Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Zwanzig Jahre nachher (German Edition)

Titel: Zwanzig Jahre nachher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
Vom Netzwerk:
sind.«
    »Nun,« sprach die Königin, indem sie sich in die Lippen biß, während sich die Höflinge betroffen anblickten, »worin besteht dieser Wunsch meines Volkes?«
    »Madame,« erwiderte der Marschall, »daß ihm Broussel herausgegeben werde.«
    »Nimmermehr,« rief die Königin, »nimmermehr!«
    »Ihre Majestät ist Gebieterin,« versetzte la Meilleraie, verneigte sich und trat einen Schritt zurück.
    »Wohin geht Ihr, Marschall?« fragte die Königin.
    »Ich gehe, die Antwort Ihrer Majestät zu überbringen, da man darauf wartet.«
    »Bleibt, Marschall, ich will mir nicht den Anschein geben, als ob ich mit Rebellen unterhandelte.«
    »Madame,« entgegnete der Marschall, »ich habe mein Wort gegeben.«
    »Was sagen will? ...«
    »Daß, wenn Sie mich nicht verhaften lassen, ich hinabzugehen gezwungen bin.«
    Die Augen der Königin Anna schleuderten zwei Blitze. »O, das hätte nichts auf sich, mein Herr,« sprach sie, »ich ließ schon Größere verhaften, als Ihr seid – Guitaut! –« Mazarin trat schnell vor und sagte:
    »Madame, dürfte ich es wagen, einen Rat zu geben? ...«
    »Etwa auch denselben, Broussel herauszugeben, mein Herr? Wenn das ist, so mögen Sie sich dessen überheben.«
    »Nein,« erwiderte Mazarin, »obschon dieser vielleicht ebensoviel wert ist als ein anderer.«
    »Worin bestände er nun?«
    »Den Herrn Koadjutor berufen zu lassen.«
    »Den Herrn Koadjutor!« – rief die Königin, »diesen verwünschten Ruhestörer; er veranlaßte diesen ganzen Tumult.«
    »Um so mehr,« versetzte Mazarin; »hat er ihn veranlaßt, so kann er ihn auch wieder stillen.«
    »O, Madame,« sprach Comminges, der an einem Fenster stand, durch das er hinausblickte, »sehen Ihre Majestät, die Gelegenheit ist gut, denn dort ist er eben auf dem Platze des Palais-Royal.« Die Königin eilte ans Fenster und rief: »In der Tat, seht den heuchlerischen Mann!«
    »Ich sehe,« sprach Mazarin, »daß alle vor ihm knien, wiewohl er nur Koadjutor ist, indes man mich, wäre ich an seiner Stelle, in Stücke hauen würde, wiewohl ich Kardinal bin. Somit beharre ich auf meinem Wunsche, Madame, daß Ihre Majestät den Koadjutor empfangen möge.«
    »Warum sagt Ihr nicht auch: auf Eurem Willen?« fragte die Königin mit leiser Stimme. Mazarin verneigte sich.
    Die Königin versank in Nachdenken; ein Weilchen darauf erhob sie den Kopf wieder und sagte: »Herr Marschall, holet mir den Koadjutor und bringt ihn zu mir.«
    »Und was soll ich dem Volke sagen?« fragte der Marschall.
    »Daß es sich gedulde,« versetzte die Königin, »da ich es gleichfalls tue.« Die Türe ging wieder auf, der Marschall erschien mit dem Koadjutor.
    »Madame,« sprach er, »hier ist Herr von Gondy, der sich beeilt, den Befehlen Ihrer Majestät nachzukommen.« Die Königin trat ihm vier Schritte entgegen, dann blieb sie stehen, kalt, ernst, regungslos und mit verächtlicher Miene. Gondy verneigte sich mit Ehrerbietung. »Nun, mein Herr,« fragte die Königin, »was sagt Ihr zu diesem Tumult?«
    »Es ist schon kein Tumult mehr, Madame,« entgegnete der Koadjutor, »sondern eine Empörung.«
    »Die Empörung bei denjenigen, welche glauben, daß sich mein Volk empören könnte!« rief die Königin, unfähig, sich vor dem Koadjutor zu verstellen, welchen sie ganz richtig als den Urheber dieses ganzen Aufstandes ansah. »Empörung, so nennen sie jene, welche wie sie wünschten, den Aufruhr, angezettelt haben. Doch wartet nur, die Autorität des Königs wird sie zur Ordnung bringen.«
    »Geschah es vielleicht, um mir das zu sagen, Madame,« entgegnete Gondy kalt, »daß mich Ihre Majestät beehrten, rufen zu lassen?«
    »Nein, lieber Koadjutor,« verfetzte Mazarin, »es geschah, um Eure Meinung über den traurigen Zustand zu vernehmen, in dem wir uns befinden.«
    »Ist das wahr,« fragte Gondy mit geheuchelter Miene des Erstaunens, »daß mich Ihre Majestät berief, um meinen Rat von mir zu hören?«
    »Ja,« antwortete die Königin, man hat es gewollt.« Der Koadjutor verneigte sich und sagte: »Ihre Majestät wünscht nun? ...«
    »Zu sagen, was Ihr an ihrer Stelle tun würdet,« bemerkte Mazarin schnell. Der Koadjutor blickte die Königin an, welche es mit einem Wink bejahte. »An der Stelle Ihrer Majestät würde ich nicht schwanken,« versetzte Gondy kalt, »ich würde Broussel freilassen.«
    »Und wenn ich ihn nicht freiließe,« sprach die Königin, »was glaubt Ihr dann, daß geschehen könnte?«
    »Dann glaube ich,« entgegnete der Marschall, »daß

Weitere Kostenlose Bücher