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Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Zwei Frauen: Roman (German Edition)

Titel: Zwei Frauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Beate Hellmann
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Rede war, und das tat weh. Es tat so weh, dass mein Herz raste und mein Atem flatterte und ich unbedingt etwas sagen wollte, der Druck in meinem Kopf aber einfach zu groß war, so groß, dass mein Schädel zu platzen drohte. Noch bevor ich das alles hätte begreifen können, baute sich mein Vater in voller Größe vor mir auf, und seine Stimme, die eben noch so gleichgültig geklungen hatte, schwoll an zu ohrenbetäubendem Gebrüll.
    »War es nicht so?«, schrie er mir ins Gesicht. »Du musstest der Welt doch jeden Tag beweisen, wie großartig du warst. Eva Martin! Eine wundervolle Larve und nichts im Kopf. So! Und jetzt ist die Hülle kaputt. Und wenn kein Kern da ist, fällt eben alles zusammen, das ist nun mal so. Aus. Vorbei.«
    Ich schlug die Hände vors Gesicht, aber mein Vater riss sie mir wieder weg.
    »Was hast du dir eigentlich eingebildet?«, fragte er mich voller Zorn. »Dass man auf so etwas wie dich stolz sein musste? Dieser Pfirsich-Teint, den du hattest, diese glänzende blonde Lockenpracht, dieser aufreizend wogende Körper, der sich auf Trippelschrittchen vorwärts bewegte. Mich hat das alles immer nur angewidert. Ich wusste nämlich, was für eine Attrappe du warst. Unter all diesem Schund war ein Geschöpf ohne jegliches Profil, und frag mich nicht, wie gern ich das gegen eine etwas gescheitere Ausführung eingetauscht hätte!«
    Atemlos hatte ich ihm zugehört, aber jetzt konnte ich nicht mehr.
    Als ich noch ein Kind gewesen war, hatte mich mein Vater häufiger angeschrien, aber dabei hatten seine Augen trotz allem immer gelacht. Jetzt lachten sie nicht. Eiskalt hielten sie mich im Visier, und deshalb konnte ich einfach nicht mehr, ich brach in Tränen aus.
    »Du hast mich nie geliebt!«, schluchzte ich. »Keiner hat mich geliebt.«
    Die Stimme meines Vaters blieb hart. »Wie soll man einen Menschen lieben, den es nicht gibt?«, brüllte er. »Wo warst du in all den Jahren, Eva? Wo bist du heute?«
    »Hier!!!«
    Ich schrie so laut, dass sich meine Stimme überschlug, aber auch das konnte meinen Vater nicht beeindrucken.
    »So?«, fragte er. »Du bist hier, Eva! Wo denn, Eva? Ich sehe hier keine Neunzehnjährige, die ein Problem hat und versucht, damit fertig zu werden. Ich sehe hier nur ein schluchzendes Häufchen Elend, das sofort kapituliert hat, als es mal nicht nach Wunsch ging. Was ich hier vor mir sehe, entspricht dem Entwicklungsstand eines Embryos, maximal dritter Schwangerschaftsmonat, da darf man noch in Ruhe erwägen …«
    Er stockte. Mein Schluchzen rührte ihn. Unaufhörlich rannen mir die Tränen über das Gesicht, und mein »Papa! Papa!« klang wie ein letzter, verzweifelter Hilferuf. Das war es auch. Endgültig war ich am Ende meiner Kräfte, meiner Weisheit und meiner Gedanken. Da sah ich plötzlich das Gesicht meines Vaters ganz nah vor dem meinen, ich spürte, wie er mich fest in die Arme nahm und an sich drückte.
    »Wach doch endlich auf!«, sagte er. »Merkst du es denn nicht, Eva? Du lebst – und wenn du es wirklich willst, dann wirst du es auch überleben!«
    »Nein …«, wimmerte ich.
    »Doch!«
    »… dann hilf mir, Papa, … bitte, hilf mir …!«
    Er drückte mich nur noch fester an sich.
    »Das kann ich nicht, Eva«, sagte er, »ich kann nur um dich kämpfen, wie ich schon einmal um dich gekämpft habe, erinnerst du dich? Damals in Italien, als du fast ersoffen wärest, weil du unbedingt ins Wasser wolltest bei den hohen Wellen? Damals war ich genauso hilflos wie jetzt, Eva. Ich war im Grunde machtlos, ich konnte nur versuchen, dich dazu zu bringen, mir zu vertrauen und selbst das Entscheidende zu tun. Mehr kann ich auch jetzt nicht tun, Kind. Also: Leb, Eva! Leb!!!«
    Ich hörte an seiner Stimme, dass er am liebsten geweint hätte, aber er tat es nicht. Er blieb stark und ließ mir damit meine Chance. Er kämpfte um mich auf seine Art, und ich konnte die Hand, die er mir reichte, ergreifen oder an meinem Eigensinn zugrunde gehen. Ich wollte aber nicht zugrunde gehen, jetzt nicht mehr. Und so legte ich meine dürren Ärmchen fest um seinen Hals und hielt ihn nun meinerseits fest, ganz fest. Im gleichen Moment fühlte ich es. Es war wie damals, an jenem stürmischen Apriltag 1962, von dem er gerade gesprochen hatte. Wie damals spürte ich die Kraft in mir, spürte, wie ich nach vorn stob, geradewegs ins Leben …
    Geraume Zeit saßen wir so da, sprachen kein einziges Wort und genossen wohl beide den Frieden, der über diesem Augenblick lag. Ich hörte auf zu weinen,

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