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Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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Er stand auf, eilte ihm entgegen und fuhr fort: »Doch was ist dir denn? Wie bleich du aussiehst – Blut! woher kommt dieses Blut?«
    »Wirklich, das ist Blut,« sprach der Graf, indem er aufstand. »Bist du verwundet, mein Freund?«
    »Nein, gnädiger Herr,« versetzte Grimaud, »dieses Blut ist nicht das meinige.«
    »Also wessen denn?« fragte Rudolf.
    »Es ist das Blut jenes Unglücklichen, den Sie im Wirtshaus zurückgelassen haben, und der in meinen Armen gestorben ist.«
    »In deinen Armen – jener Mann? weißt du, wer es war?«
    »Ja,« erwiderte Grimaud. »Es war der vormalige Scharfrichter von Bethune.«
    »Das weiß ich.«
    »Du kanntest ihn?«
    »Ich kannte ihn.«
    »Und er starb?«
    »Ja.«
    Die zwei jungen Männer blickten einander an. »Geh, Grimaud, und laß dich bedienen; schaffe an, bestelle, und wenn du dich erquickt hast, so laß uns plaudern.«
    »Nein, gnädiger Herr, nein,« antwortete Grimaud, »ich kann hier keinen Augenblick verweilen, ich muß nach Paris zurückkehren.«
    »Wie, du kehrest nach Paris zurück? Du irrst; Olivain geht dahin und du bleibst hier.«
    »Im Gegenteil, Olivain wird bleiben, und ich reise, ich bin ausdrücklich gekommen, um es Ihnen zu melden.«
    »Aus welcher Veranlassung ward das abgeändert?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Erkläre dich.«
    »Ich kann mich nicht erklären.«
    »Geh doch, was soll dieser Scherz?«
    »Der Herr Vicomte weiß, daß ich niemals scherze.«
    »Ja. allein ich weiß auch, daß der Herr Graf de la Fère zu mir sagte, du würdest bei mir bleiben, und Olivain sollte nach Paris zurückgehen. Ich werde mich an die Befehle des Herrn Grafen halten.«
    »Doch nicht unter diesen Umständen, gnädiger Herr!«
    »Willst du mir etwa ungehorsam werden?«
    »Ja, gnädigster Herr, da es sein muß.«
    »Also bestehst du darauf?«
    »Ich gehe, Herr Vicomte; seien Sie glücklich.«
    Grimaud verneigte sich und wandte sich der Türe zu, um fortzugehen. Rudolf war entrüstet und zugleich besorgt, stürzte ihm nach und hielt ihn am Arm zurück, während er ausrief: »Grimaud, du bleibst hier, ich will es!«
    »Dann,« erwiderte Grimaud, »dann wollen Sie, daß ich den Herrn Grafen ermorden lasse.« Grimaud verneigte sich abermals und machte Miene, sich zu entfernen. »Ha, Grimaud, mein Freund!« rief der Vicomte, »du wirst nicht so fortgehen, und mich in solcher Angst lassen. Rede, Grimaud, im Namen des Himmels, rede!« Rudolf sank ganz wankend auf einen Stuhl nieder. »Ich kann Ihnen nur eins mitteilen, gnädiger Herr, denn das Geheimnis, das Sie von mir fordern, gehört nicht mir. Nicht wahr. Sie sind einem Mönche begegnet?« »Ja.« Die zwei Männer blickten sich voll Schauder an. »Sie haben ihn zu dem Verwundeten gebracht?« »Ja.« »So hatten Sie Zeit, ihn zu sehen?« »Ja.« »Und vielleicht werden Sie ihn wieder erkennen, wenn Sie ihm je noch einmal begegnen sollten?« »O ja, das schwöre ich!« rief Rudolf. »Auch ich,« sagte de Guiche. »Nun, wenn Sie diesem Menschen, der nicht Mönch ist, je wieder begegnen, wo es auch wäre, auf der Heerstraße, in der Stadt, in irgendeinem Gebäude, so setzen Sie den Fuß auf ihn und zermalmen Sie ihn ohne Mitleid, ohne Erbarmen, wie Sie es mit einer Viper, einer Schlange, einer Schleiche tun würden; treten und lassen Sie ihn nicht früher los, bis er völlig tot ist, denn so lang er lebt, bleibt mir das Leben von fünf Menschen zweifelhaft.« Und ohne daß Grimaud noch ein Wort beifügte, benützte er das Erstaunen und den Schrecken, in welche er diejenigen versetzt hatte, die ihn anhörten, um aus dem Zimmer zu eilen.

Am Tage vor der Schlacht
    Rudolf ward aus seinen düsteren Betrachtungen durch den Wirt gezogen, der rasch in das Zimmer trat, worin der eben erzählte Auftritt stattgefunden hatte, und ausrief: »Die Spanier! die Spanier!« Indes nun Herr d'Arminges Befehl gab, daß die Pferde zum Aufbruch bereitgehalten werden, gingen die zwei jungen Männer zu den höchsten Fenstern im Hause, welche die Aussicht auf die Umgebung hatten, und sahen wirklich in der Richtung gegen Mersin und Sains ein starkes Infanterie- und Kavalleriekorps heranrücken. Diesmal war es kein herumstreifender Haufen von Parteigängern mehr, sondern ein ganzes Heer. Es ließ sich somit kein anderer Entschluß fassen, als die verständigen Vorschriften des Herrn d'Arminges zu befolgen, und sich zurückzuziehen. Die jungen Männer gingen in Eile hinab. Herr d'Arminges saß schon zu Pferde. Olivain hielt die zwei Pferde

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