie ein Porträt.
    »Selten«, antwortete Jude. »Würde es dir etwas ausmachen?«
    »Willst du mich wirklich malen?« Die Vorstellung war ihr ausgesprochen angenehm, und das konnte sie nicht verbergen. »Oder suchst du bloß nach Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass ich es ruhiger angehen lasse?«
    »Was denkst du?«
    »Ich kann nicht gut stillsitzen.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen«, sagte Jude. »Aber du musst dich nur entspannen.«
    »Das kann ich genauso schlecht«, erklärte Alex.
    »Dann musst du es lernen«, erwiderte Jude.

34
    Frankie hat sich gerade zum ersten Mal richtig über Mrs Levin geärgert.
    »Ich dachte, Sie wären ausgegangen«, sagte sie am Morgen des ersten Mittwochs im Juli, als sie in die Küche kam und ihre Arbeitgeberin dort sitzen sah, umgeben von noch mehr Unordnung als üblich.
    »Der Papierkram stapelt sich«, erklärte Alex. »Tut mir leid.«
    Frankie zuckte mit den Schultern. »Dann werde ich einfach um Sie herum arbeiten.«
    »Möchten Sie lieber an einem anderen Tag kommen?«
    »Jetzt bin ich schon mal hier«, erwiderte Frankie. »Ich komme schon zurecht.«
    Alex schaute sich in der Küche um, betrachtete die Sauberkeit, die – so bemerkte Frankie – sie noch immer zu erstaunen schien.
    »Ich habe nachgedacht«, sagte Alex. »Vielleicht wäre ein Tag in der Woche doch genug ... nun, da Sie alles so schön gemacht haben«, fügte sie rasch hinzu.
    »Darüber haben wir doch schon gesprochen.« Frankie spürte, wie eine Ader in ihrer Stirn pochte. »Das würde nicht reichen.«
    »Ich glaube«, sagte Alex, »ich kann mich immer noch nicht daran gewöhnen, jemand anderen meine Unordnung aufräumen zu lassen.«
    Das ist es, was Frankie wirklich ärgert.
    Aber dieses Spiel können zwei spielen.
    »Und es ist nicht richtig«, sagt sie, »dass jemand, der so hart arbeitet, anderen Menschen zu helfen, zu Hause noch mehr arbeiten soll.«
    Mrs Levin blickt noch immer zweifelnd.
    »Wie dem auch sei«, fügt Frankie hinzu, »ich brauche das Geld. Sie würden mir also gleichzeitig einen Gefallen damit tun.«
    Alex gibt nach.
    Frankie hat nichts anderes

Weitere Kostenlose Bücher