Zwanzig Jahre nachher (German Edition)
und teilte mir all sein Wissen mit; auch half er mir in den Nachforschungen, die ich über meine Familie anstellte.« »Und diese Nachforschungen?« »Waren vergeblich; der Zufall hat alles getan.« »Habt Ihr ermittelt, was aus Eurer Mutter geworden ist?« »Ich habe erfahren, daß sie von diesem Verwandten unter Mitwirkung von vier Freunden ermordet worden sei; allein ich wußte bereits, daß mir König Karl I. den Adel und alle meine Güter weggenommen habe.« »Ah, nun begreife ich, warum Ihr Herrn Cromwell dienet. Ihr hasset den König.« «Ja, Monseigneur, ich hasse ihn,« entgegnete der junge Mann. Mazarin stutzte bei dem teuflischen Ausdruck, womit der junge Mann diese Worte aussprach; wie sich sonst die Gesichter mit Blut färben, so färbte sich das seinige mit Galle und wurde totenfahl. «Eure Geschichte, Herr Mordaunt, ist furchtbar und rührt mich ungemein; allein zum Glücke für Euch dienet Ihr einem mächtigen Herrn. Er muß Euch in Euren Nachforschungen behilflich sein, da Männern von unserer Stellung so viele Auskünfte zufließen.« »Monseigneur, einem guten Spürhunde braucht man bloß das eine Ende einer Fährte zu zeigen, so kommt er sicher an das andere.« »Wollt Ihr aber, daß ich mit diesem Verwandten rede, von dem Ihr mir gesagt habt?« fragte Mazarin, da ihm daran gelegen war, sich bei Cromwell einen Freund zu machen. »Ich danke, gnädigster Herr, ich will selbst mit ihm reden.« »Doch, sagtet Ihr nicht, daß er Euch mißhandelt habe?« »Er wird mich das nächste Mal, wenn er mich wieder sieht, besser behandeln.« »Ihr habt sonach ein Mittel, ihn zu rühren?« »Ich habe ein Mittel, mich fürchten zu lassen.«
Mazarin starrte den jungen Mann an, doch senkte er bei dem Blitze, der aus dessen Auge zuckte, den Kopf wieder, und verlegen, wie er ein solches Gespräch fortsetze, erbrach er Cromwells Brief. Wir geben ihn buchstäblich wieder:
»An Seine Eminenz, Monseigneur Kardinal Mazarin! Gnädigster Herr, ich wollte Ihre Absichten in Rücksicht der gegenwärtigen Angelegenheiten Englands kennen lernen. Die zwei Königreiche sind zu sehr benachbart, als daß sich Frankreich nicht um unsere Lage bekümmern sollte, gleich wie wir uns um jene von Frankreich bekümmern. Fast alle Engländer sind darin einig, die Gewaltherrschaft des Königs Karl und seiner Parteigänger zu bekämpfen. Da mich das allgemeine Zutrauen an die Spitze dieses Aufstandes stellte, so würdige ich besser als irgend jemand das Wesen und die Folgen davon. Ich führe nun Krieg, und stehe im Begriffe, dem Könige Karl eine entscheidende Schlacht zu liefern. Ich werde dieselbe auch gewinnen, da die Hoffnung der Nation und der Geist des Herrn mit mir ist. Wenn nun diese Schlacht gewonnen ist, so hat der König keine Hilfsquellen mehr, weder in England, noch auch in Schottland, und wird er nicht gefangen genommen oder getötet, so versucht er es, nach Frankreich überzusetzen, um dort Soldaten anzuwerben und sich wieder Geld und Waffen zu besorgen. Frankreich hat bereits die Königin Henriette aufgenommen, und, sicherlich ohne seinen Willen, einen Herd unverlöschbaren Bürgerkrieges in meinem Lande unterhalten; allein Madame Henriette ist eine Tochter Frankreichs, und ihr gebührt Frankreich Gastfreundschaft. In Bezug auf den König Karl bekommt die Frage einen andern Gesichtspunkt; würde ihn Frankreich aufnehmen und unterstützen, so würde es auch die Handlungen des englischen Volkes mißbilligen und somit England, und insbesondere der Regierung, die es zu nehmen vorhat, wesentlich schaden, so daß ein solcher Zustand geradezu schreienden Feindseligkeiten gleich wäre.
Es ist mir daher zu wissen dringend notwendig, Monseigneur, wie ich mich in bezug auf die Gesinnungen Frankreichs zu halten habe. Wiewohl dieses Reich und England im umgekehrten Sinne beherrscht werden, so nähern sich dennoch die Interessen beider mehr, als man meinen sollte. England braucht innere Ruhe, um die Vertreibung des Königs ganz zu bewerkstelligen, und Frankreich braucht Ruhe, um den Thron seines jungen Monarchen festzustellen. Auch Sie bedürfen ebensosehr, wie wir, dieses inneren Friedens, und wir sind ihm auch nahe, kraft der Energie unserer Regierung.
Ihr Hader mit dem Parlamente, Ihre auffallenden Zerwürfnisse mit den Prinzen, die heute für Sie kämpfen, morgen wider Sie streiten werden, der von dem Koadjutor, dem Präsidenten Blancmesnil und dem Rat Broussel geleitete Starrsinn des Volkes, kurz, all diese Zerrüttung, welche durch
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